Qualitätsmanagement als Führungsaufgabe
Was wird unter Qualitäts-Management im Unternehmen verstanden? Das Wort Qualität kommt aus dem lat.: qualitas und bezeichnet Beschaffenheit, Merkmal, Eigenschaft, Zustand) hat zwei Bedeutungen:
- neutral: die Summe aller Eigenschaften eines Objektes, Systems oder Prozesses
- bewertet: die Güte aller Eigenschaften eines Objektes, Systems oder Prozesses
Qualität ist also die Bezeichnung einer wahrnehmbaren Zustandsform von Systemen und ihrer Merkmale, die messbar und überprüfbar ist. Qualität könnte sowohl ein Produkt wie Wein und dessen chemische Elemente und den daraus resultierenden subjektiv bewertbaren Geschmack beschreiben, als auch die Prozesse der Reifung der Traube, der Produktion und des Vertriebs des Weines, oder den Prozess des Managements der Winzerei. In der Bedeutung b) spricht man von "Qualitätswein" oder "Wein mit Prädikat" bzw. von "Exzellentem Management".
Management steht synonym für koordinierte Tätigkeiten, um etwas zu steuern. Qualitätsmanagement ist demnach ein Bündel von koordinierten Tätigkeiten, die steuern, zu beurteilen und zu koordinieren, um eine besondere Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung zu erreichen.
Etwas umfassender fällt die Definition von Qualitätsmanagement nach der ISO-Norm 8402 aus. Danach umfasst Qualitätsmanagement "alle Tätigkeiten des Gesamtmanagements, die im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems die Qualitätspolitik, die Ziele und Verantwortungen festlegen sowie diese durch Mittel wie Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung / Qualitätsmanagement-Darlegung und Qualitätsverbesserung verwirklichen".
Doch welches Unternehmen kann von sich behaupten, diesen Idealzustand immer zu entsprechen? Deshalb ist es praxisnaher, sich Qualitätsmanagement als ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess in der Organisation und in der Strategie vorzustellen. Wenn Qualitätsmanagement in dem Sinne verstanden wird, dann hat sie eine Schlüsselfunktion in der Führung. Die Entscheidung ein Qualitätsmanagement einzuführen, ist deshalb eine strategische um im Spannungsfeld von Ressourceneinsatz (Human Resources, Material, Finanzen) und Wettbewerb bestehen zu können.
Das Qualitätsmanagementsystem das die beschriebenen Anforderungen am besten entsprechen kann, ist das EFQM-Modell. Das EFQM-Modell ist ein Qualitätsmanagement-System des Total-Quality-Management. Es wurde 1988 von der European Foundation for Quality Management (EFQM) entwickelt.
Im EFQM-Modell stehen sechs Bereiche zur Bewertung einer Organisation zur Verfügung. Eine Prämisse dieses Ansatzes lautet, dass die Leitungsebenen eines Unternehmens die Mitarbeiter, die strategische Ausrichtung, Partnerschaften und Ressourcen lenken. Dies geschieht in den Prozessen. Der Bereich von Führung des Unternehmens, Führungsdimensionen und Prozessen widmet sich den befähigenden Möglichkeiten und dem faktischen Vorgehen eines Unternehmens, um Ergebnisse zu erzielen.
Das EFQM-Modell für Business Excellence ist ein Unternehmensmodell, das eine ganzheitliche Sicht auf Organisationen ermöglicht. Es bietet Organisationen Hilfestellung für den Aufbau und die kontinuierliche Weiterentwicklung von umfassenden Managementsystemen. Die Unternehmen nutzen es als Werkzeug, um auf Grundlage von Selbstbewertungen Stärken und Verbesserungspotentiale zu ermitteln, anzuregen und ihren Geschäftserfolg zu verbessern. Das einfache Modell umfasst die drei Säulen:
- Menschen
- Prozesse
- Ergebnisse
Menschen arbeiten in Prozessen/Abläufen und erwirtschaften Ergebnisse, die wiederum Menschen zugutekommen.
