Der König ist tot, es lebe der König!
Der Rücktritt von Jürgen Klopp, was Führungskräfte davon lernen können
Gestorben ist er ja Gott sei Dank nicht, aber die Stimmung bei der Pressekonferenz von Borussia Dortmund zum Abschied von Jürgen Klopp, und speziell die Ansprache von H.J. Watzke, hatte schon starke Ähnlichkeiten mit einer Grabesrede. Dabei ist es eigentlich doch wie im richtigen Leben, und speziell wie in der Wirtschaft, „alte Könige“ danken ab, neue kommen.
1. Aufhören, wenn es am Schönsten ist
Natürlich ist es immer etwas Besonderes, wenn eine Organisation über Jahre auf eine Person an der Spitze ausgerichtet war, herausragende Erfolge erzielte, der Verantwortliche von allen Beteiligten respektiert (vielleicht von manchen sogar geliebt) wurde und dieser plötzlich seinen Rückzug verkündet. Genauso aussergewöhnlich ist es aber, wenn wie im Fall Jürgen Klopp Führungskräfte in Spitzenpositionen die Zeichen der Zeit erkennen, rechtzeitig den Platz für Veränderungen freimachen und freiwillig auf einen laufenden Vertrag verzichten. Viel zu viele Fälle gibt es, bei denen Geschäftsführer oder Vorstände regelrecht an „ihrem Sessel kleben“, meinen unersetzlich zu sein, und kein Gespür dafür entwickeln, dass sie nicht nur sich selber, sondern auch dem weiteren Erfolg der Organisation im Wege stehen. Und am allerschlimmsten ist es, wenn bei diesem Verhalten hauptsächlich das liebe Geld eine Rolle spielt und ein Rausschmiss (mit einer entsprechenden Abfindung) einem geordneten Rückzug in Ehren (aber ohne finanzielle Absicherung) vorgezogen wird.
Erfahrene Manager wissen, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr weiter geht, und dass es besser ist, rechtzeitig in Ehren und mit Applaus verabschiedet zu werden, als später mit lauten Pfiffen und mit „Schimpf und Schande“ vom Hof gejagt zu werden. Und genauso wissen sie, dass jeder Abschied – und vor allem die Form und die entsprechenden Begleitumstände – schon die Bewerbung für die nächste Aufgabe ist.
2. Wenn man nichts ändert, ändert sich nichts.
„Nach reiflichem Überlegen bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich nicht mehr der perfekte Trainer bin und ich den Weg für Veränderungen freimachen muss“. Die Beantwortung der Frage, ob man sich selber und andere noch motivieren kann, ist essentiell, um Menschen für gemeinsame Ziele zu gewinnen und ganz besonders, wenn neue Herausforderungen zu bewältigen sind. Ist die Antwort negativ und merkt man, dass man auf der Stelle tritt, die tägliche Arbeit auch keinen Spass mehr macht, oder dass die Beteiligten nur noch „Dienst nach Vorschrift“ machen, ist entsprechendes Handeln angesagt. Und die Erkenntnis „wenn sich die Zahlen nicht ändern, müssen sich die Gesichter ändern“, gilt überall. Egal ob „auf dem Platz“, oder im Büro.
3. Vorher Überlegen macht nachher überlegen
Diese Geschäftserfahrung gilt gerade dann, wenn Geschäfte stagnieren und bisherige Methoden nicht mehr greifen. Da hilft dann auch nicht der Spruch von Oli Kahn („Immer Weiter, Immer Weiter“!), oder „wir müssen einfach härter arbeiten.“ Jetzt muss zum „Äussersten“ gegriffen und mal richtig nachgedacht werden. Was sind die eigentlichen Stärken auf die man sich verlassen kann, wohin entwickeln sich die Märkte, welche Trends sind zu erwarten, wie ist die zukünftige Strategie darauf auszurichten und vor allem, ist das vorhandene Personal den neuen Anforderungen gewachsen? Und wenn man feststellt, dass das Profil des aktuellen Verantwortlichen nicht mehr zu den neuen Herausforderungen passt, muss die Suche nach dem „Neuen“ entsprechend ausgerichtet werden. Was nützt z.B. ein „braver Buchhalter“ oder beinharter Sanierer an der Unternehmensspitze, wenn visionäre Vordenker gebraucht werden, die auch mit neuen Führungsmethoden junge und kreative Menschen anlocken und begeistern können. Umgekehrt ist der beste Visionär oft überfordert, wenn es im Überlebenskampf einer Organisation darauf ankommt, Prozesse zu optimieren, kurzfristige Erfolge zu generieren, oder sich nur noch auf profitable Geschäftseinheiten zu konzentrieren. Oder anders ausgedrückt: Zuerst muss die Herausforderung klar sein, das dafür benötigte Konzept stehen und dann erst der dafür benötigte „Kopf“ geholt werden, welcher die entwickelte Strategie konsequent mit allen Beteiligten umsetzt.
4. Analysieren – Bewerten – Entscheiden – Kommunizieren
Dies wäre der ideale Ablauf bei der Vorbereitung und Umsetzung von entsprechenden Entscheidungen. Viel zu oft ist aber zu beobachten, dass noch nicht getroffene Entscheidungen durch gezielte Indiskretionen je nach Motivationslage vorbereitet oder verhindert werden. Noch im Amt befindliche Verantwortliche beschädigen sich durch öffentlich ausgetragene Machtkämpfe gegenseitig, die Organisation verliert durch fehlende Entscheidungen die Richtung und wird dabei oft sogar Handlungsunfähig. Und wenn zu viele Namen durch die Presse geistern, wird der „Neue“ oft nur als Notlösung betrachtet und startet dementsprechend schon mit einer schweren Hypothek. In professionell geführten Unternehmen werden deswegen notwendige Personal-Entscheidungen im engen Kreis vorbereitet, es dringt nichts nach aussen, die Abstimmung mit zu berücksichtigenden Gremien erfolgt nach Plan und Entscheidungen werden „mit einer Stimme“ zum festgelegten Zeitpunkt verkündet.
„Was mich tröstet, ist, dass unsere Freundschaft bestehen bleibt.“ Und: „Der Verein ist größer als ich und wir alle zusammen.“ Diese Sätze von H.J. Watzke und Jürgen Klopp fassen perfekt zusammen, wie Personalveränderungen vorzunehmen und aufzufassen sind. Die Ziele einer Organisation stehen im Vordergrund, Veränderungen sind Teil des Lebens und wenn diese von allen Beteiligten professionell umgesetzt werden, kann man auch später noch gemeinsam ein Bier trinken gehen. Und dies nicht nur am Borsigplatz in Dortmund…
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