Funktioniert Vertriebsvergütung besser als Teamlösung oder mit Individualkriterien?

Zu den in den vergangenen Jahren meist diskutierten Themen in der Vertriebsvergütung zählte die Frage, ob eine Teamvergütung einer Vergütung von individuellen Ergebnissen überlegen sei? Dabei war in den vergangenen Jahren eine starke Hinwendung zu Teamvergütungen festzustellen. Wie sind die Erfahrungen daraus zu beurteilen?

Einige Unternehmen gingen so weit, generell keine Individualleistungen mehr in der Vertriebsvergütung zu berücksichtigen, sondern die Vertriebsvergütung ausschließlich an einem Gesamtergebnis des Vertriebs oder Unternehmens festzumachen. Die Hoffnung dahinter war stets, Teamdenken zu entwickeln und den „Blick auf das Ganze“ zu schärfen.

Trendwende

Interessanterweise lässt sich seit einigen Monaten eine gewisse Trendumkehr feststellen: Die persönliche Leistung des einzelnen Mitarbeitenden gewinnt in der Vertriebsvergütung wieder deutlich an Beachtung. Die Mitarbeitenden werden zusehends in individuelle Performance-Ziele eingebunden, die sich dann auch in der Vertriebsvergütung wiederfinden.

Wie lässt sich diese Entwicklung begründen und gibt es „die eine richtige Lösung“ für die Vertriebsvergütung?

Unternehmen, die sich in der Vergangenheit für eine reine Teamlösung in der Vertriebsvergütung entschieden hatten, mussten erkennen, dass diese Lösungen bei den Topleistern zu großer Unzufriedenheit führten. Teamvergütungen haben immer etwas von einer Gießkannenlösung: Der Low Performer im Team verdient dasselbe wie der High Performer. Dies führt bei Letzteren zu Frustration und Absetztendenzen, bis hin zur Suche nach einem anderen Arbeitgeber, bei dem die Vertriebsvergütung stärker von der Individualleistung ausgeht. Die Low Performer dagegen schwimmen entspannt im Pool der Teamboni – ohne Ansporn zu engagierter Leistung.

Daraus folgt: Die Vertriebsvergütung sollte in solchen Fällen als Teamlösung zum Einsatz kommen, in denen Individualleistungen nicht identifiziert werden können. Dabei sind Teamvergütungen dann umso wirkungsvoller, wenn die Teams nur wenige Mitarbeitende (max. 10) umfassen. In solchen Teams bestehen unter den Mitgliedern enge Vernetzungen, man hat sich wechselseitig „im Auge“.

Wo individuelle Performance jedoch festgestellt werden kann, wäre es bedauerlich, in der Vertriebsvergütung einen gleichmacherischen Ansatz zur Teamlösung anzusetzen. Jeder, der Vertriebserfahrung hat, kennt High Performer, deren Leistung für den Unternehmenserfolg unentbehrlich ist. Und gerade für solche Mitarbeitenden ist eine Vertriebsvergütung auf der Basis individueller Leistungen nicht verzichtbar.

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Individuelle und Team-Performance-Ziele in der Vertriebsvergütung

Gibt es nur die Alternative zwischen schwarz und weiß? Natürlich kann eine Vertriebsvergütung, die auf individuellen Leistungen aufbaut, angereichert werden um einzelne Teamelemente, um den Blick der Mitarbeitenden über den eigenen Tellerrand hinaus zu schärfen.

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Eine zeitgemäße Vertriebsvergütung, die sowohl Individual- wie Teamkomponenten berücksichtigt, weist einige typische Merkmale auf:

  • Sie ist eingebunden in die wichtigsten Ziele des Unternehmens und folgt dem OKR-Ansatz (Objectives an Key Results)
  • Die Ziele des Unternehmens werden für die Vertriebsvergütung heruntergebrochen auf die einzelnen Mitarbeitenden und Teams, die Ziele werden kaskadiert
  • Die Vertriebsvergütung erfolgt nicht nach dem Motto „am Jahresanfang Ziele planen und am Jahresende sehen, was dabei herausgekommen ist“, sondern Jahresziele werden in der Vertriebsvergütung auf Etappenziele (Monatsziele oder Quartalsziele) heruntergebrochen, die Führungskraft als Coach begleitet die Mitarbeitenden und steht (im Sinne des OKR) in engstem Austausch mit diesen. Die Etappenziele dienen der Steuerung des Mitarbeiters hin zur Zielerreichung
  • Das Zielsystem der Vertriebsvergütung wird angereichert um „weiche“ Know-How- und Verhaltensaspekte der Mitarbeitenden, um deren Kompetenzen zu schärfen und um sie damit mittelfristig erfolgreicher zu machen
  • Die Vertriebsvergütung ist damit integriert in ein ganzheitliches Führungs- und Steuerungssystem, das Gewicht liegt (im Sinne des OKR) auf dem Aspekt Führung und Steuerung. Die Vertriebsvergütung dient dazu, die verschiedenen Individual- und Teamziele der Mitarbeitenden für diese verbindlich zu machen und sicherzustellen, dass sich Leistung lohnt.

In dieser Kombination entfalten Vergütungsanreize eine hohe Wirkung.

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DR. HEINZ-PETER KIESER

Dr. Heinz-Peter Kieser berät als Inhaber einer Unternehmensberatung für variable Vergütung namhafte Unternehmen bei der Einführung neuer Vergütungskonzepte. Das Beratungsunternehmen besteht seit 40 Jahren und hat über 900 Unternehmen auf neue Vergütungssysteme umgestellt. Dr. Heinz-Peter Kieser ist Autor des Standardwerks „Variable Vergütung im Vertrieb“.