Iowa-Studies

Eine verbreitete Typologisierung von Varianten des Führungsstils bildete die Basis für Experimente, die von Lewin/Lippitt/White 1938-40 an der University of Iowa an Kindern durchgeführt wurden. Dabei sollte die Wirkung unterschiedlicher Führungsverhaltensweisen von Erwachsenen auf aggressives und feindseliges Verhalten von Kindern untersucht werden, die sich in Gruppen zu Bastelarbeiten trafen. Die Führungsstile wurden unter der Perspektive "Mitarbeiterführung" unterschieden in:

  1. Autoritäre Führung (authoritan leadership). Bei der autoritären Führung bestimmt der Führende die Regeln für die Handlungs- und Kommunikationsprozesse; in seiner Hand liegen Planung und Kontrolle der Arbeitsorganisation, das Erlassen von Durchführungsbestimmungen. Handlungsvollmacht bezieht er aus seiner Stellung im hierarchischen System.
  2. Demokratische Führung (democratic leadership). Die demokratische Führung ist gekennzeichnet durch Delegation von Entscheidungsbefugnissen: Die Gruppenmitglieder sind aktiv am Prozess der Willensbildung beteiligt. Der Führende stellt Informationen bereit, fungiert als Initiator und Aktivator, er greift in Interaktions- und Handlungsprozesse nur ein, soweit er dabei ermutigend, unterstützend und/ oder richtungsgebend wirken kann.
  3. Laissez-faire-Führung (laissez faire leadership). Die dritte Variante, die Laissez-faire-Führung, entstand ungeplant, wurde aber trotzdem in die Forschung einbezogen, nachdem einem Erwachsenen die Gruppenführung entglitten war: Der Führende greift in die Handlungsprozesse der Gruppe nicht ein. Er stellt lediglich die sachlichen Arbeitsbedingungen bereit. Die Gruppe und ihre Mitglieder haben völlige Aktionsfreiheit: Ziele, Entscheidungen, Kontrolle, Interaktionsbeziehungen und Arbeitsorganisation bestimmen sie selbst. Von Führung im eigentlichen Sinne kann man hier aber nicht sprechen.

Diese Führungsstil-Varianten wurden auch in vielen späteren Untersuchungen zu diesem Phänomen zugrundegelegt; die Iowa-Experimente sind der historische Ausgangspunkt der gesamten empirischen Führungsforschung geworden. Unter Zugrundelegung von Effizienzkriterien sind die Ergebnisse der Iowa-Studies und der darauf aufbauenden Folgeuntersuchungen die folgenden:

  • Hinsichtlich der Arbeitsproduktivität ist weder die demokratische noch die autoritäre Führung eindeutig überlegen, wenngleich zumeist wenig über die Art der Aufgaben ausgesagt wurde. Jedenfalls zeigten sich bezüglich der Arbeitsquantität keine deutlichen Unterschiede, wenngleich die Kinder unter autoritärer Leitung etwas mehr arbeiteten. Unter demokratischer Führung war jedoch die Motivation zur Arbeit stärker, was vielleicht eine Erklärung für die bessere Qualität (im Hinblick auf Originalität) der Arbeiten ist.
  • Dagegen zeigte sich, dass demokratische Führung im Allgemeinen zu einer höheren Zufriedenheit der Gruppenmitglieder führte. In autoritär geführten Gruppen waren mehr Feindseligkeit, Aggression und Unzufriedenheit zu beobachten. In den demokratisch geführten Gruppen dagegen wiesen freiwillig gebildete Untergruppen einen stärkeren Zusammenhalt auf, waren größer und überdauerten länger. Gruppenbezogene und freundliche Äußerungen sowie gegenseitiges Lob traten bei diesen Gruppen häufiger auf.
  • Unter den Laissez-faire-Bedingungen waren die Gruppen sowohl weniger leistungseffizient (die Kinder arbeiteten weniger und weniger gut) als auch unzufriedener als bei demokratischer Führung. Darüber hinaus waren sie schlechter organisiert und zeigten mehr Anzeichen von Entmutigung, Frustration und Aggression.

Einige Punkte sind zu den Iowa-Studies kritisch anzumerken. So v.a., dass die begriffliche Unterscheidung von autoritärer und demokratischer Führung werturteilsbeladen war, dass die Produktivität subjektiv eingeschätzt wurde und dass es sich um eine Laborstudie an Kindern handelte. Eine Übertragung der Ergebnisse auf Wirtschaftsbetriebe ist damit nur sehr bedingt möglich.