Konfliktgeneration Y

Sie wollen ständiges Feedback und pfeifen auf Hierarchien. Sie hinterfragen gern und lehnen fixe Arbeitszeiten ab: Die Generation Y, also Mitarbeiter, die nach 1980 geboren sind, ist schwierig zu führen, aber wertvoll für jedes Unternehmen.

Balanceakt. Sie gelten als gut ausgebildet und technologieaffin. Sie pfeifen auf Hierarchien, sind selbstbewusst und legen viel Wert auf Unabhängigkeit. Und vor allem: Die Generation Y - also Mitarbeiter, die nach 1980 geboren sind - will anders geführt werden. Für sie zählt eine spannende Aufgabe mehr, als ein paar Euro zusätzlich auf dem Gehaltskonto. "Diese Mitarbeiter wollen ständig Feedback. Sie wollen wissen, wo sie stehen und wie sie gesehen werden. Wenn eine Führungskraft nicht in der Lage ist, das zu geben, sind sie weg", sagt Robert Strohmaier, Berater bei Conecta. Er ist sich sicher: "Unternehmen müssen sich mehr auf diese Generation einlassen. Sie ist eine bedeutende Gruppe am Arbeitsmarkt."

Schätzungen zufolge gehören innerhalb der EU rund 50 Millionen Menschen zur Generation Y. Glaubt man Prognosen, dann wird die Generation Y die bisher produktivste Mitarbeitergruppe. Sie zu halten, kann durchaus ein Wettbewerbsvorteil sein. Doch Vorsicht: Ihre Lebenshaltung und Karrierevorstellungen unterscheiden sich wesentlich von jenen der älteren Generation. Die Vorstellung, das ganze Leben lang den gleichen Job zu machen, ist indiskutabel. Arbeitgeber, die für die Generation Y attraktiv sein wollen, müssen umdenken. Laut einer Studie von KPMG sagen mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen, dass sie ein noch besseres Verständnis für diese Gruppe benötigen - nur fünf Prozent halten die Generation Y-Mitarbeiter für unwichtig für den Geschäftserfolg.

Werte wichtig. Wer die Eigenheiten dieser Mitarbeiter kennt, geht auch der einen oder anderen Unstimmigkeit aus dem Weg. Die Frage "Warum machen wir das jetzt?" werden Führungskräfte beispielsweise öfter zu hören bekommen. "Sie sind offen, direkt und furchtlos. Sie kratzen am Lack und das müssen Chefs aushalten können", sagt Strohmaier. Das ständige Hinterfragen hat aber nichts mit Respektlosigkeit zu tun und ist kein Angriff auf die Person, beruhigt Strohmaier. Ein Beispiel: Früher konnte ein Vorgesetzter sagen: "Kopieren Sie diesen Bericht und legen Sie ihn mir in einer Viertelstunde auf den Schreibtisch!" Eine Anweisung, die ohne Widerspruch erledigt wurde. Heute heißt es: "Kopieren Sie diesen Bericht und legen Sie ihn mir in einer Viertelstunde auf den Schreibtisch, weil wir einen Kundentermin einhalten müssen." Strohmaier: "Die Generation Y ist bereit, hart zu arbeiten, will aber auch wissen, wofür sie arbeitet."

Chefs und Unternehmen müssen sich im Klaren darüber sein, dass sie ständig abgeklopft und hinterfragt werden: Was treibt das Unternehmen an? Welche Werte zählen? Richtet sich das Verhalten der Führungskraft nach dem Wertekatalog? Es gibt aber noch eine Reihe weiterer Dinge, die Chefs tunlichst unterlassen sollten, wenn sie diese Mitarbeiter nicht verlieren wollen. Zum Beispiel Freiheiten geben. Enge Führung im Sinne von Mentoring, Unterstützung und Orientierung werden gerne angenommen und sind auch gewünscht. Kontrolle oder Bevormundung ist aber tabu. "Die Generation Y ist mit Wahlmöglichkeiten aufgewachsen. Sie möchte Optionen haben", sagt Ruth Arrich, Personalexpertin bei der Motiv Personal Consulting GmbH in Ansfelden. Arrich warnt auch vor zu viel negativem Feedback. "Die Jungen sind weniger bereit, sich durchzubeißen. Sie weichen dann eher auf andere Optionen aus." Strohmaier wiederum rät ab, den Chef raushängen zu lassen. "Sich hinter die dicke Ledertür zurückzuziehen, funktioniert sicher nicht. Der Chef muss erzählen, was er macht."

Keine Kontrolle. Auch in puncto Karrierevorstellungen tickt die Generation Y anders. Arrich: "Sie wollen nicht auf die Pension warten, um das Leben zu genießen. Work-Life-Balance und Freizeit haben einen hohen Stellenwert." Sich temporär für einzelne Projekte überdurchschnittlich zu engagieren, ist für diese Mitarbeiter attraktiv. Das bestätigt auch Strohmaier: "Doch dann wollen sie - überspitzt formuliert - auch die Möglichkeit haben, sich vier Monate Auszeit in Thailand zu nehmen." Einen Job von 9 Uhr in der Früh bis um 5 Uhr am Abend lehnen sie ab. "Viele wollen nicht kontrolliert und beaufsichtigt werden. Ergebnisse sollen zählen, nicht die Arbeitszeit mit Anwesenheitspflicht", weiß Arrich.

Dass das mitunter anstrengend sein kann, bestätigt Carita Vallinkoski, die als Führungskraft beim Callcenter CCC AG über 15 Jahre hindurch ein junges Team mit Altersdurchschnitt von 22 bis 25 Jahren geführt hat. Gefragt nach den typischen Eigenheiten, zählt sie auf: Kaum Jobangst, extrem unbeschwert und sehr selbstbewusst, endlos dynamisch und energiegeladen, aber auch wesentlich aufbrausender und trotziger als ältere Mitarbeiter. "Die Erwartungshaltung dieser Generation an den Arbeitgeber ist extrem hoch. Sie wollen mit offenen Armen empfangen werden, Weiterbildung ohne Ende und natürlich ein gutes Gehalt. Sie haben noch das Gefühl, die Welt liegt mir zu Füßen und sie sagen auch mal: Das passt mir nicht."

Vallinkoski weiß, dass sie für viele Mentor und Elternteil in einer Person ist - gelegentliches auf die Finger klopfen eingeschlossen. "Ihr enormes Talent und ihr großes Wissen passt oft mit dem Auftreten nicht zusammen." Vielen fällt es schwer, Regeln einzuhalten und Anweisungen ohne Hintergrunderklärung zu akzeptieren. Auch Disziplin kann oft ein Thema sein. Laut Vallinkoski ist es wichtig, einen Rahmen vorzugeben, ohne dass sich die Person beschnitten fühlt. "Das ist nicht die Generation, der man sagen kann: Das ist so - das haben wir schon immer so gemacht. Aber es ist toll, diesen jungen Leuten dabei zuzusehen, wie sie beruflich in die Welt gehen."