Organisationales Lernen
engl. : organizational learning
Organisationales Lernen ist in der Lerntheorie ein eher unscharf verwendeter Begriff und zwar vor dem Hintergrund, ob Lernen einer Organisation überhaupt möglich ist. Im allgemeinen Verständnis handelt es sich um eine Metapher, die für den Übergang von individuellem Wissen (Werte, Annahmen u. a.) auf andere Organisationsmitglieder insofern gelingt, als dass dann gemeinsames Wissen mit betrieblichen Folgen vorliegt. Durch die Wechselwirkung von lernenden Personen und Lernender Organisation entsteht ein Wissensspeicher des Betriebes. Er enthält Facetten, die nicht allen Organisationsmitgliedern bekannt sind. Ziel des organisationalen Lernens ist aber weniger dieses Ergebnis als vielmehr der Lernprozess, der zur Organisationsentwicklung (i. S. verbesserter Handlungskompetenz) beitragen soll. Als solches ist es eingebettet in ein Wissensmanagement. Die Prozesse des organisationalen Lernens unterscheiden sich von individuellen Lernprozessen und auch von Betrieb zu Betrieb. Lernen wird dabei i. d. R. als Austauschprozess verstanden.
Der Austausch- resp. Lernprozess zwischen Betrieb und Umwelt findet nach March/Olsen mit Personen statt, die zwar intentional rational, aber auf Basis unvollständiger Informationen, unklarer Präferenzen und unsicherer Entwicklungen handeln. Lernprozesse sind keine objektiven Vorgänge. Sie sind vielmehr durch unterschiedliche Interpretationen im interaktiven Prozess zwischen Umwelt, Betrieb und Person geprägt. Ein Kreislauf von suboptimalen Einschätzungen, Überzeugungen, Verhaltensweisen, Kommunikationen u. a. führt zu Lernen. Ein Entscheidungszyklus sieht wie folgt aus: (1) Zunächst beeinflussen Wahrnehmungen und Präferenzen das individuelle Verhalten. (2) Das Verhalten der Personen determiniert danach das organisatorische Wahlverhalten. (3) Diese entsprechenden Handlungen wiederum beeinflussen Umwelthandlungen. (4) Von diesen gehen Einflüsse auf die individuellen Kognitionen und Präferenzen aus. Siehe hierzu Abb. 0-2. Eine präzise Steuerung des organisationalen Lernens ist nach dieser Auffassung nicht möglich.
Daneben wird der Austausch- resp. Lernprozess zwischen Individuen und Organisation u. a. von Argyris/Schön thematisiert. Demnach entsteht organisationales Lernen durch die Entstehung und Verbreitung sog. Handlungstheorien. Verschiedene Lernformen werden thematisiert: Single-loop-learning, Double-looplearning und Deutero-learning. (Siehe auch die Abb. 0-3):
- Single-loop-learning: Lernen findet hier wie folgt statt: Mitarbeiter eines Betriebes reagieren auf internen und externen Wandel insoweit, als dass sie ihre Handlungsstrategien ändern, wenn diese nicht mehr zu den erwarteten Ergebnissen führen. Diese Lernprozess funktioniert dabei wie bei einer thermostatgesteuerten Maschine (i. S. v. Anpassungslernen).
- Double-loop-learning stellt dagegen eine Lernform dar, bei der das "mismatch" zwischen realen und erwarteten Konsequenzen zu einer Entwicklung der Zielvorstellungen führt. Gerade in sich verändernden Welten ist die Fähigkeit zur Infragestellung des Gewohnten und ein Lernen zu einem adäquateren Ziel stärker gefragt. Gleichzeitig kann so die Voraussetzung für ein effizientes Single-loop-learning geschaffen werden.
- Mit Deutero-learning ist schließlich die Fähigkeit von Betrieben angesprochen, ihre Lernfähigkeit selbst zu verbessern. Die Reflektion der Lernprozesse in einem weiteren Sinne hinsichtlich fördernder und hindernder Determinanten sowie ineffizienter Phasen kann zu diesem organisationalen Lernen führen.