Corona! Und jetzt? - Teil 7

Eine Interview-Reihe mit Führungskräften über die Herausforderungen während der Corona-Krise

yourfirm_Corona_Interview_personalmanagement.infoHeute im Interview Herr Dirk Kümmerle und Herr Konstantin Janusch, Geschäftsführer der yourfirm GmbH

Hallo Herr Kümmerle, hallo Herr Janusch,
die neue Situation hat viele unvorbereitet erreicht. Wie schnell haben Sie auf die akute Situation reagieren können?

Wir hatten schon vor der Krise Mitarbeiter, die regulär aus dem Home Office arbeiten – unsere Systemadministratoren wussten daher, was zu tun ist. Allerdings hatten bisher nicht alle unserer rund 100 Mitarbeiter die technische Ausstattung dafür. Man darf nicht vergessen, dass mit einem Notebook ja noch nicht alles getan ist für ein funktionierendes Home Office. Da brauchen Sie jede Menge Software, die eigens dafür installiert und konfiguriert werden muss, wie z.B. VPN-Client, etc. sowie zusätzliche Hardware wie beispielsweise Headsets. Dank der Expertise und Einsatzbereitschaft unserer Kollegen konnten wir aber bereits eine Woche vor der Ausgangsbeschränkung alle Mitarbeiter von zu Hause arbeiten lassen. 

Gab es Unterstützung beim Errichten der Home Office Arbeitsplätze? Technische Ausstattung? Internet, Telefon…etc.
Neben der Hardware, wie Laptops, Headsets und Co. haben wir auch die nötigen Softwares zur Verfügung gestellt wie beispielsweise VPN-Clients, Video-Konferenz- oder Telefonie-Software, mit der entweder direkt über den Laptop telefoniert werden kann oder zumindest alle Anrufe auf ein Telefon im Home Office umgeleitet und auch von da getätigt werden können. Außerdem wurden unsere Mitarbeiter dahingehend geschult, worauf es bei einem ergonomischen Home Office Arbeitsplatz ankommt.  Was das Internet angeht, da haben wir einfach Glück gehabt, dass jeder Mitarbeiter eine halbwegs vernünftige Leitung zu Hause hat.

Welche Schwierigkeiten haben sich bei der Bereitstellung der Arbeitsumgebung / Zugänge / Virenschutz / interne Plattformen etc. ergeben?
Mit der Umstellung kamen auch signifikante Kosten für Lizenzen und Hardware auf uns zu. Ansonsten haben sich wenige Probleme ergeben, da wir auch schon vorher Mitarbeiter für die Arbeit im Home Office vorbereitetet haben und die Systeme dementsprechend schon darauf ausgelegt waren.

Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, durch Hackerangriffe, sensible Daten zu verlieren? Gab es hier Schutzmaßnahmen?
Wir haben bereits viele Schutzmaßnahmen getroffen - wie Firewalls, ein gesichertes VPN-Netzwerk und mehrere Virenschutz-Programme. Dementsprechend schätzen wir das Risiko mittel bis gering und nur marginal höher ein als im normalen Office-Betrieb aus dem Büro.

Haben Sie Unternehmensziele angepasst oder verändert durch die aktuelle Situation?
In dieser schweren Zeit bleibt es nicht aus, die Unternehmensziele zu überprüfen. Dennoch stellen wir fest, dass unsere Mitarbeiter produktiv und positiv am Ball bleiben. An vielen Stellen bemerken wir sogar absolute Effizienzsteigerungen durch die komplette „Remote-Arbeit“. Um Ihnen die Frage konkret zu beantworten: „Wir halten nicht viel von einer hektischen Zielkorrektur, sondern beobachten die nächsten Tage und Wochen noch sehr genau“.

War es für Sie selbst eine Herausforderung, alle rechtlichen Aspekte der aktuellen Situation zu meistern? Woher holen Sie sich die nötigen Informationen?
Wir haben einen Artikel auf unserer Website zu dem Thema Rechte und Pflichten im Home Office und sind über die Rechtslage zur Heimarbeit gut informiert. Wir und unsere Mitarbeiter versuchen die rechtlichen Vorschriften bestmöglich einzuhalten und alle an einem Strang zu ziehen, um die derzeitige Ausnahmesituation so gut es geht zu meistern.

