Risiken minimierende Restrukturierung

Personalplanung in der Krise

Wenn wir in dieser Unterlage überwiegend in der männlichen Wortform schreiben, so geschieht das ausschließlich zum Zwecke der leichteren Lesbarkeit und spricht gleichermaßen Frauen und Männer an.

Die Finanzkrise zieht nach wie vor ihre Kreise, fast alle Unternehmen sind vielfältig beeinflusst. Die dadurch ausgelösten Veränderungen nehmen einen steigenden Stellenwert ein und fordern das Management heraus. Bei näherer Betrachtung geht es dabei überwiegend um Restrukturierungs-vorhaben. Diese Restrukturierung ist Spiegel und Werkzeug der aktuellen wirtschaftlichen Situation.

Personalwirtschaftliche Standardmaßnahmen werden heute schnell zu Restrukturierungs-Kaskaden verknüpft: Zuerst werden die Zeitkonten abgebaut und Zeitarbeiter entlassen, dann folgt die Kurzarbeit. Sollte das alles nicht ausreichen, droht Personalreduzierung. Hört man sich in den Unternehmen um, dann dominiert der Eindruck, dass viele (zu viele?) Manager die Restrukturierung vor allem nutzen, um schnell Fix-Kosten durch Personalabbau zu senken. Und dies ohne zu bedenken, dass mit den Humanressourcen nahezu zwangsläufig auch Kunden abspringen und Umsätze sinken werden. Führt eine Kostenreduzierung über die gesunkenen Umsätze dann zur nächsten, werden auch noch die letzten Handlungsspielräume riskiert. Das Unternehmen steht so ungewollt, aber folgerichtig am Abgrund „Liquidation“ oder wird Opfer einer ungeplanten Übernahme.

Der aus einer qualitativen Sicht ungeprüfte Personalabbau, so positiv er sich -oberflächlich betrachtet- buchhalterisch niederschlägt, ist höchst riskant und damit das letzte Mittel, Krisenbewältigung zu leben. Oder plakativ gesagt: so gemanagt ist er eher ein Zeugnis unternehmerischen Versagens.

In der Krise 2009 zu handeln heißt, die Restrukturierungsmaßnahmen intelligenter anzugehen, als dies in den letzten Krisen der Fall war. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass es für viele Unternehmen bis vor kurzem noch die zentrale Herausforderung war, qualifizierte Fach- und Führungskräfte zu gewinnen. Denn eines streitet keiner ab: der demografische Wandel geht jenseits der Krise unaufhörlich weiter und schlägt spätestens im Aufschwung erbarmungslos zu.

Unbestritten: die Herausforderung für zahlreiche Unternehmen, die aktuell zwangsläufig „im Blindflug“ managen müssen, besteht darin, kurzfristig Kosten zu senken und trotzdem im Personalportfolio zukunftsfähig aufgestellt zu sein. Eine mögliche Stabilisierung der schwierigen Lage ist für die Jahre 2010 bzw. 2011 prognostiziert. Wir reden also von einer Überbrückungszeit von ca. ein bis zwei Jahren – Zeiträume, die aus der personalwirtschaftlichen und personalentwickelnden Brille gesehen kurz sind. Vorrausschauende Manager lassen sich also nicht einseitig von einem reinen Kostensenkungs-Programm leiten, sondern analysieren jetzt pragmatisch die Struktur und Qualität ihrer Humanressourcen.

Eine nahe liegende Vorgehensweise ist hierbei die Betrachtung von unternehmerisch kritischen und nicht-kritischen Jobfamilien1. Hier bietet sich an, im Vorfeld einer Restrukturierung die demografische Entwicklung und das Portfolio in diesen Jobfamilien zu analysieren, um Risiken durch den Verlust von Kompetenzen zu ermitteln. Denn es ist fatal, gerade in den kritischen Job-Familien durch die Standard-Mechanismen einer Restrukturierung Mitarbeiter aktiv abzubauen und gegebenenfalls in den nächsten zwei bis drei Jahren zusätzlich Mitarbeiter durch Verrentung zu verlieren. Hinzu kommt: der Aufbau von Fach- und Führungskräften, die eine hohe Performance zeigen und in die Betriebsabläufe integriert sind, zieht sich über Jahre hin. Dem muss eine qualitative und quantitative Personalplanung besonders Rechnung tragen. Oder anders gesagt: Wo dies nicht geschieht, wird es nicht nur viel Geld, sondern oft auch Marktpositionierung und Image kosten.

1 Job-Familien sind die Zusammenfassung von nahe bei einander liegenden, sachlich und inhaltlich zusammenhängenden Funktionen mit ähnlichem Kompetenzbild.