Arbeiten unter neuen Vorzeichen: Managing Electronic Mobility

Die Arbeitswelt erfährt durch die zunehmende Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologien Veränderungen, die sich auf die Beschäftigten ebenso auswirken wie auf die unternehmensinternen Abläufe. Es kommt zu einer Beschleunigung und Verkürzung von Prozessen und nicht zuletzt zu einer zunehmenden Wissensintensität von Systemen, Prozessen und Strukturen. Die technischen Voraussetzungen haben den Weg hin zur Vernetzung ganzer Wirtschaftssysteme geebnet und damit Globalisierung erst ermöglicht. Das betriebliche Umfeld ist durch eine explosionsartige Vermehrung und gleichzeitig sinkende Halbwertzeit von Wissen gekennzeichnet, wozu die elektronischen Systeme erheblich beigetragen haben. Unternehmen sind mehr und mehr gezwungen, Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die neuartig und hochwertig sind, um sich von der Konkurrenz abheben zu können. Speziell in Hochlohnländern ist die Me-First-Strategie ein entscheidender Erfolgsfaktor, der maßgeblich davon abhängt, ob der „Rohstoff“ Wissen und Kompetenz in ausreichender Menge vorhanden ist. Kreative und wissensintensive Tätigkeiten nehmen in dem Maße zu, in dem der physische Leistungsanteil abnimmt. Wissen sowie Kompetenz sind somit wichtige Wettbewerbs- und Wohlstandsfaktoren für eine Gesellschaft. Der Transformationsprozess in den Unternehmen ist seit langem in vollem Gange.

Electronic Mobility Management ist zu einer Aufgabe geworden, seit insbesondere die mobilen Applikationen der Informations- und Kommunikationstechnologien auf dem Markt sind. Mobiles Arbeiten war für Vertriebsmitarbeiter im Außendienst schon von jeher eine Selbstverständlichkeit, jedoch weniger für die anderen Bereiche und Abteilungen in Unternehmen. Nichtsdestoweniger sind mittlerweile durch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der elektronischen Medien und Systeme alle Unternehmensgebiete von den Auswirkungen der Electronic Mobility betroffen.

Eine empirische Untersuchung des Instituts für Beschäftigung und Employability IBE zeigt, dass die allgemeine Akzeptanz der Electronic Mobility Technologien in den Unternehmen sehr hoch ist. Es ist von einem hohen Reifegrad, einer großen Professionalität bei Planung und Einführung sowie einem hohen Standard auszugehen. Was die Auswirkungen der elektronischen Systeme auf die betrieblichen Handlungsfelder anbelangt, wird deutlich, dass es durchaus zu einer Beschleunigung und Arbeitsverdichtung kommt, allerdings gleichzeitig die Abläufe und Prozesse als strukturierter, vernetzter und somit letztlich effizienter erlebt werden. Elektronische Medien und Systeme ermöglichen es Unternehmen auch, Mitarbeiter flexibler einzusetzen. Darüber hinaus lässt sich durch einen gezielteren Personaleinsatz ein nicht unerhebliches Kosteneinsparpotenzial erreichen. So können beispielsweise Produktionsspitzen in bestimmten Unternehmensbereichen durch eine temporäre Umsetzung von Arbeitskräften aus weniger ausgelasteten Bereichen abgefangen werden, wenn die Mitarbeiter entsprechend flexibel einsetzbar sind. Durch die erhöhte Flexibilität im Rahmen des Personaleinsatzes besteht eher die Chance, Mitarbeiter in andere Unternehmensbereiche und Arbeitsfelder zu versetzen, wenn dort Vakanzen bestehen.

