Qualitätsmanagement in Personalarbeit und Mitarbeiterführung
Ausgangslage und Relevanz des Themas
Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen erbringen Patienten- und Einwohnerleistungen zukünftig unter stark limitierenden Umfeldbedingungen. Die Einführung der Fallkostenpauschalen im stationären Bereich und neue Verträge mit Regulatoren, Eignern und Versicherern zwingen die Betriebe darum zu grundlegenden Veränderungen.
Leitungspersonen und Führungskräfte auf allen Stufen müssen deshalb ihre Eignungsprofile mit zusätzlichen Kompetenzen erweitern, damit sie die Managementaufgaben erfolgreich bewältigen können. Die fortschreitende Spezialisierung durch Kooperationen führen bei einzelnen Berufsgruppen tendenziell zu temporären, leistungshemmenden Identifikations- oder Sinnkrisen. Altersdemographie, anhaltender Fachkräftemangel, fehlender Nachwuchs und Imageprobleme in den Pflegeberufen belasten zusätzlich die personelle Auftrechterhaltung des ertragssichernden Tagesgeschäfts.
Diese Entwicklungen zwingen Spitalleitungen, Personalverantwortliche und Fachführung dazu, mit den knappen Personalbeständen zukünftig sorgfältiger umzugehen.
Im Folgenden beschreiben wir Voraussetzungen, kritische Erfolgsfaktoren sowie phasenspezifische Massnahmen zur Konzeption und Einführung eines "Qualitätsmanagement in Personalarbeit & Mitarbeiterführung".
Strategische, strukturelle und normative Voraussetzungen
Die Entwicklung der Schweizer Spitäler, Klinken und Pflegeinstitutionen zu modernen Dienstleistungsunternehmen erfordert geeignete Managementsysteme für eine zielgerichtete Unternehmenssteuerung und Erfolgsmessung. Leitungspersonen und Fachführungskräfte müssen in allen Bereichen zukünftig folgende Managementaufgaben erfüllen:
Geschäftsstrategie / Leistungsauftrag
Die pflegerischen und medizinischen Leistungen, die kostendeckend und in der erwarteten Qualität erbracht werden müssen, sind definiert. Die Spitalleitung kennt die Besonderheiten der vertraglichen Bedingungen mit Eignern, Versicherern, Kantonen und Kooperationspartnern, unter deren Einfluss die Patientenleistungen erbracht werden. Sie definiert diesbezüglich Leistungs- und Qualitätsstandards, macht Vorgaben und legt Rahmenbedingungen fest. Sie organisiert den bereichsübergreifenden Informationsfluss und stellt sicher, dass die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der Stellen aufeinander abgestimmt sind.
Aufbauorganisation / Prozessmanagement
Die Aufbauorganisation in den Bereichen Pflege, Medizin und Verwaltung ist "schlank" und weist kurze Kommunikations- und Entscheidungswege auf. Die Bereiche, Stationen, Abteilungen verfügen über alle relevanten Daten und Informationen, damit richtig entschieden und flexibel gehandelt werden kann. Die Abläufe entlang den Kernprozessen: Eintritt, Behandlung, Austritt sind kundenorientiert, kostenbewusst und vernetzen alle Einzelleistungen zu einem Ganzen.
Informations- / Kommunikationsmanagement
Der Informationsfluss innerhalb der Organisationseinheiten resp. zwischen den kooperierenden Stellen ist wirkungsvoll organisiert und wird konsequent eingehalten1. Hol- und Bringschuld sensibler Daten und Informationen sind bereichsübergreifend festgelegt. In Einzel- und Gruppengesprächen werden mit den "richtigen Leuten" Informationen ausgetauscht, Probleme analysiert, Entscheidungen getroffen und Lösungen erarbeitet.
Arbeitsmethoden / Sachmittel
Disziplinär und interdisziplinär werden gemeinsame Arbeitsmethoden und Konzepten verwendet zur Planung, Durchführung und Überwachung der Arbeiten. Alle zur Aufgabenerfüllung benötigten Sachmittel stehen ausreichend und in der geforderten Qualität zur Verfügung. IT- und Kommunikationsmittel sind zweckmässig aufgebaut und werden effektiv genutzt.
