Schluss mit E-mail Chaos!

„Wie konnte ich nur so arbeiten!"

Leiden Sie auch noch darunter?

Die TeilnehmerInnen in meinen Speed-Reading-Seminaren erzählen von ihrem Lese-Alltag. Spitzenreiter in puncto Leidensdruck ist eindeutig die E-Mail-Flut und das damit verbundene Chaos!

Viele haben das Gefühl, trotz guter Lesegewohnheiten nicht hinterher zu kommen. Die Autodidakten darunter eignen sich eigenwillige Befreiungs-Strategien an: von „nicht mehr antworten“ bis hin zu „wenn’s wichtig war kommt’s sicher ein zweites Mal“. Zu viele unbedeutende E-Mails, Spams, E-Mails in „Cc“ oder mit schlechtem Betreff sind dabei.

Was vielen arbeitsamen Menschen bleibt, ist ein unkoordinierter und überfüllter Posteingang – dazu dieses ständige Hin und Her zwischen PC, Smartphone, Laptop oder Tablet. Außerdem haben viele die Aufgabe oder den Wunsch aufgrund verschiedener Rollen beruflich (wie privat), mehrere E-Mail-Adressen gleichzeitig zu verwalten!

Die Lösung liegt in einer Kombination aus 3 Erfolgsfaktoren:

  1. Fortschrittliche Technik: IMAP statt POP3
  2. Struktur schafft Ordnung: Archiv, Labels, Filter..
  3. Selbstmanagement: „Leer-Postkastler“ haben’s gut 

Bevor wir diese 3 Faktoren näher beleuchten, eine persönliche Feststellung: selbst bei mir dauerte es fast ein Jahr, bis ich als jahrelanger „POP3-Abholer“ mit prall gefülltem Posteingang endlich den Durchbruch schaffte. Ein guter Freund und Webspezialist (MEDIALL Internet Solutions, www.mediall.cc) musste sämtliche Überzeugungskünste aufwenden. Hier kommt Change Management ins Spiel: weniger als 10 Prozent ändern eingefleischte Abläufe aus Einsicht. Mehr als 90 Prozent unternehmen eine Änderung, wenn der Leidensdruck groß genug ist. Und so war es dann auch...  Rückblickend zu dem nun folgenden Erfahrungsbericht sei gesagt: „Wie konnte ich nur so arbeiten!“

1. Fortschrittliche Technik: IMAP statt POP3

Seit fast einem viertel Jahrhundert gibt es POP (Post Office Protocol in der 3. Generation). Die Mehrheit aller E-Mail-User verwendet immer noch diese Technik, um sich ihre Post beim Provider „abzuholen“ und diese lokal zu speichern. Beim Einsatz von zwei oder mehreren Endgeräten kommt es aber bereits zur unübersichtlichen Situation: „Von welchem Gerät aus wurde geantwortet?“ „Wo ist denn nur die E-Mail hingekommen?“ „Auf welchem Rechner liegt jetzt die dazugehörige Datei?“ Bei meinen 4 Endgeräten (Laptop, Mac, Tablet und Smartphone) bekam ich jedes einzelne E-Mail 4 Mal regelrecht aufgezwungen. Wie zeitraubend und ermüdend!

Cloud-Computing war der erste Zugang zu einer neuen Welt des synchronen Arbeitens. Als Benutzer von iCloud, Dropbox, Google Drive + Google Calendar wuchs das Vertrauen in die unkomplizierte und reibungslose Funktionalität dieser Systeme. Ein Sicherheitsaspekt abseits von Kritik und Spionage: sollte alles bis auf die Grundfesten niederbrennen, Geräte abhanden kommen, entwendet werden oder Festplatten ihre Arbeit niederlegen – dann liegt immer noch alles in der Cloud!

Für E-Mails folgte der nächste logische Schritt, nämlich der Umstieg von POP3 auf IMAP (Internet Message Access Protocol). Warum ist diese Technik zeitgemäß? Kaum jemand käme heutzutage auf die Idee, eine Webseite herunterzuladen, um sie offline zu lesen. Man schaut sich die Webseite direkt am Server an. Und so macht man es eben auch mit E-Mails. Runterladen stammt noch aus Zeiten, als ein Internetzugang teuer war und man deswegen nur so wenige Minuten wie möglich mit dem Internet verbunden sein wollte.

