Sprechvergnügt & stimmstark zum Erfolg
Teil 1: Sprechvergnügt überzeugen
Sie haben im Bereich Sprechtechnik bei Seminaren oder Workshops bereits Erfahrungen gesammelt. Sie halten routiniert Ihre Reden und Präsentationen und sind daher nicht sicher, ob Sie sich erneut mit dem Thema befassen und diesen Artikel lesen wollen.
Ich erleichtere Ihnen die Entscheidung:
Wenn eine oder beide der folgenden Aussagen auf Sie zutreffen, dann empfehle ich Ihnen diesen Artikel.
- Vor einem großen Auditorium spreche ich nicht gern und bringe es eher hinter mich.
- Bei Nervosität verändert sich meine Stimme: klingt dünn, leise oder höher als sonst.
All jenen Sprechtalenten, die keine Übereinstimmung fanden und keine zusätzlichen Tipps in diesem Bereich, benötigen, wünsche ich weiterhin viel Sprechvergnügen bei Ihren Vorträgen. Allen anderen teile ich gerne meine Tipps & Tricks mit!
Das Adjektiv sprechvergnügt beinhaltet für mich 2 wesentliche Elemente, die für den Erfolg Ihrer Rede mitverantwortlich sind: Sprechen & Vergnügen. Meist kommt das Vergnügen etwas zu kurz.
Sprechvergnügen
Der Verlust des Vergnügens beim Sprechen
In meinen Einzeltrainings stelle meinen Klienten & Klientinnen zuerst immer die Frage nach den Erfahrungen, die diese beim Sprechen vor einem Auditorium gesammelt haben. Sehr viele von ihnen halten zwar regelmäßig Reden, Vorträge oder Präsentationen, aber eher selten empfinden sie auch Vergnügen dabei. Manche sind mitunter sogar froh, wenn sie den Auftritt vor einem hinter sich gebracht haben. Die Gründe dafür mögen bei allen unterschiedlich sein, einen haben aber viele gemein. Die Erfahrungen, die sie gesammelt haben. Dabei hat das Sprechen meist sehr vergnügt begonnen!
Als Kinder lernen wir ohne große Anstrengung sprechen. Vergnügt plappern wir erste Laute, dann Worte, freuen uns über unsere ersten gelungenen Wortmeldungen wie "Mama“, "da" oder "nein". Wir machen so auf uns aufmerksam und wecken Neugier. Später basteln wir Sätze, mehr oder weniger grammatikalisch richtig, reden mit anderen, ohne groß darüber nachzudenken, ob wir es mögen, müssen, wollen, können oder nicht. Wir tun es einfach.
Mit Schuleintritt gelangen das Schreiben und die Schreibweise der Wörter in den Vordergrund. Reden wird zum Schwätzen und sollte möglichst wenig während der Unterrichtsstunde stattfinden.Wir lernen unsere Schreibtechnik zu verfeinern oder unsere literarischen Fähigkeiten. Die sprechtechnischen bleiben meist auf der Strecke.
In der Unter- und Oberstufe, wenn wir dann Referate halten sollen, ist das Sprechvergnügen (außer bei einigen Sprach- & Sprechtalenten) meist schon versiegt. Vor anderen eine Rede zu halten wird zur Qual und alles andere als ein Vergnügen empfunden. Selbst die Vorbereitung für Referate oder kurze Vorträge gestaltet sich für viele schwierig und findet zumeist schriftlich statt. Vor der Klasse wird dann der Inhalt vorgelesen - wahrlich kein Vergnügen - weder für einen selbst noch für die Zuhörer. So sammeln wir Schritt für Schritt Erfahrungen, die uns prägen.
Die Konsequenz: Als Erwachsene empfinden wir öffentliches Sprechen oft als unvermeidbare Pflicht, denn als Genuss. Wie denn auch sonst, die Freude am Sprechen ist schon lange zuvor auf der Strecke geblieben.
Wieder gewinnen des Sprechvergnügens
Dazu möchte ich Ihnen nun ein paar Denkanstöße ans Herz legen.
1) Ressourcen & Recherche: Machen Sie sich auf die Suche nach positiven Sprecherlebnissen:
Wann sprechen Sie gern?
Vor wem sprechen Sie gern?
Worüber sprechen Sie gern?
Wem hören Sie gerne zu?
Was macht Sie neugierig bei anderen Rednern?
Vielleicht ist ja schon der eine oder andere erhellende Gedanke dabei gewesen. Wenn nicht, forschen Sie weiter! Irgendwann hat auch Ihnen das Sprechen Spaß gemacht! Nun finden Sie die Faktoren heraus, die Ihnen die Freude am Sprechen nehmen:
Ist die Vorbereitungszeit ausreichend?
Stresst Sie das Fachpublikum?
Fühlen Sie sich inhaltlich kompetent?
