Personalmanagement.info im Gespräch mit Ralf Weißenfels und Siegfried Nießen, Geschäftsführer bei der ARGUS pension consult
Mehr denn je geht es jetzt darum Lücken in der Versorgung der Belegschaft zu identifizieren, diese zu schließen und kluge Investitionen für Corporate Health Maßnahmen, betriebliche Altersvorsorge und Mitarbeitermotivation umzusetzen und über digitale Plattformen im Blick zu behalten. ARGUS pension consult und das Deutsche Kompetenznetzwerk betriebliche Altersvorsorge analysieren den Status Quo in der Deutschen Wirtschaft und verschiedenen Branchen und erläutern wichtige Instrumente für die notwendigen Maßnahmen bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter, der Unterstützung der Belegschaft und der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität.
Die Redaktion von personalmanagement.info hat bei den Experten nachgefragt:
Pmgt.info: Herr Weißenfels, auf der HR Online Expo haben Sie unter anderem mit eindrücklichen Zahlen über die drohenden Lücken bei den Rentenbezügen und die NachCorona Ära bei der Gesetzlichen Krankenversicherung referiert. Was kommt denn hier auf die Unternehmen zu und wie können die HR-Abteilungen und Geschäftsleitung die Arbeitnehmer gezielter unterstützen?
R.Weißenfels: Die Deutsche Bundesbank hat im Oktober 2019 bereits auf die demographischen Auswirkungen - also den Wechsel der geburtenstarken Jahrgänge von der Seite der Beitragszahler zu den Leistungsempfängern ab 2025 – hingewiesen. Schon heute liegt der Zuschuss des Bundes in der gesetzlichen Rentenversicherung pro Jahr bei über 90 Mrd. Euro. Dieser Trend wird sich noch verstärken. In unseren Gesprächen mit der Geschäftsführung und den Mitarbeitern wird uns gegenüber immer der Wunsch geäußert, dass Mitarbeiter gerne mit 64 in Rente gehen möchten. Bei einer exakten Berechnung stellt sich dann für die jeweiligen Mitarbeiter heraus, dass die dargestellte Rente in der Renteninformation um die entgangenen Entgeltpunkte der letzten Jahre sowie den monatlichen Abschlag des vorzeitigen Bezugs in der Regel um insgesamt fast 20 Prozent geringer ausfällt als in der jährlichen Renteninformation aufgeführt. Dies gilt dann für die gesamte Bezugsdauer der Rente.
Der zu zahlende anteilige Kranken- und Pflegeversicherungssatz senkt die Rente noch einmal um ca. zehn Prozent. Die voraussichtlich zu erwartende steuerliche Belastung für den Leistungsempfänger ist hierbei noch nicht berücksichtigt. Mit der Analyse beziehungsweise Neuausrichtung einer attraktiven und renditeorientierten bAV (betriebliche Altersvorsorge), die um individuelle Berechnungen bei Vertragsbeginn und in der Rentenphase ergänzt wird, können wir hier mehr Akzeptanz bei HR und den Mitarbeitern für optimierte Zusatzrenten generieren.
Marktvergleich garantierte Rentenfaktoren, Copyright: ARGUS pension consult
Pmgt.info: Wie sieht es laut Ihren Berechnungen und Analysen bei der Gesetzlichen Krankenversicherung aus?
R. Weißenfels: In den letzten Jahren sind die Leistungen der GKV sukzessive herabgesetzt worden ein Beispiel ist u.a. der große Check Up, welcher von 24 Monaten auf alle 36 Monate angehoben wurde. Dieser Trend wird sicherlich durch die Auswirkungen von Corona nicht gestoppt werden. Somit liegt die Prävention der Mitarbeitergesundheit zunehmend auf Arbeitgeberseite. Hier bedarf es einer Bewertung von betrieblichen Krankenversicherungen unter den Aspekten (Alternde Belegschaft, Arbeitgeberattraktivität, Fluktuation, Krankheitstage, soziales Engagement), die die Effizienz gegenüber Lohnerhöhungen mit dem Faktor 8 bis 10 deutlich übertrifft und mittelfristig die Fehltage im Unternehmen deutlich reduzieren hilft. Diese Ansätze sind vielfältig variabel von A wie Arznei/Verbandsmittel bis Z wie Zahnersatzleistungen.
