Vergütung im Außendienst: Was ist bei der Einführung auf ein neues System zu beachten?

Die Einführung einer neuen Vergütung im Außendienst ist sowohl für die Mitarbeitenden als auch für das Unternehmen stets eine knifflige Angelegenheit. Zu viele Unternehmen halten noch an tradierten, meist unwirksamen Vergütungssystemen fest, weil sie befürchten, dass die Mitarbeitenden bei der der Umstellung auf eine neue Vergütung im Außendienst nicht mitziehen, dass das neue System Ungerechtigkeiten aufweist, dass aus arbeitsrechtlicher Sicht Fehler begangen werden etc.

Im Folgenden werden die 7 misslichsten Stolperfallen aufgezeigt, die bei der Einführung einer neuen Vergütung im Außendienst unbedingt vermieden werden sollten, um das neue Konzept nicht von Beginn an zum Scheitern zu verurteilen.

1. Ein unsensibles Vorgehen

Es gibt erfahrungsgemäß bzgl. der alten, bislang praktizierten Vergütung im Außendienst ein großes Beharrungsvermögen – mehr auf Seiten der Mitarbeitenden als auf Seiten des Unternehmens. Das bislang angewandte Vergütungskonzept ist über Jahre vertraut, die Skepsis gegenüber einer neuen Vergütung dagegen oft sehr groß.

Dieses Misstrauen wird nur aufzulösen sein, wenn die Mitarbeitenden (ebenfalls die Betriebsräte) in das Projekt der Entwicklung der neuen Vergütung im Außendienst einbezogen werden. Mitarbeitende und Betriebsräte erfahren dabei, dass es nicht etwa darum geht, den Mitarbeitenden „etwas wegzunehmen“, sondern dass es vielmehr darum geht, den Vertrieb über die neue Vergütung intelligent zu steuern und positive Leistungen zu stimulieren. Ferner können die Mitarbeitenden eigene Gedanken und Anregungen in den Entwicklungsprozess einbringen.

2. Mitarbeitende werden nicht abgesichert

Mitarbeitende sehen sich durch die neue Vergütung im Außendienst erfahrungsgemäß einer gewissen Bedrohung ausgesetzt. Deshalb sollten die Mitarbeitenden mit Umstellung auf eine neue Vergütung im Außendienst eine Absicherung für eine Übergangszeit erhalten: Sie können nach dem neuen Vergütungsmodell schon mehr verdienen, jedoch nicht weniger, als sie nach der alten Vergütung verdient hätten. Dabei handelt es sich um eine wichtige Maßnahme, die die Akzeptanz des neuen Vergütungssystems deutlich fördert. Diese Absicherung erfolgt in aller Regel für die Dauer von ein bis zwei Jahren.

Siehe folgendes Video: www.youtube.com/watch

3. Besitzstände werden missachtet

Üblicherweise stellt man die Mitarbeitenden besitzstandswahrend auf eine neue Vergütung im Außendienst um. Damit ist Folgendes gemeint: Der Mitarbeitende verfügt zum Zeitpunkt der Umstellung auf die neue Vergütung über ein bestimmtes effektives Jahreseinkommen (=Besitzstand, z.B. 71.000 €). Die Umstellung auf das neue Vergütungssystem erfolgt nun so, dass dieser Besitzstand des Mitarbeitenden eingehalten wird. Damit vollzieht sich die Umstellung auf die neue Vergütung im Außendienst aus Sicht der Mitarbeitenden einkommensneutral, aus Sicht des Unternehmens kostenneutral.

