Die richtige Pausenkultur kann die Produktivität erhöhen
Immer weniger Österreicher wissen, wie man richtig Pause macht. Höchste Zeit, herauszufinden, warum Pausen aus der Mode sind und wie man sich auf die Schnelle erholt.
In der Minute und rund um die Uhr - wer die Arbeitswelt betrachtet, wird sich nicht wundern, dass Pausen einen ganz schlechten Ruf haben. Der kleine Durchhänger zwischendurch, das ist nur noch was für Verlierer, lautet die Devise. Eine von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) bei IFES in Auftrag gegebene Studie bestätigt, dass 15 Prozent der Österreicher keine Unterbrechung ihrer Tätigkeit mehr einplanen. Weitere 23 Prozent gönnen sich lediglich ab und zu eine Pause. Vor allem die sogenannten Leistungsträger sind Pausenmuffel: Während bei einfachen Angestellten noch 62 Prozent auf ihre Pausen achten, sind es bei den leitenden Angestellten nur noch 47 Prozent. "Die Pausenkultur wird von den Führungskräften vielfach nicht vorgelebt", diagnostiziert Studienleiter Georg Michtenthaler.
Batterien aufladen
Dabei wissen nicht nur Arbeitsmediziner, dass Pausen einzuhalten eine wichtige Präventivwirkung hat. Wer Durst, Hunger oder Müdigkeit permanent ignoriere, dessen Stresshormonspiegel sei dauerhaft zu hoch, was zu hohem Blutdruck, Hauterkrankungen und erhöhtem Infektrisiko bis hin zu Depressionen und Burn-out führen könne, warnt Arbeitsmedizinerin Gudrun Kaspar anlässlich der IFES-Studie. Doch viele Menschen haben offenbar verlernt, richtig Pause zu machen. "Oder sie machen überhaupt keine und werfen lieber Aufputschmittel ein", beklagt Anne Katrin Matyssek, deutsche Diplom-Psychologin und Autorin des Buches "Mensch, mach mal Pause": "Wenn Burn-out und psychische Erkrankungen zunehmen, liegt das nicht nur an der Arbeitsverdichtung, sondern auch im Nachlassen der Erholungsfähigkeit."
Richtig rasten
Wer beruflich am Computer arbeitet und glaubt, es wäre eine erholsame Pause, wenn er online shoppt, der irrt. "Wenn der Körper in der Pause dasselbe tut, also vor einem Bildschirm sitzen, kann die Psyche nicht begreifen, dass das eine Arbeit ist und das andere Freizeit", sagt Matyssek. "Mails checken ist keine Pause, surfen ist keine Pause, und über die Arbeit schwätzen auch nicht." Sogar Jogging sei keine Pause, wenn man wieder nur die Arbeit im Kopf hat. Übrigens: Die Österreicher erholen sich laut Umfragen am liebsten beim "Essen und Trinken" (60,3 Prozent); gefolgt von "mit Kollegen plaudern" (59,5 Prozent) und "Kaffee trinken" (47,3 Prozent). Zu einer wirklich erholsamen Pause gehören aber drei Kontrasterlebnisse: Der Tätigkeitswechsel - was Anderes tun; der Inhaltswechsel - was Anderes denken, sowie der Raumwechsel - woanders sein. "Dieses Prinzip gilt für den Urlaub genauso wie für die Mittagspause, das Wochenende und den Feierabend", sagt Matyssek. Sich bewegen, kurz an die frische Luft zu gehen, etwas Nahrhaftes essen, auf Gedankenreise zu gehen - all das kann eine Pause effektiv machen. Auch ein kurzes Schläfchen sorgt für Erholung, wenn das "Powernapping" nicht länger als 30 Minuten dauert. Generell sollte man lieber mehrere Kurzpausen als eine ausgiebige Siesta einlegen.
"Aus vielen Studien ist bekannt, dass die ersten zehn Minuten einer Pause am effektivsten sind", sagt der deutsche Arbeitspsychologe Rainer Wieland. "Es ist also besser, die Mittagspause nicht allzu sehr auszudehnen und dafür öfter mal eine Kurzpause zu machen." Die darf allerdings auch nicht zu kurz sein. "Zwei Minuten sind zu wenig", warnt Wieland. Zugleich steht fest, dass man nach einer zu langen Pause schwerer wieder in die Arbeit hineinfindet. "Je länger die Pause, desto geringer der Erholungswert, weil die Lust aufs Arbeiten sinkt", sagt Arbeitsmedizinerin Kaspar. Unterbrechungen helfen außerdem, den Arbeitstag zu strukturieren. "Uns fällt es leichter, wenn wir viele kurze Arbeitsphasen haben, dann erreichen wir unser Leistungsziel besser", erklärt der Psychologe Johannes Wendsche von der TU Dresden, der seine Doktorarbeit über Kurzpausen geschrieben hat. Betriebe mit guter Pausenkultur haben nicht nur leistungsfähigere und gesündere, sondern auch motiviertere Mitarbeiter.