Klar ist: durch diese beiden fokussierten Maßnahmen ergeben sich für HR praktikable Ansätze, die das Fluktuationsmanagement und die Arbeitgeberattraktivität nachhaltig verbessern.
Pmgt.info: Wenn man es zuspitzt, kann man also sagen: da wo der Staat aussteigt, müssen die Unternehmen intelligente Wege finden, ihre Mitarbeiter vor Zinstief und drittklassiger Gesundheitsversorgung zu schützen?
S. Nießen: Mehr denn je wird uns in diesen Zeiten bewusst, dass der Staat funktionierende Basissysteme unterhalten muss und mit viel Steuergeldern ein Grundniveau sicherstellt. Mehr kann und wird es in Zukunft - auch wenn unsere Regierung und die Notenbank derzeit viel Geld in Wirtschaftskreislauf pumpen - nicht sein. Die Mitarbeiter verfügen im breiten mittleren Einkommensbereich, geschweige in den unteren Lohngruppen, jedoch nicht mehr über die entsprechenden finanziellen Mittel um das „add-on“ zu bezahlen. Hier bieten sich den Unternehmern gute Möglichkeiten, ihr Image und ihre Außendarstellung zu verbessern und zu optimieren. Die Mitarbeiter erhalten sinnvolle, bezahlbare und von Staat und Arbeitgeber geförderte Sozialleistungen. Heute sind das wichtige Basics für die Erhaltung der Gesundheit, morgen dienen diese für ein sorgenfreies Leben im Ruhestand.
Pmgt.info: Was ist mit höherer Priorisierung zu bewerten: die GKV-Lücke oder die Rentenlücke?
S. Nießen: Ein alter Kalauer lautet: wer heute nicht an später denkt, der hat im Alter nix zu beißen. Wir würden hinzufügen: bei schlechter Zahngesundheit wäre das ja nicht weiter schlimm. Aber ernsthaft, wir denken das Firmen das Eine tun können ohne das Andere zu lassen. Natürlich denkt der Mensch erst an das Naheliegende und das ist nun mal die Gesundheit. Hier können die Betriebe über die Gesundheitsförderung und die staatlich geförderte betriebliche Zusatzkrankenversicherung mit wenig Aufwand viel bewirken (und auch Mitarbeiter mit Vorerkrankungen kommen zum Zuge). Darüber hinaus bleiben dem Mitarbeiter bei intelligenter Nutzung aller Möglichkeiten genügend Möglichkeiten auch die Rentenlücke anzugehen. Gesundheits- und Altersvorsorge schließen sich keinesfalls (finanziell) aus.
Pmgt.info: Welche Zahlen aus Ihren Erhebungen haben Sie persönlich besonders erstaunt?
R. Weißenfels/S. Nießen: Die durchschnittliche Umsetzung der betrieblichen Altersvorsorge in den Unternehmen. Diese liegt bei ca. 25 Prozent der Mitarbeiterzahl deutlich unter der politischen Erwartungshaltung.
Zudem kennen fast 85 Prozent der Unternehmen nicht die Auswirkungen der Niedrigzinsphase auf die bAV in Ihrem Unternehmen. Die in der Auszahlungsphase der Rente garantierten Rentenfaktoren und deren Bedeutung sind fast 100 Prozent der Unternehmen nicht bekannt.
Die Arbeitsrechtliche Zusage – beitragsorientierte Leistungszusage oder Beitragszusage mit Mindestleistung- die der Entgeltumwandlung zu Grunde liegt kennen übrigens 70 Prozent der befragten Unternehmen nicht.
Immer wieder fällt zudem auf, dass die Unternehmen den Anteil der Frühverrentung aufgrund psychischer Belastung und die damit verbundene Auswirkungen auf die Altersrente enorm unterschätzen.
Insofern können wir nur appellieren, sich in diesen Themenfeldern weiterzubilden und Expertenmeinungen einzuholen, damit die Unternehmen geprüfte und intelligente Mitarbeiterprogramme ins Leben rufen, die mit wenig Ressourceneinsatz praktikabel realisiert werden können.
