Portfoliomethode
engl. : portfolio method
ursprünglich aus der Kapitalmarkttheorie stammendes Instrument, das dem Anleger einen Überblick über sein investiertes Kapital und Hinweise auf dessen Zusammensetzung, in Abhängigkeit von Ertragskraft und Risiko gewährt.
Nach der Übertragung des Ansatzes auf das allgemeine Management durch Vertreter der Boston Consulting Group, die das Produktportfolio über die Koordinaten Marktanteil und Marktwachstum aufspannten, fand die Methode in allen Managementbereichen Eingang (Macharzina 2002).
Im Personalmanagement ist das bekannteste Portfolio das auf Odiorne (1984) zurückzuführende Leistungs-Potenzial-Portfolio. Dieses wird in Abbildung 1 dargestellt. Dabei werden die aktuelle Leistung (teilweise auch die Bindung) eines Mitarbeiters auf der y-Achse und das vermutete Potenzial eines Mitarbeiters auf der x-Achse abgebildet. Während über die Begriffswahl nach wie vor diskutiert wird, ist das Vorgehen zur Ergänzung beziehungsweise Zusammenfassung der Personalbeurteilung und Personalentwicklung zumindest im nicht mitbestimmten Bereich mittlerweile gängig.
Mit Dead Wood werden Mitarbeiter bezeichnet, die weder aktuell Leistungen bringen, noch Potenzial vermuten lassen. Bei diesen Mitarbeitern wäre zu prüfen, ob sie sich am richtigen Platz, auf der passenden Position befinden und an was die Minderleistung konkret liegt. An der Führungskraft? Am Wollen des Mitarbeiters? Am Können des Mitarbeiters? Entsprechend sind Alternativen zu ergreifen: Behebung der Missstände, Versetzung des Mitarbeiters oder auch die Trennung vom Mitarbeiter. Durch die Ergänzung der Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen als Kriterium kann es sich hier auch um Job Hopper und/oder Zeitarbeitnehmer handeln. In diesen Fällen lohnen sich für das Unternehmen Investitionen eher nicht, da die Mitarbeiter nicht lange im Unternehmen verbleiben.
So genannte Workhorses zeigen dagegen ein exzellentes Leistungsverhalten, weiteres Potenzial wird jedoch nicht gesehen. Die Mitarbeiterbindung (-> Personalbindung) steht bei dieser Gruppe im Fokus, falsche Versprechungen für die Zukunft sollten aber vermieden werden. Betrachtet man zudem den Aspekt der Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen, findet sich in diesem Quadranten eine Mitarbeitergruppe, die eine tragende Säule des Unternehmens bildet.
Genau zu beobachten und eventuell gezielt zu fördern sind Mitarbeiter mit hohem Potenzial, aber aktuell geringem Leistungsverhalten, bezeichnet als Question Marks. Sollte sich allerdings das Leistungsverhalten langfristig nicht ändern, muss auch die Potenzialeinschätzung in Frage gestellt werden. Ebenso muss sich unter dem Aspekt der Bindung noch herausstellen, ob aus diesen Personen loyale Mitarbeiter werden oder ob sie das Unternehmen bald wieder verlassen.
Auf die Stars ist das besondere Augenmerk zu richten, denn bei diesen Mitarbeitern stimmt die aktuelle Leistung, darüber hinaus wird ihnen noch weitergehendes Potenzial zugesprochen. Ebenso ist die Bindung der Mitarbeiter relativ hoch.
Neben der individuellen Betrachtung ist für das Personalmanagement des Unternehmens zudem der Gesamtüberblick über eine Abteilung, einen Bereich oder eine hierarchische Ebene wesentlich (Fopp 1982). Häufungen in den unteren zwei Quadranten sind jeweils besonders kritisch zu betrachten und zu hinterfragen: Stimmen die Verfahren der Leistungs- und Potenzialbeurteilung? Sind einzelne Führungskräfte mit ihrer Arbeit oder mit der Beurteilung überfordert? Wurde eine Abteilung besonders schnell aufgebaut und eine gute Einarbeitung versäumt?
Ein weiteres bekanntes Portfolio des Personalmanagements ist das Arbeitsmarktportfolio (Macharzina 2000, Freund, Knoblauch und Eisele 2003). Auf der y-Achse wird die Stärke des jeweils relevanten Arbeitsmarktsegmentes abgebildet. Der Arbeitsmarkt wird dabei als stark (schwach) bezeichnet, wenn die Qualifikationsentwicklung aufgrund von Bildungsabschlüssen hoch (gering) ist, der gewerkschaftliche Organisationsgrad und die Arbeitsgesetzgebung (weniger) restriktiv sind und Karriereerwartungen (wenig) ausgeprägt. Einen starken (schwachen) Arbeitsmarkt findet man zum Beispiel bei qualifizierten Spezialisten mit langjähriger Berufserfahrung (angelernten Aushilfskräften). Auf der x-Achse wird die relative Unternehmensstärke abgetragen. Eine starke (schwache) Position hat das Unternehmen, wenn in Zukunft nur wenige (sehr viele) Mitarbeiter des entsprechenden Segments vom externen Arbeitsmarkt benötigt werden, das Unternehmen gegenüber seiner Konkurrenz ein (weniger) attraktives Leistungsangebot bieten kann oder/und dem Unternehmen viele (wenige) alternative Möglichkeiten zur Verfügung stehen. In das Portfolio werden dann einzelne Mitarbeitergruppen (bspw. Fachexperten, Absolventen bestimmter Studienrichtungen, Teilzeitmitarbeiter oder Top-Management) übertragen.
Je nach Positionierung (-> Profilierungsfunktion) werden folgende strategische Stoßrichtungen empfohlen:
- Widerstandsstrategie: Durch Einsatz von Machtmitteln, Ausweichen und Abwandern, wenn die relative Stärke des Arbeitsmarktes gering und die Unternehmensstärke hoch ausgeprägt ist.
- Anpassungsstrategie: Durch Kompromissbildung und (symbolische) Erfüllung von Forderungen, bei einem starken Arbeitsmarkt und geringer Unternehmensstärke.
- Antizipationsstrategie: Durch Förderung von neuen Strukturen über das Unternehmen hinaus und prospektive Maßnahmen innerhalb des Unternehmens bei den jeweils mittleren Ausprägungen.
Die Portfolio-Methode ist vielseitig einsetzbar, wie ein Beispiel aus dem Personalmarketing zeigt: Auf den Achsen wird auf der y-Achse die - über die Befragung geschätzte - Relevanz der eingesetzten Maßnahmen des Personalmarketings (z. B. Angebot von Praktika und Diplomarbeiten, Messebesuche, Stipendienvergabe) abgebildet. Auf der x-Achse steht die Nutzungsintensität im Unternehmen. Erscheinen Maßnahmen im linken unteren Quadranten, das heißt haben sie eine geringe Relevanz bei der Zielgruppe, aber hohe Nutzungsintensität im Unternehmen, ist die Einschränkung der Intensität zu empfehlen. Dagegen sollte mehr in Maßnahmen im linken oberen Quadranten investiert werden. Denn hier wird vom Unternehmen bislang - trotz höherer Erfolgswahrscheinlichkeit - zu wenig getan.
So kann mit der Methode in vielen Fragestellungen ein strukturierter Überblick geschaffen werden. Dieser eignet sich gut als Grundlage, um generelle Handlungsrichtungen zu diskutieren, zu beurteilen und zu wählen.