Weiterbildung geht oft ins Leere

Mit falschen Ansätzen und Methoden werden Millionen in der Weiterbildung verpulvert. Nur umfassende Methoden ermöglichen die Umsetzung der Inhalte im Betrieb.

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen Unternehmer genau einschätzen können, welche Investition sinnvoll ist und welche nicht. Derzeit sparen viele Manager aber am falschen Ort. So haben einige Konzerne sämtliche Seminare, die sich mit sogenannten „Soft skills“-Inhalten beschäftigen, gestrichen.

Hintergrund einer solchen Maßnahme sind einerseits der Druck, Kosten einzusparen, andererseits der Zweifel an der Wichtigkeit des Inhalts und schließlich die Einschätzung, dass die Seminarinhalte ohnehin schnell in Vergessenheit geraten.

Gerade der letzte Punkt beruht durchaus auf Tatsachen. Viele Trainings und Coachings sind nutzlos, weil sie in der Praxis meist nicht oder nur in geringem Umfang umgesetzt werden.

Für Günter Sigl vom Wiener Stratos Institut sind diese Vorgänge durchaus erklärbar: „Es gibt viele Begründungen, warum Seminare oft nutzlos sind. Das beginnt bei der Planung und Durchführung und endet in der Umsetzungsphase.“ Denn gewohntes Verhalten werde nicht so leicht aufgegeben, und Inhalte verstanden zu haben, bedeute noch lang nicht, dass sie auch umgesetzt werden. Sigl: „Die Bereitschaft der Menschen, Mängel zu ertragen, ist größer als seine Bereitschaft, Mängel abzustellen.“

Vielfache Gründe

Der mangelnde Erfolg von Weiterbildungsmaßnahmen beginnt schon im Kopf des Mitarbeiters. Sigl: „In Österreich bekennen sich 13 Prozent der Menschen zum lebenslangen Lernen, in der Schweiz sind es 30 Prozent.“ Dazu passt, dass heimische Unternehmen gerade einmal 1,3 Prozent des Umsatzes für Weiterbildung ausgeben, der EU-Schnitt liegt bei 2,3 Prozent.

Der nächste, meist völlig vergessene Punkt ist die Frage: Welcher Lerntyp bin ich? „Bei unseren Seminaren muss jeder Teilnehmer zuerst herausfinden, welcher Lerntyp er ist. Darauf werden die Inhalte und der Aufbau abgestimmt“, betont Sigl. „Hier ist der Trainer gefordert, auf die individuellen Möglichkeiten einzugehen. Ein Teilnehmer studiert lieber Lernunterlagen, der andere bevorzugt dagegen Rollenspiele.“

Für den Experten ist das eigentliche Training daher nur eine Teil eines Gesamtprozesses. „Der Trainer der Vergangenheit ist tot“, analysiert Sigl. „Wir brauchen Bildungsmanager, die nicht brave und biedere Seminare abhalten.“

Lerntransfer

Für Sigl ist die Lösung des Konflikts ein Lerntransfer: „Wir müssen schauen, dass die Teilnehmer die Inhalte nicht vergessen, sondern beim Thema bleiben, und das über Monate.“ Man brauche eine „angeleitete Reflexion“ der Inhalte, um sie in den Alltag zu transferieren. Sigl: „Die Erfahrung zeigt uns, dass deutliche Veränderungen im Verhalten oft nur aufgrund schwerer Krisen erfolgen.“ Deshalb müsse neues Verhalten trainiert werden, wie im Sport.

Hier spielt auch der Vorgesetzte eine große Rolle. „Die Manager stehen so sehr unter operativem Druck, dass Entwicklungsgespräche mit Mitarbeitern kaum stattfinden. Die wenigsten Führungskräfte haben außerdem ein dezidiertes Bild davon, was die Mitarbeiter brauchen und wohin die Reise geht.“

Sigl plädiert daher für einen persönlichen Entwicklungsplan (PEP). Das ist quasi ein Lehrplan, der ganz auf die Praxis abgestellt ist und im eigenen Arbeitsumfeld verankert sein muss. „Unternehmen haben oft nicht einmal eine Weiterbildungsleitlinie“, kritisiert Sigl. Darin müsste einerseits klargestellt sein, was das Unternehmen biete, andererseits auch klar sein, was es von den Mitarbeitern verlange. „Weiterbildung ist oft so ein Wischi-Waschi-Thema, das man halt auch macht.“ In solchen Betrieben seien dann Schulungen ohne Nachhaltigkeit tatsächlich falsch investiertes Geld.

Gebe es aber von Seiten der Unternehmen entsprechende Pläne und auch die Führungskräfte als Vorbilder in der Umsetzung neuer Inhalte, dann bewähre sich die Einsetzung eines Trainers in Form eines „Bildungsmanagers“. Sigl: „Diese Bildungsmanager müssen den Firmen ein viel umfassenderes Angebot liefern. Dazu gehört auch die Beratung und Unterstützung der Personalentwicklungsabteilung und der Vorgesetzen bei der Bildungsplanung und der Transfersicherung.“

Vergessenskurven

Es müsse auch ein tatsächliches Transfercoachng durchgeführt werden, das bei der Umsetzung der Inhalte in die alltägliche Praxis helfe. „Die Lernforschung zeigt nämlich sehr eindrucksvoll Vergessenskurven auf. Das Großhirn des Menschen hat zwar eine erstaunliche Kapazität, behält aber nur das neue Wissen, das in bestimmten Zyklen intensiv wiederholt wird oder durch hohe Emotionalität beziehungsweise seine Besonderheit aus dem Rahmen fällt.“

Sigl zitiert dabei den Gedächtnisforscher Tony Buzan: Demnach sind innerhalb von 24 Stunden 80 Prozent der Details bereits vergessen. Über einen Zeitraum von zwei Tagen, einer Woche, einem Monat und vier Monaten geht die Erinnerung dann rapide gegen null. Damit ist klar, warum unkoordinierte Weiterbildung nicht fruchtet.