Arbeitsklima / Unternehmenskultur
Zwischen Leistungsbezügern und Leistungserbringern herrscht ein motivierendes Arbeitsklima, in dem sich alle wohl fühlen und in dem alle ihr Bestes geben wollen. Die Partner geben sich laufend Rückmeldung zur Zusammenarbeit und suchen laufend nach Verbesserungsmöglichkeiten. Bei auftretenden Pannen oder Fehlern werden keine Schuldzuweisungen gemacht. Ziel allein ist es, die Ursachen zu erkennen und mit geeigneten Massnahmen dafür zu sorgen, dass Fehlleistungen zukünftig nicht mehr auftreten.
Qualitätsmanagement braucht Prozessmanagement!
Das Prozessmodell oben2 zeigt alle für die Erreichung der Qualitäts- und Ertragsziele relevanten Führungs-, Kern- und Unterstützungsprozesse.
Die Führungs- und Unterstützungsprozesse sind konsequent auf die Leistungserbringung entlang des Wertstroms in den Kernprozessen:
- Eintritt
- Behandlung
- Austritt ausgerichtet.
Der Führungsprozess Human Resources Management mit seinen strategischen und operativen HR Teilprozessen, Instrumenten und Hilfsmitteln sorgt dafür, dass den Betrieben immer genügend geeignetes Personal zur Verfügung steht.
Das Qualitätsmanagement ermöglicht alle, für die Wettbewerbsfähigkeit nötigen Innovationen (kontinuierlicher Verbesserungsprozess, institutionalisiertes Lernen, Nutzung der Mitarbeiterpotentiale, innovatives Vorschlagswesen).
"Ooni Lüüt gaat nüüt!" (Quelle: A. Rihs, CEO Phonak, Stäfa)
Es sind die Mitarbeitenden in den Spitälern, Kliniken und Pflegeinstitutionen, die 24 Stunden, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr (Arbeits-)Leistungen erbringen und damit Patientenzufriedenheit ermöglichen.
Darum stellt ein effizientes Personalmanagement sicher, dass dafür die "richtigen Personen am richtigen Ort" sind. Personalfachleute und Fachvorgesetzte finden zusammen laufend Antworten auf Fragen wie diese:
- Verfügt Mitarbeiter X über alle für die Aufgabenerfüllung nötigen Qualifikationen und Kompetenzen (Individuelle Leitungsfähigkeit)?
- Ist Mitarbeiterin Y ausreichend motiviert? Zeigt sie ihre Leistung oder macht sie "Dienst nach Vorschrift" (Individuelle Leistungsbereitschaft)?
- Mit welchen Massnahmen kann Mitarbeiter Z unterstützt werden, damit er seine aktuellen Aufgaben erfüllt (Aktuelle Eignung vs aufgabenspezifische Anforderung)
- Wie sicher werden „Talente“ identifiziert, gefördert und für die Übernahme zukünftiger, höherwertiger Funktionen vorbereitet (Nachwuchsplanung, Management Development)
- Mit welchen Massnahmen "binden" wir LeistungsträgerInnen stärker an den Betrieb und reduzieren damit die personalwirtschaftlichen Risiken3 (Retentionsmassnahmen)?
- Wie befähigen wir Führungskräfte und Mitarbeitenden dazu, zunehmende vertikale und horizontale Integrationen bewältigen zu können (Veränderungsmanagement)?
Das HR Modell oben enthält alle strategischen (rot) und operativen Elemente (blau), HR Teilprozesse und Instrumente für eine effektive, effiziente Personalarbeit und Mitarbeiterführung.
Alle diese Elemente erfüllen die Standards der bekanntesten QM-Systeme wie ISO, EFQM und sanaCERT, und sie sind kompatibel mit der Balanced Scorecard Ebene 44.
Sieben Schritte bis zum Qualitätsmanagement im HRM – Eine Kurzanleitung
Für eine sichere Implementierung sollte die Projektleitung über eine ausgewiesene Erfahrung mit der Planung und Realisierung komplexer Organisationsentwicklungsprojekte verfügen. Andernfalls empfehlen wir die Unterstützung durch einen neutralen Projektcoach.