Das erweiterte System unterscheidet neun Kriterien, die aus fünf Voraussetzungen (enablers) und vier Ergebniskriterien (results) bestehen:
Voraussetzungen / Befähiger | 50 % |
---|---|
1. Führung | 10 % |
2. Strategie | 10 % |
3. Mitarbeiter | 10 % |
4. Partnerschaften und Ressourcen | 10 % |
5. Prozesse, Produkte und Dienstleistungen | 10 % |
Ergebniskriterien | 50 % |
6. Mitarbeiterbezogene Ergebnisse | 10 % |
7. Kundenbezogene Ergebnisse | 15 % |
8. Gesellschaftsbezogene Ergebnisse | 10 % |
9. Schlüsselergebnisse | 15 % |
Jedes dieser Kriterien ist in mehrere Teilkriterien aufgeschlüsselt.
Es gibt 32 Teilkriterien. Beispielsweise:
1. Führung
1a. Führungskräfte entwickeln die Mission, Vision, Werte und ethischen Standards. Sie verwirklichen diese und handeln als Vorbild.
1b. Führungskräfte definieren, überwachen, verbessern und fördern die Umsetzung des Managementsystems und dessen Wirksamkeit.
2. Strategie
2a. Strategie basiert auf den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden, anderer Interessengruppen und der Umwelt.
2b. Strategie basiert auf der eigenen Leistungsfähigkeit und den verfügbaren Ressourcen.
5. Prozesse
5a. Prozesse zur Optimierung der Erfüllung der Kundenbedürfnisse sind beschrieben und werden umgesetzt.
Durch die permanente Beachtung aller Prozesse werden Informationen über den aktuellen Stand, die kontinuierliche Verbesserung und künftige Trends abgelesen bzw. erarbeitet. Das EFQM-Modell ist ein Werkzeug, das Hilfestellung für den Aufbau und die kontinuierliche Weiterentwicklung eines umfassenden Managementsystems gibt. Es soll helfen, eigene Stärken, Schwächen und Verbesserungspotenziale zu erkennen und die Unternehmensstrategie darauf auszurichten.
Die Ergebnisse sind wiederum unterteilt in drei Dimensionen: Mitarbeiter, Kunden, Gesellschaft. Werden die Ergebnisse erreicht, ergeben sich die erwarteten Schlüsselergebnisse einer Organisation. Innovationen und Lernen formen aus dem Bewertungsmodell einen Regelkreis kontinuierlicher Weiterentwicklung der Organisation. Unter diesen Voraussetzungen wird eine Lernende Organisation implementiert. Die kontinuierliche Verbesserung ist das Prinzip. Originelle, kreative Denkansätze werden gefördert. Untersuchungen (Benchmark) werden verwendet, um sich Anregungen bei den Besten zu holen.
KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) oder auch Kaizen (japanisch) ist eine innere Haltung und wird von jedem Mitarbeiter und jedem Team gelebt. Er betrifft die Prozesse, die Produkte und alle Beziehungen. Die Methode heißt PDCA-Zyklus. PDCA steht für Plan, Do, Check, Act.
Die Einführung dieses Management-Zyklus verändert auch die Parameter für Veränderungen und Verbesserungen. Es werden messbare Ergebnisse und Leistungen zur Beurteilung der Qualität berücksichtigt. Sie bilden das Grundgerüst um die Organisation besser zu verstehen und Wissen über die Organisation aufzubauen. Wenn Qualitätsindikatoren entwickelt werden auf der Ebene von organisatorischen Einheiten, unterliegt dem die Prämisse, dass Qualität nicht mehr nur in der Summe von Einzelleistungen zum Ausdruck kommt, sondern vor allem durch ein gemeinsames Agieren. Damit verändert sich auch die Kultur in der Unternehmung.