Vergleichen Sie sich mit anderen?
Finden Sie Ihr Vortragsthema spannend?
Es liegt nun an Ihnen, Lusträubern keine Chance zu geben:
Verändern Sie Ihren Zeitplan in der Vorbereitung.
Sehen Sie Ihr Publikum nicht als Feind, sondern als wohlwollendes Kollegium, dessen Neugier sie wecken wollen.
Fachkompetenz: Machen Sie sich inhaltlich fit. Niemand ist allwissend oder perfekt. Sprechen Sie lieber genussvoll unperfekt, als perfekt gestresst!
Vergleichen Sie sich nicht mit anderen und kopieren Sie sie nicht - sprechen ist eine sehr individuelle Sache. Bewerten Sie sich nicht während des Sprechens - so kommen Sie nicht in den Flow. Erforschen Sie lieber danach, wann Ihr Publikum aufmerksam war. Gestalten Sie Ihr Thema spannend, dann bereitet es auch Vergnügen darüber zu reden und auch Ihnen zuzuhören. Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Rede. Sie haben ja auch währenddessen nichts anderes zu tun - also hetzen Sie sich nicht bis zum Schluss durch. Ziel dieser Übungen ist, Ihre Sichtweise etwas zu verändern.
Das Sprechvergnügen beginnt im Kopf!
2) Improvisation: Schon Cicero meinte „Reden lernt man nur durch Reden“ (Cicero * 03.01.106 v. Chr. † 07.12.43 v. Chr.) römischer Politiker, Anwalt, Schriftsteller und Philosoph.)
Bitte schreiben Sie für die folgenden Übungen nichts auf, sondern sprechen Sie!
Schlagen Sie die Zeitung auf, tippen Sie mit dem Finger auf ein Wort und halten Sie eine 2 Minuten Rede dazu. Klingt einfach - ist es auch! Los geht‘s! Nicht lange Nachdenken, sondern reden! Wenn Sie diese Übung mehrmals pro Woche trainieren, werden Sie Ihre Sprechdenkfähigkeit verbessern. Ziel ist, die Starthemmung zu überwinden. Wenn Sie erst mal über „alles“ losplaudern können, werden sie weniger Unwohlsein beim Reden empfinden. Wichtig ist: LAUT SPRECHEN. Denken oder nur leise vor sich hin murmeln gilt nicht! Verändern Sie die Übung. Wählen Sie eine Überschrift aus der Zeitung oder ein Bild und sprechen Sie darüber. Laut. Setzen Sie sich Zeitlimits: Sprechen Sie 1 Minute, dann 2, dann 3 .....
Nehmen Sie 2 beliebige Wörter (Substantive, Adjektive, Verben,... wie es ihnen in den Sinn kommt) und verbinden Sie sie inhaltlich. Z.B. Grün, Werbung.
3) Zauberwort Neugier
Wenn es Ihnen schwer fällt, die Neugier Ihres Publikums zu wecken, dann halten Sie eine kurze Übungsrede über eine Ihrer Leidenschaften. Z.B. Sportart, Hobby, ...
Was lieben Sie daran? Der beste Moment? Das schönste Erlebnis? Der größte Erfolg?
Besonderheiten machen neugierig - auch bei Präsentationen.
4) Nervosität adieu
Wenn sich Ihre Stimme bei Nervosität verändert, so liegt das meist am fehlenden Sprechvergnügen. Bis die vorher genannten Übungen ihre Wirkung zeigen, wenden Sie 2 einfache Tricks zur Entspannung an.
Atmen Sie langsam mit geschlossenem Mund durch die Nase ein und heben Sie dabei sanft Ihre Zunge an den oberen Gaumen. Dann atmen Sie ebenfalls durch die Nase aus. Lassen Sie die Zunge nun locker nach unten zurück in das Zungenbett sinken. Ihr Kinn sollte beim Ausatmen leicht nach unten sinken und locker bleiben. Wenn Sie nicht sicher sind ob es geklappt hat, beobachten Sie sich im Spiegel dabei. 3-4 mal vor einer Rede angewendet entspannt das Ihre Atmung und Ihre Kiefermuskulatur, das Sprechen fällt leichter.
Wenn Ihr Mund bei Nervosität trocken wird: Kreisen Sie im Mund mit der Zunge ein paar Mal. Geschlossener Mund, die Zunge kreist von oben nach unten zwischen Lippen und Zähnen. Das regt den Speichelfluss an, das Sprechen fällt leichter.
Fühlen Sie sich verkrampft, dann spannen Sie kurz alle Ihre Muskeln für 5 Sekunden an, dann locker lassen. 2-3 mal wiederholen. Sie werden die entspannende Wirkung fühlen. Vorteil: Man kann diese Übung von allen anderen unbemerkt durchführen.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei den Übungen und Ihrer nächsten Rede!
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