Kopf in den Sand - oder: Die Kunst, auch unangenehme Führungssituationen zu meistern

Schwierige Themen anzusprechen - das macht niemand gerne. Es liegt in unserer Natur, dass wir andere nicht mit unangenehmen Dingen konfrontieren wollen. Die häufige Reaktion: Kopf in den Sand und hoffen, dass der Kelch an uns vorüber geht. Emotional ist diese Reaktion nachvollziehbar, im Sinne einer Lösungsorientierung ist dieses Verhaltensmuster aber kontraproduktiv.

Und: Im Business kann diese Haltung teuer werden.

Führungskräfte sind gefordert

Ein unangenehmes Mitarbeitergespräch zu führen, in einem Teamkonflikt zu intervenieren, gewohnte Vergünstigen zu streichen oder gar MitarbeiterInnen frei zu setzen - diese Führungsaufgaben stehen mit Sicherheit an letzter Stelle im Beliebtheitsranking von Führungskräften. Und zwar quer durch alle Hierarchie-Ebenen - vom Top-Management bis zur Teamleitung.

Wenn diese Themen in Unternehmen anstehen, ist rasches Handeln durch die verantwortlichen Führungskräfte angesagt. Sonst entfalten Konflikte und Probleme eine Eigendynamik, die ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr kontrolliert werden können. Ungelöste Probleme werden zu „unguided missiles“ und eskalieren, wenn sie nicht thematisiert werden. Es ist nur die Frage, wann. Meistens zum ungünstigsten Zeitpunkt - mitten in einem wichtigen Projekt oder bei Ressourcen-Engpässen - und mit gravierenden Folgen, wenn es z.B. zum Verlust von wichtigen Kunden oder Leistungsträgern wegen der ungelösten Situation im Unternehmen kommt.

Der Umgang mit schwierigen Situationen sagt viel über die Kultur eines Unternehmens aus. Und in Zeiten von Social Media und dem prognostizierten „War for Talents“ kann es auch entscheidend für die Arbeitgeber-Attraktivität und das Image eines Unternehmens sein, wie unangenehme Themen gelöst werden.

Führungskräfte sind also mehr den je gefordert, sich diesen Situationen zu stellen. Aber alleine die Tatsache, dass jemand in der Hierarchie eines Unternehmens für die Führung von MitarbeiterInnen verantwortlich ist, heißt noch lange nicht, dass auch der Umgang mit komplexen Führungssituationen immer gelingt. Was also tun wenn's brennt?

Nur wer handelt, führt auch in schwierigen Situationen

Ein Zitat von Rainer Barzel, dem ehemaligen deutschen CDU-Vorsitzenden, lautet:

„Wer nicht handelt, wird behandelt.“

Aus dem Umkehrschluss dieses Zitates lässt sich die oberste Maxime für Führungskräfte in schwierigen Situationen ableiten: handeln.

Wer kennt das nicht? Die überraschende und plötzliche Information über ein sehr kritisches Ereignis im Geschäftsleben, z.B. massive Auftragseinbrüche und infolgedessen eine geplante Reduktion der Personalkosten, führt bei vielen Menschen zu folgenden Reaktionen: Fassungslosigkeit, Unglauben, Angst und Lähmung. Das gilt auch für Führungskräfte - vor allem bei jenen der unteren Hierarchie-Ebenen. Diese müssen die Vorgaben gegenüber Ihren MitarbeiterInnen dann kommunizieren und umsetzen. Sie sind es auch, die mit den Emotionen der MitarbeiterInnen konfrontiert werden und damit umgehen müssen. Da stellen sich auch Führungskräfte die Frage: „Wie schaffe ich das alles???“ Genau - durch handeln.

Was tun, wenn's brennt?

Egal, ob es sich um einen massiven Teamkonflikt oder um die mögliche Freisetzung von MitarbeiterInnen handelt: Wenn Sie als Führungskraft mit einer schwierigen Situation konfrontiert sind, haben Sie durch Ihr Agieren die Möglichkeit, sich die Aufgabe zu erleichtern.

