eHRM Implikationen
Folgen des eBusiness und die Folgen für das Humanressourcen-Management, die seit den 1990er Jahren, spätestens seit 2000 immer deutlicher spürbar sind.
Der Einzug der eHRM zieht verschiedene Konsequenzen nach sich. Zum einen ergeben sich für das Humanressource-Management neue Funktionalitäten und Instrumente, zum anderen entstehen auch Probleme mit der Einführung der neuen Technologien. Darüber hinaus lassen sich auf einer nachgelagerten Ebene weit reichendere Konsequenzen für das Humanressourcen-Management konstatieren.
Neue Funktionen und Instrumente finden ihren Niederschlag in so genannten HR-Portalen. Diese werden in jeweils spezifischer Ausprägung sowohl von Personalmanagern als auch von Mitarbeitern und Führungskräften aus der Linie genutzt, wobei es teilweise zu der Verknüpfung von Funktionalitäten kommt. Besonders früh hat das eHRM im Form von eRecruiting in den Unternehmen Einzug gehalten, mit Elementen wie Online-Jobbörsen (® Internet-Jobbörse) oder Online-Assessments. Ein weiterer Baustein ist eLearning und hier vor allem die Unterform des Web-Based-Training, das heißt die Möglichkeit des Lernens mithilfe der Internet-/Intranet-Technologie.
Von herausragender Bedeutung ist jedoch die Idee des Employee Self Service (ESS). Hier nehmen Mitarbeiter nicht nur personalwirtschaftliche Verwaltungsaufgaben in die eigene Hand (z. B. Stammdatenpflege, Seminarplanung und Zeiterfassung), sondern partizipieren auch verstärkt an personalwirtschaftlichen Maßnahmen bezüglich der eigenen Person. Das Gegenstück des ESS ist der so genannte Manager Self Service (MSS), über den Führungskräfte ihre personalwirtschaftlichen Aufgaben, etwa die Analyse von Abwesenheiten oder von Personalstrukturen, wahrnehmen können. Ein etwas neuerer Trend ist die Ergänzung der HR-Portale um Elemente des Wissensmanagement, wodurch nicht nur vorhandenes Wissen vernetzt, sondern auch neues Wissen generiert werden soll.
Neue Probleme betreffen zunächst die häufig fehlende Gesamtstrategie für das eHRM bei der Einführung fehlt. Der Grund dafür ist, dass die Einführung in Regel stark software- und damit anbietergetrieben ist. Die Implementierung einer bestimmten Software erfolgt entgegen der Ankündigung meist ohne vorherige Analyse und entsprechender Berücksichtigung der bestehenden HR-Prozesse. Eine systematische Optimierung der HR-Prozesse findet deshalb selten satt. Folge dieses Vorgehens sind standardisierte, aber eben nicht optimierte HR-Prozesse, die individuelle und historisch gewachsene Besonderheiten des unternehmerischen Humanressourcen-Managements nicht abbilden können. Aufgrund dieser Schwäche im Vorgehen, aber auch aus anderen Gründen, ergeben sich bei der Einführung von eHRM erhebliche Widerstände seitens der Personalmanager, der Mitarbeiter, der Personalvertretungen und auch seitens der Führungskräfte der Linie. Dies ist nicht weiter erstaunlich, da gerade im Umgang mit personalwirtschaftlichen Themen die Einführung von neuen Technologien kritisch betrachtet wird. Die Sorge um Datensicherheit und -schutz sowie die Angst vor zuviel Transparenz mögen hierfür Gründe sein. Auf Seiten der Personalmanager wird hingegen manchmal der Verlust von Verantwortlichkeiten und damit von Einflusspotenzialen befürchtet.
Weitreichende Auswirkungen auf das Personalmanagement betreffen die folgenden Punkte:
- Operative Verbesserungen bei gleichzeitiger Strategieorientierung: Es gibt einige Hinweise darauf, dass eBusiness das Humanressourcen-Management tatsächlich operativ verbessert, indem die verwaltenden Prozesse stark vereinfacht und standardisiert werden. Die dadurch freigesetzten Ressourcen führen wiederum dazu, dass das Humanressourcen-Management sich stärker in strategischen Themen engagieren kann. Man spricht deshalb vielerorts, wie zum Beispiel Wollschläger (2000) von einem Trend vom Verwalter zum Service- und Strategiepartner. Umgekehrt hält jedoch mit dem eBusiness eine verstärkte und negativ zu bewertende Bürokratisierung im Humanressourcen-Management Einzug.