Viele Unternehmen haben bereits den Umstieg auf IMAP teilweise mit internen Systemen und Servern vollzogen!

Wer hat sich im aktuellen Ranking von "BrandZ" für 2014 zur wertvollsten Marke der Welt emporgeschwungen? Wer kennt sich mit Spam-Filter richtig gut aus und ist stets am Laufenden über das was im Internet passiert? Die Welt von Google bietet hier gute Möglichkeiten. Optische Bedenken wegen Corporate Design? „Aber doch keine GMail-Adresse im Business... ?“

Nur das bekommt der Empfänger gar nicht mit. Und das geht so: Die angelegte Adresse „...@gmail.com“ bildet den Dreh und Angelpunkt für sämtliche ein und ausgehenden E-Mails. Die eigenen Host-Anbieter (hier bleibt alles beim Alten) leiten einfach die E-Mails an den persönlichen Google-Account weiter und werden dort als sogenannte „Alias-Adressen“ behandelt. Die Rückantwort erfolgt wieder automatisch über die ursprüngliche Adresse mit gewohnter Domain (also nicht: „...@gmail.com“).

Die Praxis mit IMAP sieht so aus: Ich bekomme eine E-Mail auf office@traintrain.at. Auf allen Endgeräten wird diese Mail zeitgleich angezeigt. Unterwegs checke ich auf meinem iPhone den Posteingang und  antworte kurz. (Und zwar mit der üblichen professionellen Unternehmens-Signatur, also natürlich nicht mit: „gesendet von meinem iPhone“.)

Und der Clou ist: auf allen Endgeräten ist augenblicklich und synchron der gleiche Ist-Stand. Überall wird die E-Mail als „gelesen“, mit eigener Antwort, zusammenhängender Kommunikation und Dateien im Anhang über GMail quasi „simultan-gestreamt“. Et voilà! So funktioniert IMAP.

(Siehe Kasten „Installations-Tipps für GMail mit IMAP“).

2. Struktur schafft Ordnung: Archiv, Labels, Filter...

Bereits Windows Explorer hat uns gelehrt, wie wir geeignete Ordner anlegen und Dateien verschieben um sie auch hinterher wieder zu finden. Vergleichbar mit einer MindMap werden Unterbegriffe den dazugehörigen Überbegriffen logisch zugeordnet.

Labels“  sind solche Überbegriffe oder Beschriftungsetiketten für E-Mail-Schubladen. Jetzt stelle man sich vor, die Zuordnung findet auch noch automatisch statt! Der Fluss eingehender Nachrichten lässt sich durch geeignete Filter steuern. Was leistet hier der GMail-Filter? Folgende Auswahlkriterien lassen sich vordefinieren: „Von“, „An“, „Betreff“, „Enthält/Enthält nicht die Wörter“, „Posteingang überspringen (Archivieren)“, „als gelesen markieren“, „Label anwenden“, „Weiterleiten“, „Löschen“, „Immer als wichtig markieren“, etc. ... (Einstellungen>Filter>Neuen Filter erstellen) Solche Auswahlkriterien lassen sich beliebig kombinieren. Das ist wie Wünsche programmieren ohne wirklich programmieren können zu müssen.

Einige Beispiele aus der Praxis:

Ein vordefinierter Filter erkennt E-Mail-Adressen diverser Newsletter, überspringt den Posteingang und legt Post dieser Art in das dafür eigens angelegte Label „Newsletter“.

Schlüsselkunden, Lieferanten, Klienten, Geschäftspartner,... könnten automatisch mit eigenen Labels angelegt werden, erscheinen aber wie gewünscht im Posteingang. Nach dem lesen oder bearbeiten werden sie einfach archiviert, verschwinden wieder aus dem Posteingang, sind aber immer noch unter den jeweiligen Labels oder durch Stichwortsuche im Archiv auffindbar.

Wenn Sie als Erkennungsbuchstaben im „Betreff“-Feld des Filters „Cc“ (Kopie) oder „Bcc“ (Blindkopie) eintragen und ein eigenes Label Namens „Kopien“ erstellen und anwenden, trennt sich hier bereits die Spreu vom Weizen (bzw. Kopie von Direkt-Nachricht)!

