Urlaubsübertrag im Unternehmen

Bei vielen Unternehmen ist der Urlaubsübertrag ins nächste Jahr ein ganz normales Thema im Dezember. Da nur etwa 60% befragter Mitarbeiter ihren kompletten Urlaubsanspruch im Arbeitsjahr geltend machen, ist es kein Wunder, dass die Mitnahme von Resturlaub am Jahresende vermehrt von Mitarbeitern angesprochen wird.
 
Anrechnung von Resturlaub: Deutsche und europäische Rechtssprechung
Seit dem Februar 2019 wird durch das Bundesarbeitsgericht das Thema Urlaubsübertrag genauer geregelt und beschrieben.  Die allgemein verbreitete Meinung der Arbeitnehmer besagt seit Jahren: Nicht in Anspruch genommener Urlaub verfällt am 31. März des Folgejahres und wurde von einer Vielzahl deutscher Unternehmen auch so gehandhabt. Das Bundesurlaubsgesetz klärt nun ein für alle Mal: Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr in Anspruch genommen werden, sollte im Arbeitsvertrag nicht explizit etwas anders festlegt werden. Die einzige Ausnahme laut §7 Abs. 3 kommt zur Geltung, "wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen."
 
Der europäische Gerichtshof (EuGH) sieht vor, dass sowohl Arbeitgeber und Arbeitnehmer einige Pflichten erfüllen müssen, damit der Resturlaub tatsächlich automatisch am Jahresende verfallen könnte. So ist der Arbeitgeber beispielsweise dazu verpflichtet rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass Resturlaub automatisch verfallen würde, sollte dieser nicht bis Jahresende in Anspruch genommen werden. Erst wenn dieser Mitteilungspflicht nachgekommen wurde und diese auch nachweisbar ist, kann ein Urlaubsübertrag abgelehnt werden.  Mitarbeiter erhalten ebenfalls die Möglichkeit den Resturlaub mit ins nächste Jahr zu nehmen, wenn aufgrund von hohem Arbeitsanfall im Betrieb die Anwesenheit des Mitarbeiters unerlässlich war.  Auch eine lange Erkrankung ermöglicht gemäß einem Urteils des EuGH den Urlaubsübertrag ins nächste Jahr. Einzige Einschränkung hierbei ist, dass der Resturlaub 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verwendet werden muss. Dieser Anspruch von Urlaubsübertrag bezieht sich allerdings lediglich auf den gesetzlichen Mindesturlaub. Alle freiwillig gewährten Urlaubstage, die über die Grenze des Mindesturlaubs hinaus gehen, können im Arbeitsvertrag als automatisch abgegolten festgelegt werden. Das EuGH vertritt die Meinung, dass Resturlaub nur dann automatisch verfällt, wenn der Arbeitnehmer alle Gelegenheiten hatte den Urlaub normal anzutreten und vom Arbeitgeber nicht ausdrücklich dazu aufgefordert wurde den Resturlaub anzutreten, da dieser sonst verfallen würde. Auch bei diesem Thema entscheidet der EuGH also zu Gunsten der Arbeitnehmer und setzt Unternehmen unter Zugzwang - ähnlich wie beim ​EuGH Urteil zum Thema Zeiterfassung​.  

Pflichten für den Arbeitgeber
Um das Thema Urlaubsübertrag gesetzlich gesehen einwandfrei zu bearbeiten, gelten also einige Mitteilungs- und  Aufforderungspflichten für den Arbeitgeber. Die wichtigste Pflicht des Arbeitgebers besteht darin, Mitarbeiter über den Verfall des Resturlaubs rechtzeitig zu informieren, sollte dieser nicht mehr im laufenden Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Um einer Beweispflicht dieser Aufforderung nachzukommen, empfiehlt sich natürlich der Schriftweg. Es genügt daher nicht, Resturlaubstage in den monatlichen Lohnabrechnungen aufzuführen, wie es viele Unternehmen aktuell handhaben.  
 
Unklarheiten der Pflichten für Arbeitgeber
Die heutige Rechtslage lässt leider noch immer einige Unklarheiten, die bisher noch nicht eindeutig geklärt wurden. So ist bisher unklar, ob jeder Mitarbeiter persönlich angesprochen werden muss, oder ob eine Rundmail an alle E-Mail Adressen im Unternehmen oder ein Aushang am schwarzen Brett ausreicht, um der Aufforderungspflicht nachzukommen. Um auf Nummer sicherzugehen, empfiehlt sich die zeitaufwendige Variante alle Mitarbeiter persönlich auf den Sachverhalt hinzuweisen. Unbedingt muss die Aufforderung ein eindeutiges Datum beinhalten, wann der nicht angetretene Resturlaub im Folgejahr verfällt.  Der Begriff der "Rechtzeitigkeit" dieser Aufforderung ist ebenfalls nicht geklärt. Grundsätzlich gilt: Die Aufforderung muss zu einem Zeitpunkt erfolgen, der Arbeitnehmern ausreichend Zeit einräumt den Resturlaub noch antreten zu können. Je mehr theoretischen Urlaubsübertrag ein Mitarbeiter also noch übrig hat, desto früher müsste dieser über den Verfall informiert werden. Ein letzter ungeklärter Punkt beschreibt einen allgemeinen Hinweis am Jahresanfang, der alle Mitarbeiter über die unternehmerischen Gegebenheiten aufklärt. Ob dieser Hinweis laut EuGH den rechtlichen Vorgaben entspricht muss noch entschieden werden.
 
Rechtzeitigkeit als Schlüssel für jährlichen Urlaubsübertrag
Unternehmen sollten alles in ihrer Macht stehende tun, um der Rechtzeitigkeit der Informationspflicht nachzukommen, wenn sie rechtlich gesehen auf der sicheren Seite zu stehen. Im Idealfall werden Regeln für das automatische Versenden von Erinnerungsmails oder dergleichen festgelegt. Ebenfalls sollten sich Unternehmen fragen, ob durch das Verwenden von ​HR Software​ ein eindeutiger Weg gefunden werden kann, offene Fragen zu diesem Thema zu beantworten. kiwiHR ist eine der möglichen Personalverwaltungssoftwares, die bei diesem Thema kostengünstig Klarheit schaffen kann. Vertragliche Regelungen wie ​Urlaubsanspruch​ sowie der Verfall von Resturlaub zu einem bestimmten Stichtag im Folgejahr können per Knopfdruck für Mitarbeiter festgelegt werden. Dadurch kann die smarte Lösung alle Berechnungen automatisch vornehmen. Wenn nun noch die Informationspflicht eingehalten wird, stehen Unternehmen auf der sicheren Seite.