Spezialisierung kontra Vielseitigkeit
"Schuster bleib bei deinen Leisten!"
Leisten? Viele wissen um die Bedeutung dieser hölzernen Formen nicht mehr. Das Sprichwort besagt, es sei besser, das zu tun, wo man sich seit jeher gut auskennt. Doch ist heutzutage nicht das Einzige was sich verändert die Veränderung?
Die Schuhbranche veränderte sich langsam. Die Computerbranche definiert sich alle paar Monate neu.
Weltwissen verdoppelt sich zurzeit alle drei Jahre. Macht es da noch Sinn auf Vielseitigkeit zu setzen, wo sich alle Welt spezialisiert?
Es folgt eine Gegenüberstellung in Form von Parallelismen:
- Die SpezialistInnen haben ein tiefes Verständnis für ihr Arbeitsgebiet ... die Vielseitigen haben ein breites Verständnis für die Gesamtsituation.
- Die Einseitigen setzten auf ein einziges Pferd und freuen sich wenn es gewinnt ... die Vielseitigen haben mehrere Standbeine und befürchten weniger wenn eines wegbricht.
- Die ExpertInnen beraten in ihrem Bereich professionell ... die Vielschichtigen schaffen selbst die rundum Betreuung.
- Die SpezialistInnen haben vermeintlich weniger Aufwand ... die Universal-Typen arbeiten angestrengt parallel.
- Fach-Profis sind auf das Segment fixiert ... die Facettenreichen reagieren flexibel offen.
- Die SpezialistInnen schöpfen explizit aus ihrem Fach ... die Vielseitigen verbinden das eine mit dem anderen und beschreiten neue Wege.
Wer von beiden ist nun besser? Wohl keiner von beiden. Die Kombination scheint ideal. Nur einseitig übertriebene Formen klingen amateurhaft: "Fachidiot" kontra "oberflächlicher Multilateraler".
Visionäre sind stets Spezialisten ihres Fachgebietes und vielseitig-kreativ!
Leonardo da Vinci war ein grandioses und außergewöhnliches Beispiel. Er hat sich auf unglaubliche 13 Gebiete spezialisiert. "Er war zu seiner Zeit wohl die größte Kapazität in jeder der folgenden Disziplinen: Malerei, Skulptur, Physiologie, allgemeine Naturwissenschaften, Architektur, Mechanik, Anatomie, Physik, Erfindung, Meteorologie, Geologie, Ingenieurwesen und Luftfahrt. Statt diese verschiedenen Gebiete getrennt zu entwickeln, kombinierte er sie." (Kopftraining, Tony Buzan)
Der Schlüssel ist lebenslanges Lernen. Es gibt so viel zu entdecken! Ich persönlich bin ein unglaublich neugieriger Mensch.
Nichtsdestoweniger ist es wichtig genau hinzuschauen: Analyse und tief in die Materie eintauchen.
Hatten Sie in Ihrer Ausbildung auch solche LehrerInnen - Koryphäen ihres Gebietes, absolute Kapazunder - aber leider pädagogisch, methodisch und didaktisch katastrophal?
Andererseits kennen Sie die Lehrenden oder TrainerInnen, die sogar ein trockenes Thema zum Leben erwecken? Die Kombination aus zwei Disziplinen macht den Unterschied!
Wer für ein kreatives Produkt (Ergebnis) eine kreative Arbeitsgruppe zusammenstellt, versammle doch zur Abwechslung einen Bäcker, eine Frisörin, einen IT-Techniker, eine Psychologin, einen Tischler, eine Ärztin und einen Gärtner rund um einen Tisch. Das Ergebnis wird erstaunlich erfrischend und einzigartig!
Einige persönliche synergetische Erfahrungen:
- Kenntnisse im Zeichnen und Malen helfen beim Skizzieren von plakativen, humorvollen und einprägsamen Flip Charts.
- Das gute Gefühl selbst möglichst alles im Griff zu haben, nützt dabei andere in der Selbstführung zu bestärken.
- Schnelllesetechniken (SpeedReading) helfen dabei, die persönliche Infoflut und die der anderen besser einzuordnen und abzufangen.
- Vernetztes (radiales) Denken durch MindMapping ergeben die anschaulichsten und nützlichsten Projekt-Netzpläne im Projektmanagement.
- Eigene Erfahrungen in der Akquise und in Beratungsgesprächen sind gut auf Vertriebsthemen anderer übertragbar.
- Jahrelange Gesangserfahrung (Band, Chor) hilft in der Atmung und Kraft der Stimme bei Vorträgen und Seminaren.
- Das große Interesse an Gehirnforschung und Psychologie hilft zu verstehen, was z.B. beim Lernen, Merken, Präsentieren und Verkaufen wirklich funktioniert.
- Persönliche (auch innerfamiliäre) Beziehungen und Konflikte helfen dabei, das Leben in beruflichen Beziehungen klarer zu sehen.
Der Meister seines Faches hat stets große Achtung und höchsten Respekt verdient! Darüber hinaus formulierte Da Vinci Grundsätze für die Entwicklung eines vollständigen Geistes:
- Studiere die Kunst der Wissenschaft
- Studiere die Wissenschaft der Kunst
- Entwickle deine Sinne - lerne vor allem zu sehen
- Erkenne, dass alles mit allem verbunden ist
War er deshalb fehlerfrei? Leider benutzte Da Vinci selbstgemischte Temperafarben und Kunstwerke waren schon bald dem Verfall preisgegeben. Selbst der Experte ist nicht immer perfekt. Doch immerhin befassen sich Restauratoren auch noch 500 Jahre später mit seinem Nachlass!
Die Schlüsselkompetenz für vielseitige Spezialisten:
Hören Sie nie auf neugierig zu sein. Setzen Sie auf vertrauenswürdige Mentoren. Erweitern Sie Ihren Horizont. Schauen Sie genau hin. Entdecken Sie wie eines das andere in der Praxis ergänzt. Ein Plädoyer für lebenslanges Lernen aus Leidenschaft!
©Axel Santer, TRAINTRAIN