Die Studie 2020 des dKbAV zu Unternehmenshaftung und finanziellen Vorteilen in verschiedenen Branchen anzufordern über rw@dkbav.de
Know-how: Aufbau und Firmen Know-how und Seminare zu betrieblichen Altersvorsorge unter https://www.dkbav.de/seminare.html
Terminhinweis: Die Jahreskonferenz 2020 findet am 22. Oktober 2020 in Würzburg statt.
Im folgenden Teil 2 des Interviews am 16. Oktober geht es um die Erwartungshaltung von Mitarbeiter bei der bAV und sinnvolle Investition in Gesundheitspakete sowie relevante Kennziffern für strategische Planungen rund um den demografischen Wandel.
ZUR PERSON:
Ralf Weißenfels ist Geschäftsführer der ARGUS pension consult sowie Generalbevollmächtigter des Deutschen Kompetenznetzwerkes für betriebliche Altersversorgung. Der studierte Bankkaufmann widmet sich seit über 30 Jahren dem Thema betriebliche Altersvorsorge und war unter anderem für Jauch & Hübener, Deutscher Herold Lebensversicherung AG, HDI Pension Strategy & Management GmbH, HDI Pensionskasse AG und der HDI Pensionsmanagement AG in leitender Position tätig. Neben seinen Vorstandstätigkeiten bei verschiedenen Versorgungseinrichtungen betreute er als Dozent bei der mit dem Schwerpunkt Unternehmen und Finanzen/Versicherungen Ausbildungseinrichtungen und die betriebliche Weiterbildung. Ralf Weißenfels zählt zu den gefragten Keynote Speakern der Branche und ist als Fachautor für Finanz- und Vorsorgethemen sowie wissenschaftliche Publikationen tätig.
Siegfried Nießen ist Geschäftsführer der ARGUS pension consult mit dem Schwerpunkt der Führungskräfte- und Unternehmerversorgung. Der studierte Versicherungskaufmann war zuvor in leitender Position bei Unternehmen wie Deutscher Herold Lebensversicherung AG, HDI Pension Strategy & Management GmbH und der HDI Pensionsmanagement AG tätig. Er übte verschiedene Vorstandstätigkeiten bei Versorgungseinrichtungen aus, berät Unternehmen hinsichtlich der Arbeitgeber- und Führungskräfteversorgung, ist Fachdozent und schreibt als wissenschaftlicher Fachautor für Fachverlage und Managementmedien.
Zum UNTERNEHMEN
ARGUS pension consult und das Deutsche Kompetenznetzwerk bAV zählen zu den renommiertesten Unternehmen und Kompetenz-Centern für Personalabteilungen, Controlling und Geschäftsführung. ARGUS pension consult unterstützt Firmen und Organisationen dabei im Bereich Employer Branding und Corporate Health zielgerichtete Systeme zu etablieren, dabei Kennzahlen für HR und das Unternehmensreporting zu generieren und die Lücken gesetzlicher Vorsorgeleistungen im Sinne der Arbeitnehmer zu schließen. Dabei werden individuelle und betriebliche Altersvorsorgelösungen analysiert und umgesetzt, die gesetzlich vorgeschriebene psychische Gefährdungsbeurteilung begleitet, Lösungen für die Mitarbeitermotivation integriert und Mehrwerte für die Arbeitnehmermarke generiert. Erfahrene Experten aus dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung (bAV) haben hier ihre Kompetenzen in einem Netzwerk gebündelt, um innovative und maßgeschneiderte Lösungen in allen Bereichen der bAV und der Zeitwertkonten zu bieten. ARGUS pension consult und das Deutsche Kompetenznetzwerk bAV arbeiten unabhängig mit allen relevanten Versicherern und bewährten BGM Partnern zusammen und bieten darüber hinaus den Zugang zu den führenden arbeits- und steuerrechtlichen Experten in Deutschland. Alle Verwaltungsabläufe werden konsequent hinsichtlich der Prozesseffizienz überwacht. Die Begleitung der Employer Branding Lösungen erfolgt bei Analyse und Implementierung über IT-Plattformen, die die internen Prozesse im Unternehmen unterstützen und dabei die relevanten Kennzahlen für Geschäftsführung, CSR, Personalentwicklung, BGM und HR aussagefähig, sicher und rechtskonform generieren.