Personalmanagement.info im Gespräch mit Ralf Weißenfels und Siegfried Nießen, Geschäftsführer bei der ARGUS pension consult - Teil 2

„Eindimensionalität beim Betrachten der Arbeitgebermarke können wir uns auf Dauer nicht mehr leisten. Wer in schwierigen Phasen Mitarbeiter gewinnen und halten möchte, hat als Arbeitgeber viele gute Optionen um seine Belegschaft dauerhaft zu motivieren. Es kommt darauf an die richtigen Schritte zu gehen, die rechtlich und steuerlich relevant sind. “  (Ralf Weißenfels/Siegfried Nießen, ARGUS pension consult/Deutsches Kompetenznetzwerk betriebliche Altersvorsorge) 

Es folgt der Teil 2 unseres Gespräches mit den Experten von ARGUS pension consult.

Pmgt.info: Warum herrscht in vielen Firmen so ein geringes Know-how bezüglich der Versorgungswerke, welche Arten von Versorgungswerken gibt es in Deutschland?

S.Nießen: Es gibt die großen Zusatzversorgungssysteme im öffentlichen Dienst und in vielen industriepolitisch wichtigen Branchen, z.B. in der Metall-, Kunststoff-, Elektro- oder Chemieindustrie. Für Kammerberufe (darunter Anwälte, Ärzte, Apotheker) gibt es ein separates Basisversorgungssystem, in dem sich auch Angestellte der Kammerberufe versichern können.

Ich verweise darauf, dass sich jedes Unternehmen, egal welcher Betriebsgröße sein eigenes Versorgungswerk erschaffen kann. Dazu gehört vorab immer die Erarbeitung der personalpolitischen Ziele und Anforderungen für ein betriebliches Versorgungssystem. Anschließend wird dieses in einen arbeitsrechtlichen Rahmen gegossen und die zugehörigen „biometrischen Konzepte“?? (individualisierten Konzepte)  werden mit einem oder mehreren Risikoträgern vereinbart. Hier kann ein HR-Berater für Vergütungssysteme den entscheidenden Beitrag leisten um das System auf sichere Füße zu stellen. Die Beratung der Mitarbeiter übernimmt dann später ein spezialisierter Dienstleister. Dabei sind mehrere Zugangswege zum Mitarbeiter möglich: analog, digital oder hybrid. Ohne Beratung der Mitarbeiter werden nach unserer Erfahrung die in der ersten Phase formulierten Ziele nicht erreicht.

Für viele Unternehmen sind diese Gedankenstrukturen nicht der eigentlichen Kerntätigkeit oder individuellem Geschäftsmodell zuzuordnen oder sie sehen sich einfach nicht in der personellen und strukturellen Lage diese Anforderungen an moderne und zeitgemäße Motivations- und Vergütungssysteme zu erfüllen. Häufig bleibt das Thema quasi außen vor, somit erwirbt das Unternehmen auch kein Know-how in diesen Bereichen, die doch so entscheidend sind für die Mitarbeiterbindung.

Pmgt.info: Ab welcher Mitarbeiterzahl lohnt sich der Aufbau eines eigenen Versorgungswerkes?

S. Nießen: Wir haben hier zahlreiche Best Practices; es gab dabei schon Firmen, die ab einer Mitarbeiterzahl von 20 starten wollten. Warum? Das System ist einfach attraktiv und wächst mit, so ist es auch für Startups und KMU relevant. In der Regel ist nach der Basisarbeit hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Grundlagen (Tarifverträge sind zu beachten und werden in die Systematik eines Versorgungswerkes integriert) und den Grundstrukturen ein skalierbares Konstrukt vorhanden, welches ohne weitere Fixkosten mit dem Unternehmen mitwachsen kann. Von 20 auf 2.000 Mitarbeiter zu skalieren, ist dann überhaupt kein Problem. Letztlich stellt ein eigenes Versorgungswerk samt Corporate Identity einen großen Motivationseffekt für den Mitarbeiter und seine langfristige Bindung an das Unternehmen dar. Es gibt wenige interne Marketinginstrumente, die ähnlich wertig von der Belegschaft wahrgenommen werden.  

Pmgt.info: Was empfehlen Sie für den Praxischeck: Muss man sich bei diesen Instrumenten fachlich weiterbilden, welche Kennziffern sind relevant bei der Geschäftsführung?

R. Weißenfels: Das von uns entwickelte Pension Audit mit den angrenzenden Themen bKV und der erforderlichen Gefährdungsbeurteilung Psyche, (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG) § 5  sind die Basis für den Praxischeck. In die Auswertung fließt das Expertenwissen aus den unterschiedlichen Bereichen mit ein, sodass die fachliche Weiterbildung sozusagen mit dem Pension Audit aufgezeigt und in der späteren Umsetzung fortwährend gewährleistet ist. Eigene Ressourcen im Unternehmen sind nicht vorzuhalten.

