Herausforderung Unternehmensnachfolge – unbeliebt, aber notwendig

Im Gegensatz zu den trendigen Themen wie Startup-Gründung und Wertewandel der sogenannten Generationen Y und Z, die sich mittlerweile sogar in TV-Formaten wie „Die Höhle der Löwen“ einem breiten Publikum offerieren, steht die Unternehmensnachfolge als eher unbeliebtes Thema weit im Hintergrund. Was oftmals vergessen wird, ist, dass es sich sowohl bei Unternehmensgründung als auch Nachfolge um zwei Seiten derselben Medaille handelt:

Unternehmensnachfolger sind nicht selten selbst Existenzgründer und gehen damit den Schritt in die Selbstständigkeit. Wird die Unternehmensnachfolge vernachlässigt oder gar vergessen, steht nicht selten die Zukunft von mittelständischen, familiengeführten Unternehmen auf dem Spiel.

Eine sorgfältige Planung der Nachfolgeregelung ist daher immens wichtig – möchte man doch seinem Nachfolger eine erfolgreiche Firma überlassen und keine brennenden Trümmer. Nichtsdestotrotz wird hierbei oft gepatzt. Warum passiert das und wie lassen sich Fehler in der Unternehmensnachfolge vermeiden?

Das Hauptproblem besteht darin, dass die Regelung der Unternehmensnachfolger auf die lange Bank geschoben und anschließend zu spät getroffen wird. Welche gravierenden Folgen dies für das Unternehmen haben kann, zeigt das Negativbeispiel Schlecker. Hier wollte der Altunternehmer, Anton Schlecker, seinen Platz im Chefsessel partout nicht räumen und übertrug seinen Kindern nur einzelne Projekte. Das Ergebnis ist bekannt: Mit der Insolvenz von Schlecker wurde gleichzeitig ein Lebenswerk zerstört und mehrere tausend Menschen entlassen. Und dies ist durchaus kein Einzelfall. Von den ca. 3,7 Millionen deutschen kleinen und mittelständischen Unternehmen ist der überwiegende Teil familiengeführt. Laut dem Institut für Mittelstandsforschung (IfM Bonn) stehen für den Zeitraum 2014 – 2018 in ca. 135.000 Familienunternehmen die Übergaben an. Das entspricht rund 27.000 Übergaben jährlich. Von den Übertragungen werden ca. 400.000 Beschäftigte pro Jahr betroffen sein. Besonders in ländlichen Regionen gibt es aufgrund der Verringerung der Bevölkerungsanzahl zudem immer weniger potenzielle Unternehmer. Eine rechtzeitige Vorabüberlegung ist hier also immens wichtig. Diese jedoch scheitert oftmals, da es um mehr als nur ein Unternehmen und dessen kaufmännische Kennzahlen geht.

Emotionen oftmals entscheidende Hürde

Beim eigenen Unternehmen geht es in erster Linie um die damit verbundenen Emotionen. Die scheidenden Senioren können häufig nicht loslassen und wollen sich und ihren Mitarbeitern beweisen, dass sie noch nicht zum alten Eisen gehören. Oftmals gibt es aber auch Probleme in der Familie:  Kinder, die entweder kein Interesse an der Unternehmensnachfolge haben oder aber keine passende Qualifikation mitbringen. Stehen in der Unternehmensführung die Emotionen im Weg, stockt der gesamte Ablauf. Im schlimmsten Fall leidet das komplette Unternehmen unter fehlender Linienführung. Lieferanten, Großabnehmer oder auch Banken können misstrauisch werden, wenn es dem Unternehmen an einem klaren Kurs mangelt.

Unternehmensnachfolge – ein langwieriger Prozess

Die Nachfolgeregelung ist dabei kein einfacher Prozess, der von heute auf morgen passiert. Experten planen für die gesamte Unternehmensnachfolge ca. drei bis fünf Jahre ein. Darin enthalten sind die Identifizierung des Nachfolgers, dessen Ausbildung und Einführung in den Führungsablauf und zusätzlich ein Plan B zur Absicherung. Die Planung all dieser Aktionen und Schritte muss vom Chef, also dem Senior, initiiert werden. Und hier besteht das Hauptproblem: Laut einer Umfrage der Deutschen Unternehmerbörse (DUB) wurde dieser als Hauptgrund für die geplatzte Unternehmensübergabe von den betreffenden befragten Unternehmern genannt - über 75% sahen die Ursache in der Person des Seniors. Externe Berater oder interne Führungsgremien stehen nun vor der schwierigen Herausforderung, demjenigen den Rücktritt nahezulegen, der das Unternehmen aufgebaut und erfolgreich gemacht hat.

Das Fehlen möglicher Nachfolger

Doch selbst wenn die Zahl der Unternehmer wächst, die den Staffelstab an die nächste Generation weitergeben wollen, so fehlen zum Teil die geeigneten Nachfolger. Entsprechend dem jüngsten Report des DIHK (Deutsche Industrie- und Handelskammertag) findet beinahe die Hälfe aller Senior-Unternehmer keinen passenden Nachfolger. Noch 2010 kamen im bundesdeutschen Durchschnitt auf einen Übergeber ca. 1,7 Unternehmer. Aktuell sind es nur noch 0,8. Aus Unternehmersicht wird daher als Hauptgrund für das Scheitern einer Unternehmensnachfolge das Fehlen des passenden Nachfolgers benannt. Insgesamt ergeben sich tatsächlich weniger Lösungen bei der Suche, sei es innerhalb der Familie, des Betriebes oder auch extern.

Frühzeitig den Nachfolger bestimmen

Dass es aber auch sehr gut klappen kann, zeigt zum Beispiel der Konzern Apple. Steve Jobs bestimmte seinen Nachfolger frühzeitig und wies ihn in alle Geschäftsbereiche ein. Zudem gab er auch rechtzeitig den Staffelstab weiter und zog sich vom operativen Geschäft zurück. Als weiteres, positives Zeichen lässt sich auch bewerten, dass für ca. ein Fünftel aller eigentümergeführten Unternehmen in Form von Kapital-, oder Personengesellschaften mindestens ein zusätzlicher Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen ist. Ist die Nachfolgeregelung noch nicht getroffen, so sollte im ersten Schritt eine Grundsatzentscheidung stehen. Die Antwort auf die Frage, worauf die Nachfolgeplanung basieren soll, bildet die Grundlage aller weiteren Schritte und Prozesse.

Fazit: Erfolg oder Misserfolg

Ob sich die Anstrengungen gelohnt haben und einem Unternehmen Erfolg beschieden ist, werden erst die Folgemonate nach dem Führungswechsel zeigen. Erst dann wird wirklich sichtbar, ob Zulieferer, Banken, Großkunden oder auch Funktionäre weiter an das Unternehmen und dessen Erfolg glauben. Der Erfolg einer Unternehmensübergabe bemisst sich immer im Vertrauen oder Misstrauen.

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Klaus Becker ist Geschäftsführer der Becker + Partner Personalberatung und baute 2002 die Personalberatung für den Mittelstand auf. Vor seiner Tätigkeit als Personalberater war er über 18 Jahre als Führungskraft in nationalen und internationalen Unternehmen der mittelständischen Industrie mit bis zu 1.800 Mitarbeitern tätig. Die leitenden Beschäftigungen umfassten die Bereiche Rationalisierung, Werkscontrolling und Betriebsorganisation.

Klaus Becker absolvierte nach seiner Ausbildung in der Industrie ein technisches und betriebswirtschaftliches Studium mit den Schwerpunkten Industrial Engineering und Betriebspsychologie.