Personalmanagement.info im INTERVIEW

PRAXIS HR - Unternehmensgesundheit

Zum Ende des Jahres wurden zum sechsten Mal die gesündesten Unternehmen Deutschlands ausgezeichnet. Die Verleihung des „Corporate Health Award 2014“ ging an Siegerunternehmen aus zehn Branchenkategorien und einer Sonderkategorie. 2014 hatten sich 331 Unternehmen beworben, womit die Bewerberzahl aus dem Vorjahr übertroffen wurde. Erfreulich dabei - der Mittelstand holt stetig auf.

Im Fokus der Konferenz, die im Rahmen des Corporate Health Award stattfand, standen die Themen  Digitales BGM und psychische Gefährdungsbeurteilung. Fachreferenten präsentierten dabei Expertenwissen, eigene Erfahrungen und Best Practices. Dabei ging es unter anderem um die Themen BGM im digitalen Zeitalter, BGM 2020, die psychische Gefährdungsbeurteilung und Ergonomie.

Was das digitale BGM vom herkömmlichen Betrieblichen Gesundheitsmanagement unterscheidet?
„Digitales BGM“ oder BGM 2.0. beschreibt laut EuPD Research unter anderem folgende Faktoren:

Digitales BGM

  • ist an den Computer und/oder mobile Endgeräte gebunden
  • ist nicht nur eine Einzelmaßnahme, sondern ein System
  • spricht neue Zielgruppen im Unternehmen an und integriert sich in bestehende Maßnahmen der BGF
  • Stichwort PDCA-Zyklus - digitales BGM ermöglicht eine bessere Planung und Steuerung

Wenn man sich den bisherigen Einsatz in Deutschland anschaut, dann stellt sich heraus, dass die
frühen Lösungen vielfach ohne das richtige Setting als Einzelmaßnahme umgesetzt wurden, die
Nachhaltigkeit wurde nicht gewährleistet. Einzelmaßnahmen bringen jedoch nicht die gewünschten
Effekte. Insofern verweisen viele Unternehmen auf positive Erfahrungen mit ganzheitlichen
Konzepten, die in das BGM integriert werden.

In der Praxis sieht es so aus: Im Rahmen der Umfragen, die EuPD Research unter den Unternehmen durchführte, die sich für den Award beworben haben, stellte sich heraus, dass digitales BGM noch am Anfang steht, es aber erste relevante Erfahrungen mit onlinebasierten Systemen im eigenen Unternehmen oder bei anderen Nutzern gibt. Diese wurden von den Firmen mehrheitlich durch die Nutzung von Informationsportalen, digitalen Befragungsinstrumenten und interaktiven Gesundheitsplattformen realisiert (laut Ranking in genau dieser Reihenfolge).

Personalmanagement.info während des Kongresses im Gespräch mit Harald Holzer, Geschäftsführer der Mannheimer vitaliberty GmbH. vitaliberty gilt als Pionier des digitalen BGM.

Herr Holzer, Sie entwickeln mit der Marke moove seit 2011 digitale Gesundheitsprogramme für Unternehmen. Es scheint, die Zeit ist reif auch für den Einsatz bei mittelständischen und kleineren Unternehmen. Nehmen wir das richtig wahr?

Harald Holzer: „Die Großunternehmen mit Konzernstruktur haben hier in der Tat eine gewisse Vorreiterrolle eingenommen. Das ist auch nicht ganz unlogisch, gerade bei international agierenden Firmen mit dezentraler Struktur stellt sich die Frage, wie erreiche ich Mitarbeiter an verschiedenen Standorten, zu verschiedenen Zeiten, möglichst auch mehrsprachig. Wir haben es hier auch mit stark kennzahlengesteuerten Planungsprozessen zu tun. Heißt, wenn ich HR sowieso schon auf durchgängig digitale Beine stelle, dann macht es Sinn, das Gesundheitsmanagement anzudocken. Technologieaffine Branchen haben es in Bezug auf die Akzeptanz der Mitarbeiter auch leichter, digitales BGM in die Unternehmensstrategie einfließen zu lassen. In den letzten Monaten haben wir
allerdings sehr viele Projekte im Mittelstandsumfeld umgesetzt.

Was motiviert die Unternehmen und zunehmend den Mittelstand verstärkt digitales BGM einzusetzen?

Harald Holzer: Es gibt zwei Gründe: Zum einen gibt es durch die neue Gesetzgebung im Rahmen des
Arbeitsschutzes (psychische Gefährdungsbeurteilung) Handlungsbedarf. Die Analyse muss umgesetzt
werden und wird die Verantwortlichen in HR, Arbeitsmedizin/-schutz sowie die Geschäftsführung in
2015 bezüglich des Zeitrahmens und der Ergebnisse noch viel konkreter beschäftigen. Zum anderen
haben es immer mehr Unternehmen verstanden, dass sich Gesundheitsmanagement sehr positiv auf
die Mitarbeitermotivation auswirkt und das Employer Branding die Arbeitgebermarke stärkt.

Gibt es dafür Beispiele?

Harald Holzer: Jedes Unternehmen ist einzigartig und die Mitarbeiter auch. Bekomme ich über die
Grundlagenanalyse bzw. Health Assessment ein erstes Ergebnis, dann sollte ich auch weiterdenken
und personalisierte Angebote machen. Wer sich mit individueller Ansprache und gutem internen
Marketing um seine Belegschaft kümmert, drückt Wertschätzung aus. Dazu kommt, dass sich nicht
jeder auf gleiche Weise erreichen lässt. Gerade für schwer zu erreichende Zielgruppen im
Unternehmen, wie Männer, Manager und junge Mitarbeiter, ist digitales BGM somit auch ein ideales
Mittel, um Gesundheitsthemen zu transportieren. Und es lassen sich tatsächlich viele Programme
umsetzen, die neben dem Faktor Gesundheit auch den Spaßfaktor transportieren. Dieses Feedback
von Mitarbeitern an die Geschäftsführung und Personalmanager kommt häufiger und hat immer etwas
mit nachhaltigen Strategien zu tun.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Mehr Infos: http://www.corporate-health-award.de/2014.html, http://www.corporate-moove.de/

Fotograf: Thomas Stratnik, Corporate Health Award 2014