Folgende Kennziffern werden künftig noch viel stärker in den Unternehmen Reports abgefragt werden und sollten bekannt sein:

  • Teilnahme und Versorgungsgrad der Mitarbeiter an der bAV
  • Krankheitstage definiert nach den Altersgruppen
  • jährliche Konfliktkosten
  • Kosten durch Fehltage pro Jahr
  • Fluktuationskosten pro Jahr

Pmgt.info: Wie sieht denn das ideale 3-Säulenprinzip für eine Firma aus, wenn alles an möglichen Unterstützungsleistungen bedacht wird und die Mitarbeitermotivation funktionieren soll?

R. Weißenfels: Das 3-Säulenprinzip basiert auf der GRV der betrieblichen Altersvorsorge und der privaten Vorsorge.

Bei der dritten Säule - der privaten Vorsorge – wird es aufgrund der seit fast zehn Jahre langanhaltenden Niedrigzinsphase immer schwerer für die Mitarbeiter, diese sinnvoll zu gestalten. Wenn heute ein Zinssatz von zwei Prozent die Basis für die Vorsorge bildet, so ist das ja schon sehr gut. Für die, die sich ein wenig mit Finanzmathematik beschäftigen, stellen die zwei Prozent einen Tropfen auf dem heißen Stein dar.  Die „72er Regel“ hilft bei der Bewertung. Sie stellt dar wieviel Jahre ich benötige, um eingesetztes Kapital zu verdoppeln. Ich dividiere den Zinssatz durch 72 und erhalte die Dauer. Dies würde bei zwei Prozent ungefähr 36 Jahre dauern. Bei drei Prozent wären es 24 Jahre. Dies sind ernüchternde Zahlen für alle Sparer und Arbeitnehmer.

Die bAV ist für den Mitarbeiter deutlich effizienter. Durch die staatliche Förderung in der Ansparphase, den Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 Prozent die Berücksichtigung des GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetzes, sowie von Sondertarifen für die bAV ergeben sich für den Arbeitnehmer in den Gehaltsspektren von 25 T€ bis 90 T€ gegenüber der privaten Vorsorge Vorteile in der Größenordnung von 65 Prozent  bis 90 Prozent. In Abhängigkeit des Einkommens und des Familienstandes liegen die Nettorenditen für den Mitarbeiter bei ca. 4,5 Prozent bis 5,9 Prozent. Diese Fakten belegen auch, warum die Politik sich eine weitere Ausweitung der bAV wünscht. Die Basis der Versorgung bildet in der Regel die GRV.

Pmgt.info: Kann der Firmensteuerberater eingebunden werden?

S. Nießen: In der Regel laufen die Prozesse (Entgeltumwandlung) in Abstimmung mit HR reibungslos. Sollte es um komplexere Sachverhalte wie die Ausfinanzierung von Versorgungszusagen, Auslagerungen von Pensionsrückstellungen auf einen Pensionsfonds gehen sowie um den Wechsel des Durchführungsweges auf eine Unterstützungskasse gehen - dann ist der Firmensteuerberater mit einzubeziehen. Apropos Firmen Know-how und Absicherung mit Expertenempfehlung: Ähnlich wie bei den externen DSGVO-Anwälten haben wir im dKbAV bundesweit spezialisierte und geprüfte Steuerberater im Kompetenznetzwerk. Damit sind die Qualitätssicherung und das Expertenwissen rund um die Voraussetzungen und Realisierung der Instrumente vorhanden und kann jederzeit abgerufen werden.

Pmgt.info: Wie kann man sich Analysen für das eigene Unternehmen erstellen lassen und wie werden diese zielgerichtet und praktikabel ausgewertet?

R. Weißenfels: Wir haben in den letzten Jahren ein zweistufiges Pension Audit   für den Deutschen Mittelstand entwickelt. Dabei werden in einem ersten Gespräch (Stufe 1) alle Zahlen, Daten und Fakten der entsprechenden Firma zum Thema bAV gesammelt.  Im Nachgang werden uns dann ergänzende Unterlagen wie Arbeitsvertrag, Versorgungsordnung, Betriebsvereinbarung, Entgeltumwandlungsvereinbarungen, aktuelle Produktinformationen zur Verfügung gestellt. In einer ca. zweistündigen Präsentation im Unternehmen (Stufe 2) geben wir der Geschäftsführung einen  Einblick in die Leistungsfähigkeit der GRV, erläutern die unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Zusagen sowie die mit der bAV verbundenen rechtlichen Anforderungen für das Unternehmen.

Zudem zeigen wir den Unternehmen, wo diese mit ihren aktuellen bAV im Marktvergleich positioniert sind. Eine Analyse der Produkte vor dem Hintergrund einer sich weiter verfestigten Niedrigzinsphase sowie die zahlreichen Verrentungsoptionen ergänzen das Pension Audit.

TERMIN vormerken am 13.11. 2020 zum Fokus Personalmanagement und Führung, Vortrag um 10.45 Uhr

https://online-fokus-konferenz.com/hr/13-november-2020-personalmanagement-fuehrung/

Mehr Infos:
Whitepaper:
„Corporate Health, soziale Arbeitnehmerleistungen, Altersvorsorge - warum Einzelbausteine bei der betrieblichen Daseinsvorsorge mittelfristig nicht mehr funktionieren (das Whitepaper ist kostenfrei anzufordern über consulting@argus-pc.de)

Mehr Infos unter www.argus-pc.de