4. Falsche variable Einkommensanteile

Die variablen Einkommensanteile müssen groß genug sein, um damit motivieren zu können. Mitarbeitende im Außendienst reagieren auf variable Vergütung erst dann, wenn der variable Einkommensteil über 15% liegt. Ein variabler Einkommensanteil von 30% ist üblich. Aber er sollte auch nicht zu hoch sein: Bezüglich der Höhe des variablen Einkommensanteils teilen immer mehr Arbeitsgerichte die Auffassung, dass dieser 30% des Gesamteinkommens nicht überschreiten sollte. Dem liegt die Auffassung zugrunde, dass angestellte Mitarbeitende Verlässlichkeit und Berechenbarkeit ihres Einkommens brauchen. Ein hoher variabler Einkommensanteil im Rahmen der Vergütung im Außendienst würde dem entgegenstehen.

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5. Änderungskündigungen werden ausgesprochen

Eine neue Vergütung im Außendienst kann nur im gegenseitigen Einvernehmen  eingeführt werden. Viele Unternehmen sind der Überzeugung, dass für die Einführung einer neuen variablen Vergütung Änderungskündigungen ausgesprochen werden müssen. Genau dieses wäre aber arbeitsrechtlich nicht durchsetzbar, darüber hinaus würde man der Sensibilität des Themas nicht gerecht werden. Das natürliche Misstrauen, das Mitarbeitende gegenüber einer Umstellung auf eine neue Vergütungsform entwickeln, würde dadurch noch gefördert werden.

6. Insellösungen werden geschaffen

Klassische Vergütung im Vertrieb beschränkte sich in aller Regel auf den Außendienst. Moderne Vergütungssysteme zeichnen sich dadurch aus, dass alle Mitarbeitenden, die Einfluss auf den Vertrieb haben, in die variable Vergütung einbezogen werden (z.B. Innendienst, Service, Produktmanagement = alle vertriebsnahen Bereiche). Dabei ist darauf zu achten, dass Leistungskriterien vergütet werden, die sich gegenseitig unterstützen und nicht behindern. So wird sichergestellt, dass die Mitarbeitenden eines Unternehmens auch wirklich an einem Strang ziehen.

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7. Die Vergütung im Außendienst ist langweilig

Die klassische Vergütung im Außendienst, die mit Provisionen arbeitet, pflegt ausgesprochen langweilige Vergütungsmuster, das Sattheitsverhalten im Verkauf wird eher gefördert als verhindert. Da die Provision ab der ersten Einheit Umsatz, Deckungsbeitrag etc. vergütet, wird die ehemalige Aufbauleistung des Mitarbeitenden jährlich immer wieder aufs Neue vergütet. 90% der Provision verpufft für die Standard- oder Basisleistung (das „Grundrauschen“), nur 10% der Provision bleibt übrig, um eine anspruchsvolle Leistung (die Leistungssteigerung) zu vergüten. Mehrleistung lohnt sich für die Mitarbeitenden nicht mehr wirklich, die Vergütung im Außendienst wird zur Wirkungslosigkeit verurteilt.

Moderne Vergütung im Außendienst hat einen völlig anderen Zuschnitt: Sie konzentriert sich auf den eigentlichen Leistungsbereich, der im aktuellen Jahr in Frage steht und vergeudet die Mittel nicht für Vergangenheitsleistungen bzw. das Grundrauschen. Durch Konzentration der variablen Vergütung auf den eigentlichen Leistungsbereich der Mitarbeitenden laufen die Vergütungskurven steil. Die variable Vergütung im Außendienst wird dadurch ausgesprochen spannend.

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Dr. Heinz-Peter Kieser ist seit 1987 selbstständiger Unternehmensberater und seit 1990 Inhaber des Beratungsunternehmens Dr. Finkenrath  Dr. Kieser + Partner.  Die Schwerpunkte seiner Beratungstätigkeit liegen in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Controlling. Spezielles Aufgabengebiet ist die Einführung von leistungsorientierten Vergütungskonzepten im Vertriebs-Außendienst und -Innendienst sowie in weiteren Unternehmensbereichen. Insgesamt wurden rund 900 Unternehmen auf neue Vergütungssysteme umstellt. Dr. Kieser ist Autor des Buchs „Variable Vergütung im Vertrieb“.