Die Initiativbewerbung: lobenswerte Entschlossenheit oder unpassende Belastung?

Wer in der Personalabteilung als Entscheider tätig ist, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit schon mal eine sogenannte Initiativbewerbung erhalten haben – also ein Anschreiben auf eine Stelle im Unternehmen, die eigentlich gar nicht offiziell ausgeschrieben wurde. Diese spontanen Bewerbungen sind häufig aber nicht nur überraschend, sondern zudem auch sehr persönlich gehalten und ähneln in vielen Fällen eher einem Motivationsschreiben als einer klassischen Bewerbung. Doch wie soll man als HR-Manager eigentlich mit solchen speziellen Anschreiben umgehen? Ignorieren, da es ja schließlich keine Ausschreibung gegeben hat? Oder sollte man den Mut des Bewerbers sogar mit einem persönlichen Gespräch belohnen?

Wie aktuelle Studien des Institutes für Arbeitsmarktforschung (einer Tochter der Bundesagentur für Arbeit) zeigen, werden nur rund 35 bis 40 Prozent aller potenziell verfügbaren Stellen öffentlich ausgeschrieben. Darauf bewerben sich zwischen 90 und 95 Prozent der möglichen Aspiranten. Der Großteil der freien Jobs wird jedoch „unter der Hand“ vergeben. Hier spricht man bekanntlich von dem sogenannten verdeckten Stellenmarkt. Für diese Jobs gibt es also keine echte Ausschreibung, vielmehr sind hier Vitamin B oder Empfehlungen notwendig, um überhaupt von der verfügbaren Position zu erfahren.

Allerdings nutzen nur die wenigsten Bewerber diesen verdeckten Stellenmarkt, um sich per Initiativbewerbung quasi „blind“ um einen freien Job zu bemühen. Dabei kann es sich um eine bestimmte Position innerhalb des Unternehmens handeln (in der Hoffnung, dass diese auch tatsächlich vakant ist), um eine Abteilung oder in einigen Fällen sogar nur um die Firma selbst. Bei Letzterem sind vor allem moderne und „hippe“ Unternehmen wie zum Beispiel Google oder Facebook zu nennen. Der Bewerber hofft also, durch die Initiativbewerbung zum gewünschten Ziel zu kommen, ohne dabei mit zahlreichen anderen Aspiranten konkurrieren zu müssen. Damit stellt er die Personalchefs und Human Resource Manager jedoch vor eine schwierige Entscheidung: Lässt man die spontane und eigentlich unerwünschte Bewerbung links liegen oder lädt man den Kandidaten zum Bewerbungsgespräch ein, um zu schauen, ob dieser tatsächlich so viel Entschlossenheit und Tatkraft zu bieten hat? 

Die Vor- und Nachteile der Initiativbewerbung

Eine Initiativbewerbung kann für beide Seiten – also sowohl für den Bewerber selbst als auch für den Entscheider im Unternehmen – einige Vor- und ebenso viele Nachteile haben. Doch bevor wir diese im Folgenden etwas genauer unter die Lupe nehmen, sei gesagt, dass man als Personaler grundsätzlich unvoreingenommen und eher positiv an eine Initiativbewerbung herangehen sollte. Immerhin erfordert es eine gewisse Risikobereitschaft, denn schließlich muss der Bewerber damit rechnen, sich durch diese spontane und ungefragte Bewerbung sämtliche Möglichkeiten in diesem Unternehmen zu verbauen.

Vor- und Nachteile für Personaler: Eine unaufgeforderte und unerwartete Spontanbewerbung zu erhalten, sorgt bei den meisten HR-Chefs in der Regel für Verwunderung. Zudem kann sie zu einem unpassenden Zeitpunkt ins Postfach flattern, zum Beispiel kurz nach einer offiziellen Einstellungsrunde. Die Durchsicht der Initiativbewerbung erfordert außerdem Zeit, die häufig eh nur begrenzt zur Verfügung steht. Aber was, wenn in der vom Bewerber gewünschten Abteilung tatsächlich noch Platz für einen neuen Mitarbeiter wäre? Und was, wenn die Person hinter der Initiativbewerbung außer seiner Entschlossenheit auch noch Kreativität und Courage an den Tag legt? Die Chance, dass dieser Bewerber eine Bereicherung für das Unternehmen darstellt, ist also keinesfalls zu verachten. Und wem wird der Erfolg am Ende angerechnet, wenn der Kandidat tatsächlich ein Gewinn für die Abteilung ist?

Vor- und Nachteile für Bewerber: Ein großer Vorteil einer Initiativbewerbung ist die fehlende Konkurrenz, da ja keine öffentlich ausgeschriebene Position vorhanden ist. Die Chancen, dass die Bewerbung ausführlich gelesen wird, sind also dementsprechend deutlich höher. Darüber hinaus hat der Aspirant die Möglichkeit, sich und seine Qualifikationen in den Vordergrund zu stellen, ohne dabei auf spezielle Jobanforderungen eingehen zu müssen. Hinzu kommt die Freiheit, selbst über den Umfang der Bewerbungsmappe zu entscheiden. Allerdings gibt es auch einige Stolpersteine. So kann die Initiativbewerbung beispielsweise bei dem falschen Entscheider laden. Zudem ist es möglich, dass die Fähigkeiten des Aspiranten zurzeit überhaupt nicht gesucht werden und die Bewerbung daher ungelesen zu den Akten gelegt wird. Und auch der Recherche- und der damit verbundene Zeitaufwand sind bei einer Initiativbewerbung nicht von der Hand zu weisen.

Auf welche Dinge sollte man bei einer Initiativbewerbung achten?

Im Internet gibt es mittlerweile zahlreiche Seiten, wie beispielsweise das Online-Magazin Welt, die den Bewerbern mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn es um die Inhalte und den Aufbau einer Initiativbewerbung geht. Diese sind zumeist jedoch eher allgemein gehalten und unterscheiden sich auch nur marginal voneinander. Als HR-Manager sollte man allerdings auf einige Dinge achten, die in einer solchen Bewerbung keinesfalls fehlen dürfen.

  • Es sollte direkt erkennbar sein, dass es sich um eine Initiativbewerbung handelt, beispielsweise durch eine Erwähnung in der Betreffzeile. Das spart viel Zeit, da man nicht erst nachforschen muss, warum diese Bewerbung überhaupt auf dem Tisch gelandet ist.
  • Der Bewerber sollte definitiv den Namen des Personalchefs kennen und nennen – auch wenn es sich um eine Spontan- beziehungsweise Blindbewerbung handelt. Eine allgemeine Ansprache zeigt nämlich, dass sich der Aspirant nicht genug Zeit für die Recherche genommen hat.
  • Aus der Initiativbewerbung sollte klar hervorgehen, warum der Bewerber diesen Schritt geht, wie er auf die verdeckte Stelle aufmerksam wurde und was er überhaupt zu bieten hat. Dementsprechend sollten zumindest die wichtigsten Dokumente anhängen, sodass sich der Entscheider auch ohne Umwege und eigene Nachforschungen ein aussagekräftiges Bild von dem Bewerber machen kann.
  • Die Bewerbung darf gern etwas direkter sein, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Wenn der Bewerber diesen Schritt geht, sollte er auch seinen Wert durch ein sicheres schriftliches Auftreten unter Beweis stellen.