Wie viele ungesehene Nachrichten sich im jeweiligen Label befinden wird durch eine fette Zahl als Ungelesen-Zähler übersichtlich angezeigt.

Sie wollen von einer bestimmten E-Mail-Adresse nicht mehr gelangweilt oder geplagt werden? Ein Filter veranlasst im Hintergrund das Archivieren oder Löschen von Nachrichten aus dieser Quelle.

Spams landen von vorne herein im Spamordner. Hier sollten Sie in den ersten Tagen und Wochen von Zeit zu Zeit vorbei schauen und so manche E-Mail als „Kein Spam“ umdefinieren. Googles Spam-Filter ist erbarmungslos aber lernfähig! Zu erwähnen sind weitere mögliche Arbeits-Filter wie „Wichtig“, „Dringend“, „Markiert“, ... usw. Hier gut gearbeitet erspart später viel Arbeit.

3. Selbstmanagement: „Leer-Postkastler“ haben’s gut

Der Posteingang sollte zu seinem ruhmreichen Namen kommen. Er ist eben nur ein „Posteingang“ und keine Dauerablage! Oder behalten Sie zu Hause alles im Postkasten bis er über Wochen und Monate überquillt? Der Briefträger wird sie besuchen kommen.

Durch geeignete Filter wurde bereits viel Post automatisch in vordefinierte Labels, ins Archiv, den Spamordner oder Mistkübel verschoben – hat also den Posteingang schlichtweg übersprungen.

Nehmen Sie sich jetzt noch ca. ein bis drei Mal pro Tag Zeit, den Posteingang zu bearbeiten.  Das hängt natürlich von der Fülle an eingehenden E-Mails und der Branche ab (ein Finanzmakler wird öfter reinschauen als ein Geigenbauer). Der E-Mail-Check in Etappen ist zielführender, als ständig von eingehenden E-Mails in der momentanen Konzentration unterbrochen zu werden (Multitasking wurde durch neuere Studien entkräftet). Übrigens: bei dringenden, persönlichen, vertraulichen oder heiklen Themen ist der Griff zum Telefon immer noch geeigneter als E-Mail-Kommunikation!

Achten Sie beim Lesen der E-Mails auf den Betreff, überfliegen Sie die Nachrichten mit Fokus auf Substantive und Quintessenzen um den Sinn und vor allem die Wichtigkeit zu erfassen. Seien Sie konsequent beim Löschen von E-Mails die Sie nie wieder brauchen. Wenn Sie Nachrichten archivieren, die momentan unwichtig erscheinen, können Sie diese später immer noch aus dem Archiv holen, falls sie wichtig werden sollten. Bestellen Sie zielsicher nutzlose Newsletter ab, sonst kommen die garantiert immer wieder.

David Allen („Getting Things Done“, GTD) sprach über eine Effizienzgrenze von 2 Minuten. Alles was innerhalb von 2 Minuten zu erledigen ist – am besten sofort erledigen. Sonst ist es ein sogenanntes „Projekt“ und sollte besser dem jeweiligen Bereich (oder in unserem Fall „Label“) zugeordnet werden.

Zusätzlich gibt es noch die äußerst intelligente Möglichkeit, E-Mails zu einem bestimmten Termin als Wiedervorlage in den Posteingang zurückzuholen. Auf Smartphones lassen sich mit Boomerang (für Android, www.boomeranggmail.com) oder Mailbox  (für iOS, www.mailboxapp.com, sehenswertes Kurzvideo!) solche Wiedervorlagen rasch und punktgenau festlegen. Mit IMAP ist nämlich ein mehrfacher Zugriff durch verschiedene Apps (oder Endgeräte) möglich – und alles bleibt schön synchron. Unter Umständen verbleiben bei vielbeschäftigten Menschen bis zu einer Hand voll Nachrichten kurzfristig im Posteingang, da diese sowohl dringend als auch wichtig sind. Das ist auch okay so.
Wo finden Sie sich denn nun wieder? Höchstwahrscheinlich bleiben folgende drei Möglichkeiten:

1. Sie arbeiten bereits so oder ähnlich. 2. Der Leidensdruck ist im Moment noch nicht groß genug.  3. Sie rufen nach ein paar Wochen Eingewöhnungsphase: „Wie konnte ich nur so arbeiten!“

Und bestimmt wird Ihnen immer öfter der leere Posteingang entgegenlachen und nicht zuletzt stellt sich das gute Gefühl ein alles im Griff zu haben!

