Strategisch-orientiertes Personalmanagement
engl. : strategic human resource management
Beim strategisch-orientierten Personalmanagement handelt es sich um die explizite Einbeziehung personalwirtschaftlicher Probleme wie auch Möglichkeiten in die strategische Führung eines Betriebes als flankierende personale Steuerungs- und Unterstützungssysteme. Wie Erfahrungen aus der Wirtschaftspraxis zeigen, reichen für eine erfolgreiche strategische Führung rein sachbezogene Instrumente nicht aus. Es mangelt an ausgereiften Führungskonzeptionen und vielfach auch an Qualifikationen der Beteiligten. Flankierende Systeme sind für den Führungsprozess nötig, um diesen Mängeln ausreichend begegnen zu können. Von strategisch-orientiertem Personalmanagement wird hier nur gesprochen, wenn es im Rahmen der strategischen Führung bewusst und systematisch als Variable einbezogen wird. Es erfasst problemorientiert prinzipiell mittel- bis langfristige betriebsinterne Fragestellungen. Das Personalmanagement im Rahmen einer strategischen Führung eines Betriebes sollte als "strategisch-orientiert" bezeichnet werden, ausgehend von folgenden Überlegungen:
- Unter strategischem Personalmanagement wird meist eine auf die Zukunft bezogene, oft nur derivative Beobachtung, Analyse und Planung des qualitativen Personalbedarfs v. a. im Rahmen einer strategischen bzw. langfristigen Personalplanung verstanden.
- Das strategieorientierte bzw. -gerechte Personalmanagement bezieht nur derivative Qualifizierungsmaßnahmen zur Unterstützung der Implementierung bereits formulierter Strategien ein. Es beschränkt sich somit nur auf eine Teilphase der strategischen Führung (s. bspw. das Michigan-Konzept).
- Die Bezeichnung strategisch-orientiert geht über "strategieorientiert" in mehrerer Hinsicht hinaus. Sie ist angebracht, wenn das Personalmanagement tatsächlich als integraler Bestandteil in die Untemehmenspolitik eingebettet ist. Im Rahmen eines Personalmanagements wird ein für eine strategische Führung aktiv und passiv fähiges Mitarbeiterpotenzial bewusst erfasst, qualifiziert und eingesetzt. Die Formulierung "strategisch-orientiert" bedeutet zugleich: So wie strategische Überlegungen im Hinblick auf operative Umsetzungen zu erfolgen haben, sind operative Maßnahmen des Personalmanagements - eigentlich selbstverständlich - auch unter strategischen Aspekten zu planen und durchzuführen.
Die Möglichkeiten des Personalmanagements im Rahmen einer strategischen Führung ergeben sich daraus, dass Handlungsspielräume bei der Formulierung und Implementierung von Strategien zum einen von der Qualität der Personalarbeit selbst und zum anderen von Mitarbeitern und deren vorhandenem sowie genutztem Qualifikationspotenzial abhängen. Qualifikationen können Restriktion und Ausgangspunkt für spezifische Strategieformulierungen und/oder Implementierungen sein. Hier liegt u. a. ein originärer Aspekt des Personalbereiches verborgen. Im Rahmen der Strategieformulierung wird dabei auf die begrenzt vorhandene bzw. besonders (als Erfolgspotenzial) zur Verfügung stehende Qualifikation aufgebaut ("strategy follows qualification"). Es gilt (a) zu klären, inwieweit das Personalmanagement Initiativ- und Unterstützungsbeiträge zur Strategieformulierung und -implementierung leisten kann, (b) zu analysieren, welche Chancen und Probleme das Humanpotenzial und die Personalarbeit strategisch bieten bzw. erwarten können sowie (c) festzustellen, welche personellen Erfolgsfaktoren kritischer als andere sind und wie sie sich entwickeln können (Personal als Potenzial- und/oder Engpassfaktor). Träger sind General-Manager wie Personalleiter und zwar auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen.
Dem Personalmanagement kommen im strategischen Kontext vier grundsätzliche Funktionen zu: (1) Vor Einführung einer strategischen Führungskonzeption sind die Mitarbeiter mit den Besonderheiten einer strategischen Führung, mit den Zielen, mit den Aufgabenstellungen (z.B. Früherkennung) und mit den Instrumenten (z. B. Analysetechniken) vertraut zu machen. Das Personalmanagement ist Bestandteil einer Einführungsstrategie (= Einführungsfunktíon). (2) Während der Praktizierung der strategischen Führung bedarf es zumindest auf den höheren Managementebenen einer Fähigkeit und Bereitschaft zu undogmatischem Denken und zur grundsätzlichen Infragestellung bestimmter, verfolgter strategischer Orientierungen und Strategien. Unabhängig von diesen Vorgaben sollten die Mitarbeiter durch das Personalmanagement für die strategische Führungsphilosophie sensibilisiert und ihnen die Qualifikationen zu strategischem Denken und Verhalten vemittelt werden (= Sensibilisierungsfunktion). (3) Strategieformulierungen erfordern unterschiedliche strategische Orientierungen der Geschäftsbereiche und damit prinzipiell unterschiedliche Qualifikationsprofile der Führungskräfte . Das Personalmanagement soll durch gezielte Maßnahmen die strategische Richtung einer Organisationseinheit und die zu formulierenden Strategien durch Maßnahmen mitbeeinflussen (= Initiativfunktion). (4) Ähnliches trifft für die Strategieimplementierung zu, wenn auch andere Qualifikationsinhalte und Aufgabenstellungen maßgebend sind. Qualifikationen und Qualifizierungen sollen die Implementierung sichern helfen (= Sicherungsfunktion).
Als die wesentlichsten Gestaltungsvariablen des Personalmanagements zur Förderung einer strategischen Führung werden in der Literatur die Personalauswahl, der Personaleinsatz, die Personalentwicklung sowie die Anreiz- und Leistungsbewertungssysteme angesehen. Die genannten Teilsysteme des Personalmanagements determinieren in besonderem Maße die Anwendungsqualität einer strategischen Führung durch die Beeinflussung und Nutzung der personellen Qualifikationskomponenten "Kennen" und "Können" (durch Personalauswahl, -einsatz und -entwicklung) sowie "Wollen" (durch Anreizsysteme und Leistungsbewertungen).