Sperrklinkeneffekt in der leistungsabhängigen Entlohnung

Anheben von Anforderungsstandards infolge hoher Leistungsergebnisse in der Vergangenheit.

Der Sperrklinkeneffekt wurde zuerst bei der Analyse von Planwirtschaften beschrieben, in denen hohe Produktionsergebnisse staatlicher Betriebe häufig zu einer Erhöhung der geplanten Soll-Produktion für die Folgeperiode führten (Freixas et al 1985). Später befassten sich mit ihm verschiedene ökonomische Arbeiten in regulatorischen Kontexten, in denen einem regulierten Unternehmen Vorgaben auf Basis von Vergangenheitswerten gemacht wurden (z.B. Laffont und Tirole 1988). Die Problematik des Sperrklinkeneffekts liegt dabei jeweils in seiner negativen Anreizwirkung, da gute Leistungen durch das Anheben zukünftiger Anforderungsstandards "bestraft" werden. Für einen Agenten, der dies antizipiert, könnte es folglich rational sein, Leistung bewusst zurückzuhalten, um künftig steigende Anforderungsstandards zu vermeiden.

Im Personalbereich kommt dem Sperrklinkeneffekt insbesondere in Zusammenhang mit leistungsabhängigen Entlohnungsformen Bedeutung zu. Dies sei exemplarisch an einem einfachen Modell verdeutlicht (Milgrom und Roberts 1992): Die Produktion eines Arbeitnehmers hänge sowohl von seinem Arbeitseinsatz als auch von seinem Talent ab, wobei der Arbeitseinsatz im Gegensatz zum Talent dem Arbeitnehmer Kosten (Arbeitsleid) verursacht. Dem Arbeitgeber seien beide Parameter unbekannt. Er kann in jeder Periode nur die Produktion des Agenten beobachten, allerdings auf Basis seiner Beobachtungen Erwartungen über das Talent des Agenten bilden. In einer solchen Situation würde eine dauerhaft hohe Produktion des Agenten dazu führen, dass der Arbeitgeber ihm mit zunehmender Sicherheit ein hohes Talent zuschreibt. Über die Entlohnung muss er dem Arbeitnehmer jedoch nur das Arbeitsleid kompensieren, das heißt er wird die guten Leistungen des Agenten zunehmend seinem Talent zuschreiben und entsprechend die Entlohnung durch eine Anhebung der geforderten Leistungsstandards senken. Unter diesen Bedingungen kann es aber für den Agenten insbesondere in frühen Perioden rational sein, auch bei leistungsabhängiger Entlohnung Leistung zurückzuhalten, um beim Arbeitgeber nicht zu optimistische Erwartungen über sein Talent zu wecken und so künftig steigende Anforderungsstandards und entsprechende Lohneinbußen zu vermeiden.

Ein Lösungsansatz besteht hier zunächst im Verzicht auf die Verwendung vergangenheitsbasierter Anforderungsstandards. So könnten etwa Leistungen anderer Arbeitnehmer mit ähnlichen Aufgaben als Alternative herangezogen werden (-> Relative Leistungsvergleiche, Turnierlohnmodelle). Auch werden in der Literatur Beispiele beschrieben, in denen sich Unternehmen explizit verpflichtet haben, einmal gesetzte Anforderungsstandards nicht mehr zu ändern. Allerdings sind solche Verpflichtungen häufig nicht einklagbar und selten glaubhaft, da ein Arbeitgeber ex post immer Anreiz hat, aus seiner Sicht zu niedrig angesetzte Standards anzuheben. Ickes und Samuelson (1987) diskutieren als weitere Gegenmaßnahme Job Rotation und häufige Versetzungen: Wenn vom Leistungsergebnis des Mitarbeiters in einem Aufgabenbereich nur schlecht auf sein Leistungspotenzial in einem anderen Aufgabenbereich geschlossen werden kann, besteht für ihn bei regelmäßigem Wechsel der Aufgabenbereiche kein Anreiz mehr zu ineffizienter Leistungszurückhaltung.