Installations-Tipps für Gmail mit IMAP:

Einen persönlichen Google-Account erstellen. Auf den Serverseiten der eigenen Mail-Adressen eine ungefilterte Weiterleitung an „...@gmail.com“ aktivieren oder durch den Hostanbieter veranlassen. Im Internet auf  https://mail.google.com die eigene Seite aufrufen, einloggen und bequemerweise gleich als Startseite definieren. Unter Einstellungen>Design lässt sich ein Bild hochladen, um sich bei eigenem Corporate Design gleich heimisch zu fühlen.þ Unter Einstellungen>Konten die eigenen E-Mail-Adressen einrichten und „Als Alias behandeln“ angeben. Im 2. Schritt bei den Postausgangseinstellungen „über den SMTP-Server senden“ und üblicherweise auf Port 25 mit sicherer TLS-Verbindung definieren. Die Gmail-Adresse (keine Alias) läuft im Hintergrund und ist dabei nicht als Standard-Adresse festgelegt. Unter Einstellungen>Weiterleitung und POP/IMAP ist klarerweise „IMAP aktiviert“, „Auto-Löschen ein – Server sofort aktualisieren“ und „Die Anzahl der Nachrichten in einem IMAP-Ordner nicht begrenzen“. 
Wichtig: immer ganz unten den Button „Änderungen speichern“ drücken. (Mit der Einstellungs-Maske vor Augen fällt das Verständnis dieser Beschreibung leicht.)

Weitere nützliche Tools: Unter Einstellungen>Konten: „Von der selben Adresse aus antworten, an die die Nachricht gesendet wurde“, „Konversation als gelesen markieren, wenn andere sie öffnen“ (betrifft weitere Endgeräte); Unter Einstellungen>Allgemein: „Konversationsansicht aktivieren“ (für guten Überblick über Zusammenhängende Konversationen), „Signatur“ (für jede angelegte Adresse kann eine eigene Signatur definiert werden), „Vorschau anzeigen“; Unter Einstellungen>Labs lassen sich nützliche Erweiterungsmodule freischalten. Die wichtigsten sind wohl: „Vorschaufenster“ und „Symbol mit ‚Ungelesen’-Zähler“. Nach erfolgreicher Installation einige Testmails hin und her senden.

Für die Browser Firefox, Crome und Safari gibt es z.B. den Werbeblocker Adblock Plus als Download der sämtliche Werbeanzeigen konsequent unterdrückt. Sollte die Kapazität von 15 GB tatsächlich zu wenig sein, gibt es auch Google fürs Business 100 GB bei geringem Aufpreis, freilich werbefrei (auch 200 GB sind möglich). Zusätzlich wird ein Offline-Support angeboten (E-Mails sind dann im Flugzeug verfügbar).
Aber was ist mit den alten E-Mails? Kein Problem! Einfach im bisherigen E-Mail-Programm den Google-Account einrichten, mittels Drug & Drop die Dateien in den Posteingang ziehen und dort anschließend archivieren. Eine einmalige Arbeit für Zugriff auf wichtige E-Mails die Jahre zurückliegen. Es ist natürlich auch möglich, Kontakte zu synchronisieren. GMail ist zudem selbstlernend bei ein- und ausgehenden E-Mail-Adressen.

Installation für iOS, Android oder Windows Phone: Die Gmail-App sieht aus wie ein rotes M auf weißem Kuvert und bietet gewohnte Möglichkeiten mit Labels, Archivzugriff, Anhängen von Fotos, Änderung der Postausgangsadresse sowie professioneller Signatur. (Alle Tipps sind unverbindlich und können sich durch Softwareaktualisierungen ändern.Der Autor hat kein spezielles Abkommen mit Apple, Dropbox, Google oder anderen erwähnten Unternehmen.)

Achtung: Beachten Sie bitte immer die unternehmensspezifischen Datenschutzrichtlinien!

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