Checkliste: Die Grundprinzipien des EFQM-Modells 2010
Prinzip / Ziel | Kick-off | Auf dem Weg | Reife Organisation |
---|---|---|---|
Ausgewogene Ergebnisse erzielen: Exzellente Organisationen erfüllen ihre Aufgabe durch ausgewogenen Ergebnisse, die sowohl die langfristigen als auch kurzfristigen Bedürfnisse ihrer Stakeholder befriedigen und, wenn es von Bedeutung ist, auch übertreffen | Alle relevanten Stakeholders sind identifiziert. | Die Bedürfnisse der Stakeholders werden systematisch bewertet. | Es gibt transparente Vorgehensweisen, um die Erwartungen der Interessens-gruppen auszugleichen. |
Nutzen für Kunden schaffen: Exzellente Organisationen sind sich bewusst, dass ihr Daseinszweck in erster Linie durch ihre Kunden gesetzt ist. Für diese streben sich nach Erneuerung und Wertschöpfung, indem sie deren Bedürfnisse und Erwartungen verstehen und antizipieren. Oder um es in den Worten von Peter Drucker zu sagen: "Der Zweck des Unternehmens ist es, Kunden glücklich zu machen". | Kundenzufriedenheit wird bewertet. | Ziele sind mit den Kundenbedürfnissen und -erwartungen verknüpft. | Treibende Kräfte bzgl. Kundenzufrieden-heitsbedürfnisse werden verstanden, gemessen und lösen Massnahmen aus. |
Mit Vision, Inspiration und Integrität führen: Exzellente Organisationen haben Führungskräfte, die die Zukunft gestalten und verwirklichen, und die vorbildlich für Werte und Ethik einstehen. | Vision, Mission und Leitbild sind formuliert. | Unternehmens-politik, Mitarbeit-ende und Prozesse sind auf die Vision, Mission ausge-richtet. Die im Leitbild formulierten Werte und Prinzipen werden gelebt. Es gibt ein Führungskonzept. | Auf allen Organisationsebenen gibt es gemeinsame Werte und ethische Vorbilder. Die Unternehmenskultur ist spürbar. |
Mittels Prozesse lenken: Exzellente Organisationen werden mittels strukturierter und strategisch ausgerichteter Prozesse gelenkt. Sie begründen ihre Entscheidungen auf Fakten, um ausgewogen und nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. | Die Prozesse in der Wertschöpfungs-kette, zum Erzielen der gewünschten Ergebnisse sind definiert. | Vergleichsdaten und -informationen werden verwendet, um herausfordernde Ziele zu setzen. | Die Prozessfähigkeit wird voll verstanden und verwendet, um Leistungsverbesser-ungen voranzu-treiben. |
Durch Menschen erfolgreich sein: Exzellente Organisationen achten ihre Mitarbeitende und schaffen eine Kultur der Verantwortung, damit persönliche Ziele und Ziele der Organisation in ausgewogenem Umfang erreicht werden. | Die Mitarbeitenden fühlen sich verantwortlich für die Lösung von Problemen. | Die Mitarbeitenden arbeiten innovativ und kreativ in der Zielerreichung um die Organisation zu unterstützen. | Die Mitarbeitenden sind ermächtigt (Empowerment) zu handeln und teilen offen Wissen und Erfahrung miteinander. |
Innovation und Kreativität fördern: Exzellente Organisationen mehren Wertschöpfung und Leistung durch beständige und systematische Erneuerung, indem sie sich die Kreativität ihrer Stakeholder nutzbar machen. | Verbesserungs-möglichkeiten sind identifiziert und Massnahmen werden ergriffen. | Kontinuierliche Verbesserung (Kaizen) ist ein anerkanntes Ziel für alle. | Erfolgreiche Innovation und Verbesserung ist weit verbreitet und integriert. |
Partnerschaften aufbauen: Exzellente Organisationen erstreben, entwickeln und erhalten vertrauensvolle Beziehungen zu unterschiedlichen Partnern, um wechselseitigen Erfolg zu erzielen. Diese Partnerschaften können mit Kunden, der Community, den Lieferanten, Bildungseinrichtungen oder Nicht-Regierungsorganisationen aufgebaut werden. | Es gibt einen Prozess zur Auswahl zum Managen von Lieferanten. | Verbesserungen und Leistungen von Lieferanten werden erkannt und wichtige externe Partner sind identifiziert. | Die Unternehmung und ihre wichtigsten Partner sind voneinander abhängig - Pläne und Politik werden gemeinsam entwickelt und beruhen auf den Austausch von Wissen. |
Verantwortung für nachhaltige Zukunft übernehmen: Exzellente Organisationen integrieren in ihre Kultur eine ethische Geisteshaltung, klare Werte und höchste Standards des Verhaltens als Organisation, um nach wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit zu trachten. | Gesetzliche und behördliche Auflagen werden verstanden und eingehalten. | Es gibt ein aktives Engagement für die Gesellschaft. | Die Erwartungen der Gesellschaft werden gemessen und es werden Massnahmen ergriffen. |