Explodierende Provisionen im Außendienst? Wie kann man dem begegnen?

Zahlreiche Unternehmen berichten in den vergangenen Monaten von geradezu „explodierten“ Provisionen im Außendienst. Die Boomjahre, die viele Branchen erfasst hatten, führten nicht nur zu deutlich gestiegenen Umsätzen, sondern gleichzeitig auch zu deutlich gestiegenen Provisionseinkommen der Mitarbeiter.

Solche Entwicklungen sind nicht ganz so unproblematisch, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Zahlreiche Unternehmen sehen solche ungewollten Explosionen der Provisionen im Außendienst als Problem und suchen nach alternativen Vergütungslösungen. Worin bestehen aber die angesprochenen Probleme eigentlich?

  • Durch explodierende Provisionen im Außendienst sind die cost of sales nicht selten aus den Fugen geraten
  • Das Einkommensgefüge im Unternehmen gerät durch die explodierten Provisionen im Außendienst durcheinander: Wie lassen sich außergewöhnlich gestiegene Provisionen im Außendienst gegenüber Innendienstmitarbeitern rechtfertigen, die ebenfalls qualifizierte Vertriebsjobs bewältigen und deren Einkommen nur maßvoll gestiegen ist?
  • Es kommen zwei arbeitsrechtliche Aspekte hinzu: Arbeitsgerichte sind aktuell zusehends der Auffassung, dass der variable Einkommensanteil die 30% vom Gesamteinkommen nicht übersteigen sollte. Dies wird damit begründet, dass der Mitarbeiter ein berechenbares und verlässliches Gesamteinkommen beanspruchen kann. Liegt der variable Einkommensanteil aber über 30% (z.B. durch die Entwicklung der Provision im Vertrieb), ist aus Sicht der Arbeitsgerichte diese Verlässlichkeit nicht mehr gegeben.

Außerdem besteht die Gefahr, dass eine Provision im Außendienst, die z.B. bei 60% oder mehr liegt, den fest angestellten Außendienstmitarbeiter dazu berechtigt, Ausgleichsanspruch gemäß Handelsvertreterrecht (§89b HGB) geltend zu machen. Die Begründung dafür: Wenn der fest angestellte Mitarbeiter ähnlich vergütet wird wie ein Handelsvertreter, dann ist auch ein Ausgleich in greifbarer Nähe – und das kann teuer werden (bis zu einer Jahresprovision bei Ausscheiden des Mitarbeiters)!

Solche Einkommensentwicklungen haben ihre Ursache immer darin, dass eine gute Unternehmenskonjunktur einhergeht mit einem veralteten Provisionssystem. In solchen Fällen hängt die Provision im Außendienst in aller Regel am Umsatz des Mitarbeiters (in seltenen Fällen am Deckungsbeitrag). Explodieren nun Umsatz oder Deckungsbeitrag (auch ohne allzu großes Zutun des Außendienstmitarbeiters), explodiert damit auch die Provision im Außendienst. Dies wird seitens der Unternehmen zurecht als unbefriedigend empfunden.

Wie lässt sich aber zukünftig eine solche ungewollte Explosion der Provisionen im Außendienst vermeiden, ohne die Motivation der Mitarbeiter zu verringern?

Die Lösung besteht in der Umstellung auf ein anderes System der Verprovisionierung, das mit Zielprämien arbeitet. Die Mitarbeiter werden z.B. in 3 bis 5 Ziele eingebunden, die genau das benennen, was die Mitarbeiter zukünftig bewegen sollen.

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Erwartete Marktentwicklungen sind eingepreist. Die Provisionen im Außendienst finden dabei nur innerhalb eines engen Leistungskorridors statt, der sich im Dunstkreis der Ziele bewegt. Innerhalb dieses Korridors läuft die Kurve der Provision im Außendienst extrem steil, so dass sich die Provision bei einer Top-Leistung innerhalb eines Jahres z.B. verdoppelt. Dies beinhaltet einen extrem hohen Anreiz für eine außergewöhnliche Leistung.

Wie verhindert man aber nun die ungewollte Explosion der Provisionen im Außendienst? Indem die Ziele des Mitarbeiters jährlich neu festgelegt werden, und zwar im Rahmen des möglichen Markt- und Umsatzwachstums. Dies bewirkt, dass in der kurzfristigen Betrachtung (Jahr) ein Maximum an Motivation aufrechterhalten wird, dass sich aber gleichzeitig die Provisionen im Außendienst längerfristig nicht in unbeabsichtigte Höhen aufschwingen.

Dr. Heinz-Peter Kieser berät als Inhaber einer Unternehmensberatung für variable Vergütung namhafte Unternehmen bei der Einführung neuer Vergütungskonzepte. Das Beratungsunternehmen besteht seit 40 Jahren und hat über 900 Unternehmen auf neue Vergütungssysteme umgestellt. Dr. Heinz-Peter Kieser ist Autor des Standardwerks „Variable Vergütung im Vertrieb“.