Besorgen Sie sich alle notwendigen Informationen

Das reduziert in der Regel die Komplexität der Aufgabenstellung und Sie vermeiden dadurch auch, dass Sie sich von unvermeidlichen Gerüchten beeinflussen lassen. Erst wenn Sie ein genaues Bild der Ausgangssituation haben, können Sie auch alle möglichen Handlungsalternativen ableiten.

Holen Sie sich Unterstützung

Es ist auch Führungskräften erlaubt, mit schwierigen Situationen emotional überfordert zu sein. Wenn das der Fall ist, lassen Sie sich beraten – von Ihrer Führungskraft, vom Human Ressources-Bereich oder von externer Seite. Sie erweitern dadurch Ihren Blickwinkel und in der Regel auch Ihr Lösungsspektrum.

Handeln Sie so rasch wie möglich

„Der frühe Vogel fängt den Wurm“ - wenn Sie rasch handeln, haben Sie die Chance, Schäden zu verhindern bzw. zu minimieren. Und Sie haben vor allem den Vorteil, die Situation steuern zu können. Auch wenn Sie Vorgaben von oben exekutieren müssen, ist es wichtig, dass Sie Ihren Gestaltungsspielraum so groß wie möglich halten.

Agieren Sie mit „offenem Visier“

Kommen Sie in schwierigen Gesprächen mit Ihren MitarbeiterInen rasch zum Punkt. Smalltalk oder ein langsames Hinführen zum Kernthema wirken deplaziert und erwecken den Eindruck, dass Sie sich Ihrer Sache nicht sicher sind. Sprechen Sie klar an, worum es geht und was Sie sich erwarten. Die MitarbeiterInnen haben das Recht, Ihre Sichtweise einzubringen - aber stellen Sie auch klar, dass Sie kein Verhandlungs-gespräch führen.

Eskalieren Sie gezielt, wenn notwendig

Haben Sie den Eindruck, dass sich eine unbefriedigende Situation (Minderleistung von MitarbeiterInnen, Teamkonflikt etc.) auch nach mehreren Gesprächen nicht geändert hat, geben Sie sich nicht damit zufrieden, dass „scheinbare“ Ruhe herrscht. Eskalieren Sie gezielt, indem Sie Konsequenzen ziehen. Sie beugen damit einer sicheren, ungeplanten Eskalation vor und Sie können sich auf die Folgen der gezielten Eskalation vorbereiten.

Lassen Sie Verantwortung dort, wo sie hingehört

Wenn Sie sich wegen schwacher Leistungen oder aufgrund eines disziplinären Vorfalls von MitarbeiterInnen trennen müssen, sind nicht Sie dafür verantwortlich, sondern die betroffenen MitarbeiterInnen. Ihr Job als Führungskraft ist es, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Ihre MitarbeiterInnen performen können. Für eine ansprechende Leistung und ein adäquates Sozialverhalten sind die MitarbeiterInnen selbst zuständig.

Bleiben Sie auch im „Worst-Case“ fair

Die Betroffenen werden eine Trennung vermutlich nie als fair und gerecht empfinden, aber viele andere in Ihrem Team oder in Ihrem Unternehmen werden sehr genau hinsehen, wie dieser Trennungsprozess abläuft. Im Idealfall schaffen Sie eine einvernehmliche Lösung - das gibt den betroffenen MitarbeiterInnen die Möglichkeit, das Gesicht zu wahren und für Sie und Ihr Unternehmen bedeutet dies Rechtssicherheit.

Entscheidend ist die Haltung

Unangenehme Führungssituationen auszusitzen oder darauf zu hoffen, dass sich die Dinge von alleine lösen oder jemand anderer die Verantwortung übernimmt, ist der falsche Weg. Im Gegenteil, je schneller Führungskräfte handeln, desto leichter werden sich diese Situationen bereinigen lassen. Dazu braucht es vor allem:

  • Entschlossenheit, auch schwierige Situationen zu lösen
  • Mut, auch Unangenehmes anzusprechen
  • Fairness im Umgang mit den betroffenen MitarbeiterInnen
  • Bereitschaft, sich im Anlassfall auch unterstützen zu lassen

„Den guten Steuermann lernt man erst im Sturm kennen“
(Seneca, römischer Philosoph)