- Kostensenkung: Eine weitere Folge sind die Kostensenkung und Beschleunigung bei den HR-Prozessen. Dies liegt in der Standardisierung und Dezentralisierung der Prozesse und in einer weitgehenden Vermeidung von Doppelarbeit begründet. Anbieter von eBusinesslösungen für den Personalbereich sprechen davon, dass das zahlenmäßige Verhältnis von HR-Mitarbeitern zu Gesamtmitarbeitern stark sinkt. Dem ist entgegenzuhalten, dass - gerade bei Einführung von ESS-Systemen - ein Teil der Arbeitszeit von Mitarbeitern und Führungskräften in der Linie neuerdings mit personalwirtschaftlichen Aufgaben belegt ist. Die Rechnung, dass HR-Kosten je Mitarbeiter sinken, ist also zu relativieren. Darüber hinaus gilt es, das gestiegene IT-Budget im HR-Budget (-> Budget) mit zu berücksichtigen.
- Erhöhung der Dienstleistungsqualität: eBusiness im Humanressourcen-Management verspricht ferner eine höhere Dienstleistungsqualität und damit Mitarbeiterorientierung, eine Erhöhung der Transparenz und Genauigkeit der Personaldaten sowie die permanente Erreichbarkeit des Humanressourcen-Management. Es sollte aber nicht geleugnet werden, dass damit gleichzeitig auch eine Entpersonalisierung verbunden ist.
- Veränderung der Organisation: Veränderungen im Humanressourcen-Management sind auch in organisatorischer Hinsicht zu erwarten, wenn auch kaum exakt zu prognostizieren. Die Verortung des Humanressourcen-Management wird sich insbesondere durch Employee- und Manager Self Service in Richtung Dezentralisierung verschieben. Führungskräfte und Mitarbeiter werden zum Träger eines Humanressourcen-Management, das lediglich durch die vorhandenen Systeme und Funktionalitäten gesteuert wird. Eine derartige fast virtuelle Personalabteilung entspricht in ihren Grundzügen dem Trend zur Ich-AG beziehungsweise Selbst-GmbH (-> Arbeitskraftunternehmer) und der Suche nach lebenslanger Employability. Umgekehrt wird bewährtes personalwirtschaftliches Know how in Systeme verlagert und durch Standard-Software abgebildet, wodurch es gegebenenfalls auch zu einer Entflexibilisierung (-> Flexibilisierung) des Humanressourcen-Managements kommen kann.
- Veränderung des Stellenwerts: Für das Unternehmen bedeutet eHRM, dass dadurch die Integration neuer Partner - insbesondere bei standardisierten HR-XML - erleichtert wird. Auch die technische Integration in Enterprise Resource PlanningTools/Software wird ermöglicht. Dieser Trend führt allerdings auch zu einer Erleichterung des Outsourcing vieler Teile des Humanressourcen-Management. So gesehen könnte eine Folge des Einzugs von eBusiness auch ein Verschwinden des Humanressourcen-Managements in die Bedeutungslosigkeit bedeuten. Wahrscheinlicher ist jedoch eine Verschiebung der personalwirtschaftlichen Tätigkeiten in Richtung eines strategischen Partners.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass - analog zum eLearning - die zunächst vorhandene Euphorie bezüglich eHRM von der Idee eines Blended Humanressourcen-Management abgelöst zu sein scheint. New and Old Economy verschmelzen also auch im Humanressourcen-Management. Selbst wenn das eBusiness wesentliche Veränderungen im Humanressourcen-Management bewirkt, so können Unternehmen auch in Zukunft nicht auf herkömmliche personalwirtschaftliche Kompetenzen verzichten. Es wird allerdings Aufgabe des Humanressourcen-Management sein, sich in Zukunft in geeigneter Weise unternehmerisch zu positionieren. Dies schließt die Nutzung des eHRM ein, bedeutet eine Rückbesinnung auf klassische Kompetenzen und meint aber auch die Erschließung neuer Tätigkeitsfelder.