Haben Sie dank der Krise kreative Lösungen entdeckt, um sie besser zu meistern? Was war dazu nötig - Flexibilität, spontane Change-Prozesse…?
In unserem Unternehmen ist uns ein angenehmes Arbeitsklima sehr wichtig, weshalb wir unter anderem unseren Mitarbeitern viele Möglichkeiten zum Austausch bieten. Beispielsweise genießen wir freitags bei schönem Wetter gemeinsam das Feierabendbier auf der Firmen-Terrasse oder bieten unseren Mitarbeitern wöchentliches Yoga an. Diese beiden Angebote haben wir nun digitalisiert. Man kann sich jetzt auch per Videokonferenz wöchentlich auf ein Feierabendbier auf dem heimischen Balkon oder Couch treffen und die Yoga-Trainerin bietet ihren Kurs nun ebenfalls online an. 

Viele Experten sagen, dass es nach „Corona“ nicht mehr so sein will, wie vorher. Was ändert sich Ihrer Meinung nach?
Wir bleiben weiterhin positiv und hoffen, dass die Wirtschaft nach der Krise noch stärker sein wird als zuvor und auch unser Unternehmen gestärkt aus der ganzen Situation hervorgeht. Die Akzeptanz für die Themen wie Digitalisierung, Home Office und flexibles Arbeiten wird auch nach der Krise erhalten bleiben.

Um bei Home Office zu bleiben - Wie schwierig/einfach war es, für die Belegschaft binnen kurzer Zeit Home Office zu schaffen?
Wir haben auch vor Corona eine Home Office Policy gehabt und dieses Thema unseren Mitarbeitern ermöglicht. Wir haben bisher keine signifikanten Schwierigkeiten mitbekommen, denken aber, dass die Selbstdisziplin und der fehlende persönliche Austausch wohl am herausforderndsten sind.

Was sind Ihre Tipps fürs Remote-Working und was sind die No-Gos?
Auch dazu haben wir einen interessanten Artikel, den Sie gerne mit Ihren Lesern teilen dürfen. Zusammengefasst sind es folgende Tipps:

  1. Richten Sie sich in einem abgetrennten Raum oder einer Ecke ohne Ablenkungen Ihren ergonomischen Arbeitsplatz ein
  2. Machen Sie sich jeden Morgen so fertig, als würde Sie zur Arbeit fahren
  3. Führen Sie eine To-do-Liste und priorisieren Sie Ihre Aufgaben
  4. Halten Sie Ihre Arbeits- und Pausenzeiten ein

Gibt es in Ihrer Firma einen Leitfaden für das Arbeiten im Home Office?
Unser Arbeitskonzept und unsere Arbeitseinstellung ändern sich durch das Home Office nicht. Jeder Mitarbeiter hat Ziele sowie wöchentliche To-dos, die mit dem Vorgesetzten abgestimmt werden. Zudem werden Arbeitszeiten über eine Software erfasst, so dass jeder Mitarbeiter auch einen Überblick über seine geleisteten Arbeitsstunden behält. Der „normale“ Betrieb geht trotz Corona weiter.

Wie gehen Sie mit den erschwerten Bedingungen bei online Meetings um? Gibt es Kommunikationsprobleme?
Wir haben sehr positive Erfahrungen mit Online-Meetings. Das Einzige, was vielleicht ab und an Probleme bereitet, ist die heimische Internetverbindung. Das hält sich aber bisher in Grenzen.

Wie geht es Ihnen selbst im Home Office?
Uns fehlt der persönliche Kontakt zu unseren Mitarbeitern und in einem Haushalt mit Kindern ist man doch einigen Herausforderungen gegenübergestellt. Wir bleiben aber nichtsdestotrotz positiv und freuen uns schon auf das persönliche Wiedersehen im Büro, werden aber auch nach der Krise sicherlich tendenziell mehr aus dem Home Office arbeiten als davor.

Was ist besonders wichtig als Führungskraft für ein Team im Home Office? Stichwort: Vertrauen, klare Vorgaben…
Jeder Mitarbeiter hat Zielvorgaben, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht werden müssen. Diese Ziele sind auch wichtig, damit keine Laissez-faire Einstellung entsteht. Dennoch vertrauen wir unserem Personal und kommunizieren sehr ehrlich über unsere Strategien, Budgets und Ängste. Die Menschlichkeit und Authentizität dürfen dabei nicht verloren gehen.

Wie überprüfen Sie die erledigten Aufgaben/Ergebnisse?
Jedes Team hat einen Teamleiter, der in Absprache mit den Mitarbeitern Ziele festlegt, um das Aufgabenpensum zu steuern und wöchentliche Updates von den Mitarbeitern zu deren Erreichung zu erhalten.

Wie regelmäßig veranstalten Sie online Meetings? Gibt es im Vergleich zu vorher Unterschiede?
Die Menge der Online-Meetings ist von Abteilung zu Abteilung unterschiedlich. Aber in jeder Abteilung gibt es täglich so genannte Daily-Calls. Diese dienen neben dem fachlichen Austausch auch der Motivation und der Erhaltung des Teamspirits.