Die konkreten Maßnahmen, die viele Unternehmen ergreifen, sind teils unzureichend, teils laufen sie aber auch unkoordiniert ab, so dass den Technikfolgen nicht ganzheitlich-konzeptionell begegnet wird. Zudem liegt der Schwerpunkt häufig zu stark auf den hoch qualifizierten Mitarbeitern. Es muss jedoch auch Ziel sein, nicht nur die High Potentials sondern ebenfalls die geringer qualifizierten Beschäftigten der unteren Ebenen zu fokussieren. Die unteren Hierarchieebenen, die infolge der Technologisierung immer mehr ausgedünnt werden, erfahren auf den verbleibenden Arbeitsplätzen ein Job Enrichment und Job Enlargement. Team- und Projektarbeit bestimmen zunehmend die Organisationsstrukturen. Überfachliche Kompetenzen sowie Medienkompetenzen werden auf allen Ebenen benötigt, um selbstgesteuerter arbeiten zu können. Ganz besonders dann, wenn die Innovationsfähigkeit des Unternehmens in den Blick genommen wird.

Innovationsfähigkeit hängt entscheidend vom Wissens- und Kompetenzstand der Mitarbeiter ab. Dabei spielt weniger der gesamte Wissens- und Kompetenzstand eine Rolle, sondern vielmehr das erfolgskritische Wissen und die erfolgskritischen Kompetenzen. Erfolgskritisch sind Wissen und Kompetenzen dann, wenn sie einzigartig sind und / oder maßgeblich die Leistung beeinflussen. Damit Medienkompetenzen und überfachliche Kompetenzen der Mitarbeiter auch Innovationen fördern können, ist eine Organisation notwendig, die auf optimale Art und Weise Mensch und Technik verbindet. Hierzu zählen vor allem Maßnahmen wie die Flexibilisierung von Arbeitsinhalten, Arbeitszeiten, Arbeitsorten und Arbeitsabläufen, Projektarbeiten, Entscheidungsbefugnisse, Verantwortlichkeiten und Handlungsspielräume, Schaffung von Transparenz sowie die Förderung des Wissensaustausches im Sinne von „Mensch zu Mensch“ aber auch von „Mensch zu Maschine“. Führung sollte im besten Falle individualisierte Führung sein unter Einsatz von Medien und mittels Zielvereinbarungen. Daneben sollten auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen Mitarbeiter erfolgreich arbeiten können und die Gewährung von Freiräumen und Handlungskorridore selbstverständlich sein. Um Medienkompetenz als Innovationstreiber zu nutzen, bedarf es Personalentwicklung, die die Beschäftigungsfähigkeit generell und die Medienkompetenz im Speziellen fördert. Eine Anpassung der Aus- und Weiterbildung ist dafür unabdingbar, genauso wie eine alternsgerechte Vermittlung von Kompetenzen. Kontinuierliche „Standortbestimmungen“ in Form von Stärken-Schwächen-Analysen helfen bei der Ori-entierung, ein individuelles Coaching kann helfen Schwächen abzubauen und Stärken zu festigen.

Im Allgemeinen sollte im Zentrum des Electronic Mobility Managements eine zielgerichtete und ganzheitliche Konzeption stehen. Ängsten und Hindernissen auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sind ebenso Rechnung zu tragen wie tradierten Strukturen und Systemen, die ihre Umsetzung hemmen. Der mit der mobilen Arbeitswelt einhergehende Prozess der Flexibilisierung erfasst Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Auch die Idee einer lebenslangen Beschäftigung bei einem Arbeitgeber und die lebenslange Arbeit im einmal gelernten Beruf sind an-gesichts der umgreifenden Flexibilisierung obsolet geworden. Benötigt wird ein neues Management-Denken, ein Umdenken auf Führungsebene und die entsprechende Veränderung der Unternehmenskultur. Althergebrachtes Rezeptdenken muss im Zuge stetiger Veränderungen und Unsicherheiten ersetzt werden durch ein flexibleres Denken in Kontingenzen und Varianten.

Literatur

Diemers, D. (2009): Die Zukunft der Arbeit, in: http://www.diemers.net/sub/doc/zukunftderarbeit.htm, 22.06.2009.

Rump, J. (2009): Managing Electronic Mobility - Eine Orientierungshilfe für Fach- und Führungskräfte zur Technikfolgeabschätzung, Verlag Wissenschaft und Praxis, Sternenfels 2009