Schritt 1
Ziel | Aktivitäten |
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Qualitative Einschätzung von:
| Selfassessment durch HR LeiterIn und HR Mitarbeitende durchführen, analog dem EFQM Prozess. Beurteilungsstufen: |
Schritt 2
Ziel | Aktivitäten |
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Qualitative Einschätzung der 15 Elemente durch HR Leistungsbezüger | Beurteilungen der Aspekte durch VertreterInnen verschiedener hierarchischer Stufen werden durchgeführt inkl. Geschäftsleitung (Fremdbilder) |
Schritt 3
Ziel | Aktivitäten |
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Konsolidierter Ist-Zustand ist evaluiert (Selbstbild-/ Fremdbildvergleich) | Selbst- und Fremdbilder werden durch eine repräsentative Arbeitsgruppe überprüft |
Schritt 4
Ziel | Aktivitäten |
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Soll-Zustand ist abschliessend beschrieben und frei gegeben | Erarbeitung Soll-Zustand auf der Grundlage der Ergebnisse aus dem Ist-Zustand |
Schritt 5
Ziel | Aktivitäten |
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Detailkonzept ist erarbeitet; Projektantrag ist genehmigt, freigegeben | Detailkonzept wird erarbeitet inkl. Bedarfserhebung der Leistungsbezüger, Risikoüberlegungen, Meilensteinen, Massnahmen sowie internem und externem Ressourcenbedarf: Projektmanagement |
Schritt 6
Ziel | Aktivitäten |
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Pilot- und Endergebnisse gem. Detailkonzept sind erreicht | Pilot Implementierung gemäss Planung im Projektauftrag durchführen, auswerten. Nach der Auswertung erfolgen Re Design und definitiver Roll Out |
Schritt 7
Ziel | Aktivitäten |
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Die Linienführungskräfte können richtig handeln, der Projektbericht ist abgefasst, das Projekt ist abgeschlossen. | Information und Ausbildung der Linienführungskräfte ist bereit für den Betrieb |
Qualitätsmanagement Im Human Resources Management und der Nutzen
Nutzen / Outcome für Betriebe
- Verstärkung der Wettbewerbsfähigkeit
- Reduktion der personalwirtschaftlichen Risiken zur Aufrechterhaltung des ertragssichernden Tagesgeschäfts5
- Reduktion von Fehlzeiten durch behauptete, krankheitsbedingte Abwesenheiten
- Verbesserung und Erhaltung der Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt gegenüber Mitbewerbern – "Employer of Choice"
Nutzen / Outcome für Personalverantwortliche und Führungskräfte
- Zielgerichtetes und wirkungsvolles Human Resources Management mit vertretbarem Aufwand-/ Nutzenverhältnis
- Wirkungsvolle Mitarbeiterführung mit gleichzeitig kleinerem administrativen und organisatorischen Aufwand für die Fachvorgesetzten (Automatisierung mittels IT Unterstützung)
- Betriebswirtschaftlich belegbare Argumentation zur Freigabe wertschöpfender HR-Projekte
- Höhere Akzeptanz der Personalfachleute durch die Anspruchsgruppen in Medizin, Pflege und Verwaltung
Nutzen / Outcome für Mitarbeitende
- Entwicklung und Erhaltung einer wertschätzenden und sinnstiftenden Unternehmenskultur
- Bereichsübergreifende Dialogkultur als Voraussetzung für ein innovatives, veränderungsfreundliches und motivierendes Organisationsklima
1 DRG: Fallpauschalen spezifisches Patientenmanagement, Erfassungskonsequenz, Dokumentenfluss Codierunterstützung
2 Organisationskontext: Führungs- und Unterstützungsprozesse als organisatorischer Rahmen für medizinische, pflegerische und therapeutische Analysen, Entscheide und Handlungen.
Behandlungskontext: Kernprozesse: Eintritt – Behandlung – Austritt, in denen Fachspezialisten aus Pflege, Medizin und therapeutischen Diensten stationär und ambulant tätig sind.
3Personalwirtschaftliche Risiken: Engpass-, Austritts-, Entwicklungs- und Motivationsrisiken, welche die Aufrechterhaltung von Tagesgeschäft und PatientInnenzufriedenheit erschweren oder verunmöglichen können.
4BSC Ebene 4: Kompetenzportfolio / Entwicklung / Leistungsfähigkeit / Leistungsbereitschaft/ Innovationsstärke / umgesetzte Verbesserungsvorschläge / Kundenorientierung / Mobilität / Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit / Fluktuation / Gesundheitszustand / Zielerreichungsgrad etc.
5Personalwirtschaftliche Risiken: Austritts-, Engpass-, Motivations-, Entwicklungsrisiken, welche die Kontinuität in der Leistungserbringung gegenüber PatientInnen / EinwohnerInnen beeinträchtigen resp. verunmöglichen können.