Wie reagieren Ihre Mitarbeiter auf die Krise? Nehmen sie sie eher gelassen oder tauchen viele Ängste auf?
Ängste in dieser für uns alle unbekannten Situation sind völlig normal. Dennoch sind wir begeistert, welcher Zusammenhalt in dieser Zeit entstanden ist. Es fühlt sich wieder fast so an wie vor 10 Jahren, als wir gegründet haben und mit Praktikanten, die teilweise immer noch in unserem Unternehmen - inzwischen als Führungskräfte - tätig sind, die Firma mit Ehrgeiz hochgezogen haben.

Wie können Sie die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter in der momentanen Situation messen?
Wir haben wöchentliche Online-Meetings mit den Führungskräften, die uns durch die Daily-Calls einen Überblick über die Stimmung in den Teams verschaffen. Auch unser bereits vor der Corona-Krise etablierter Online-Survey zur Stimmung in der Firma wird ganz normal weiter umgesetzt und liefert uns auch weiterhin ein gutes Bild von der momentanen Situation.

Setzen Sie präventive Maßnahmen, um die Zusammenarbeit im Team zu erhalten? Gibt es Möglichkeiten, um diese zu fördern?
Wir denken, dass sich unsere Mitarbeiter durch eine offene und ehrliche Kommunikation zu der Corona-Krise am meisten motiviert fühlen. Daher setzen wir auf offenen Austausch und versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.

Weil es auch eine Welt abseits der Corona-Krise gibt - Was vermissen Sie gerade am meisten? Den Sport, das After-Work-Treffen mit Freunden oder doch etwas mehr Privatsphäre? 
Am meisten vermissen wir die Normalität, mit allem was dazugehört.

Glauben Sie, dass die Krise auch Auswirkungen auf unser Offline-Verhalten haben wird?
Nach so viel digitalem Kontakt denken wir, dass die Menschen sich wieder mehr auf das persönliche Treffen freuen werden. Dinge, die vorher als selbstverständlich genommen wurden, wie z.B. das Sitzen im Café, das einfache Treffen mit Freunden, etc. werden sicherlich auch eine ganze Zeit nach der Krise mehr Wertschätzung erleben. Leider wird es aber vermutlich auch dort so sein, dass sich die Menschen mit der Zeit wieder „daran gewöhnen“ werden und diese Wertschätzung der einfachen Dinge wieder abflacht.

Was haben Sie bis jetzt Positives für die Zukunft gelernt?
Wie schnell manche Dinge umgesetzt werden können, wenn es darauf ankommt. Normalerweise wird z.B. die Änderung gewohnter Sitzplatzstrukturen oder die Einführung bestimmter Softwares für eine gesamte Firma nicht selten im Rahmen monatelanger, manchmal sogar jahrelanger „Change-Management-Projekte“ angedacht, geplant, revidiert und umgesetzt. Gibt es dagegen einen guten und für alle verständlichen Grund, wie nun eben die Corona-Pandemie, können solche Änderungen auch in einer Woche umgesetzt werden.

Können Sie uns ein lustiges Erlebnis aus Ihrer Zeit im Home Office nennen?
Nun ja, der Klassiker, dass bei einer Video-Konferenz im Hintergrund ungewollt der Sohn oder die Tochter rumturnt und lustige Grimassen macht. Sowas passiert aktuell, glauben wir, in jeder Firma – so auch bei uns.

Ganz ehrlich: Arbeitsoutfit oder Jogginghose?
Man sollte in jedem Fall sein Arbeitsoutfit anziehen. Ob man sich jetzt daheim eine Krawatte umbinden muss, wenn man diese normalerweise im Büro trägt, ist sicherlich fraglich. Aber die Kleidung sollte für einen selbst auf jeden Fall signalisieren „jetzt sitz ich nicht auf der Couch und entspanne“, sondern „jetzt geh ich zur Arbeit und packe an“. Denn im Home-Office ist es noch wichtiger, dass man sich durch Rituale bzw. Gewohnheiten diszipliniert, den Schalter zwischen „jetzt arbeite ich“ und „jetzt habe ich Feierabend“ umzulegen. Während im Büro diese Disziplinierung durch den Weg zur Arbeit und die Kollegen im Büro quasi zwangsweise geschaffen wird, existieren diese Mechanismen bei der Arbeit aus dem Home-Office nicht. Die Kleidung ist als Ritual nicht zu unterschätzen.

Vielen Dank für das Interview!

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