Betriebliche Weiterbildung

Alle vom Unternehmen veranlassten oder vom Vertrieb zumindest teilweise finanzierten Bildungsaktivitäten, die im Anschluss an eine berufliche Erstausbildung (-> Ausbildung) stattfinden.

Die betriebliche Weiterbildung ist das Kernfeld der Personalentwicklung. Hier tragt sie gemeinsam mit Maßnahmen zur Arbeitsfelderweiterung (-> Job Enlargement) und Ansätzen des Karrieremanagements (-> Betriebliche Karriereplanung) zur Entfaltung der Arbeitskraft und zur Erreichung betrieblicher Leistungsziele bei.

Dem Berichtssystem Weiterbildung des Instituts der deutschen Wirtschaft (2006) zufolge wendeten deutsche Unternehmen in 2004 rund 26,8 Milliarden für Weiterbildung auf, davon 9,1 Milliarden direkte und 17,6 Mrd. indirekte Kosten. Das entspricht 1.073 € pro Mitarbeiter im Jahr. Hinsichtlich der zeitlichen Struktur der Weiterbildung unterscheiden sich Klein- und Großunternehmen. Kleinunternehmen geben an, gut die Hälfte ihrer Weiterbildung direkt am Arbeitsplatz durchzuführen rund 15 % der Weiterbildung durch externe Veranstaltungen abzudecken und jeweils rund 10 % auf Informationsveranstaltungen, selbst gesteuertes Lernen sowie interne Lehrveranstaltungen zu verwenden. Demgegenüber wird betriebliche Weiterbildung in Großunternehmen zu gut 25 % durch interne Lehrveranstaltungen angeboten. Hinzu kommen 22 % externe Veranstaltungen. Der Institutionalisierungsgrad ist deutlich höher. Der Anteil des Lernens am Arbeitsplatz liegt hier dementsprechend nur noch bei gut einem Drittel.

Hervorzuheben ist, dass sich der positive Zusammenhang zwischen Weiterbildungsausgaben und Unternehmenserfolg auch auf metaanalytischer Basis als stabil erweist. Insgesamt ist der Zusammenhang zwischen Weiterbildungsausgaben und RoI beziehungsweise Unternehmensgewinn bei Großunternehmen stärker ausgeprägt als bei Kleinunternehmen (Gmür und Schwerdt 2004).

Die betriebliche Weiterbildung umfasst

  • die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs,
  • die Angebotskonzeption zur Deckung des Weiterbildungsbedarfs,
  • den Lerntransfer vom Lernfeld ins Funktionsfeld sowie
  • die Evaluation beziehungsweise Erfolgsermittlung.

Idealerweise sollten in der betrieblichen Praxis alle vier Phasen ausgewogen berücksichtigt werden.

Bei der Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs steht ein Soll-Ist-Vergleich zwischen den Qualifikationsanforderungen des Unternehmens und den Potenzialen der Mitarbeiter im Zentrum. Das Ziel ist es, die betrieblicherseits benötigten Qualifikationen in ausreichendem Umfang zum richtigen Zeitpunkt bereit zu stellen. Sowohl für die Anforderungsanalyse als auch für die Potenzialbewertung (-> Potenzialbeurteilung) stehen zahlreiche Erfassungsmethoden zur Verfügung. Eine ausführliche Beschreibung dazu ist bei Pawlowsky und Baumer (1996) zu finden. So bietet sich für die Bedarfsermittlung beispielsweise eine Befragung nach der Critical Incident Methode an. Während die Orientierung an kritischen Ereignissen vergangenheitsorientiert ist, erlauben andere Befragungsformen eine stärker zukunftsorientierte Bedarfsanalyse, unter anderem die Delphi-Befragung. Eine noch stärker gruppenorientierte Bedarfsermittlung kann durch die subjektive Tätigkeitsanalyse (STA) nach Ulich (2005) oder moderierte Gruppendiskussionen erreicht werden. Andere Wege der Bedarfsermittlung werden durch Arbeitsplatzbeobachtungen, Kennziffern- und Dokumentenanalysen beschritten.

Parallel zu den Anforderungen gilt es, die Potenziale der Mitarbeiter zu bewerten. Hierzu bieten sich die Durchführung von Assessments auch in Form von Assessment Centern, die Strategische Management Simulation nach Streufert (1990) zur Bewertung komplexer Handlungsstrategien oder die Kompetenzbiographie von Erpenbeck und Heyse (1999) (-> Kompetenzmessung) an.

Bei der Deckung des Weiterbildungsbedarfs geht es um eine Reihe von Entscheidungstatbeständen, die die Angebotskonzeption und -durchführung betreffen. Weiterbildungsmaßnahmen müssen inhaltlich-thematisch konzipiert werden. Ebenso sind Lernorte (Training On-the-job, Training Near-the-Job, Training Off-the-Job), Lernformen (Seminare, Workshops, Coachings, eLearning u.ä.) und Trainer (interne oder externe) festzulegen. Die Entscheidung sollte sich dabei im Einklang mit dem inhaltlich-thematischen Schwerpunkt befinden.

Bei der Lerntransfersicherung geht es darum, die durch eine Weiterbildungsmaßnahme erzielte Verhaltensänderung beziehungsweise den dadurch erzielten Wissenszuwachs für die Zeit nach Beendigung der Maßnahme und Rückkehr in das Arbeitsfeld mit seinen täglichen Routinen nachhaltig zu sichern. Fehlende Nachbereitung und betriebliche Barrieren bei der Erprobung neuen Wissens sind Hauptgründe für Probleme des Lerntransfers. Um diesen Problemen systematisch vorbeugen beziehungsweise entgegen wirken zu können, ist es entscheidend, dass Trainer sich an den Teilnehmererwartungen und -problemen orientieren, der Erprobung von Wissen breiten Raum geben und Ähnlichkeiten zwischen Lern- und Funktionsfeld erzeugt werden. Seitens der Unternehmen ist es wichtig, dass Handlungsbarrieren bei der Erprobung neuen Wissens durch entsprechende Fehlertoleranzen abgebaut werden, dass Weiterbildungsteilnehmer zur Diffusion des neu erworbenen Wissens intern als Trainer eingesetzt werden und dass durch Berichte und Nachbereitungsgespräche dem Gelernten entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt wird. Weiterbildungsteilnehmer können zur Lerntransfersicherung beitragen, indem sie Weiterbildungsziele definieren und überprüfen, Zeitpläne zur Umsetzung neuen Wissens erstellen, dabei Verträge mit sich selbst schließen sowie selbst gewählte Feedback-Partner heran ziehen, die sie in ihrem Lernprozess begleiten.

Bei der Erfolgsermittlung oder Weiterbildungsevaluation geht es darum, die Effektivität und Effizienz einer Weiterbildungsmaßnahme zu ermitteln und diese gegebenenfalls in Kennzahlensysteme zur Gesamtunternehmenssteuerung zu integrieren. Die Effektivität im Sinne des Anwendungserfolgs einer Maßnahme kann man bei operativen Tätigkeiten durch Tests oder Beurteilungen durch Führungskräfte ermitteln. Die Effizienz beziehungsweise der Investitionserfolg lässt sich in operativen Feldern zumindest ansatzweise an Kennziffern wie Output, Fehlerrate, Verkaufszahlen, Stillstandszeiten, Qualität, Fluktuation oder Absentismus festmachen, die in Relation zur Investitionssumme betrachtet werden. Sofern es gelingt, externe Einflussfaktoren auf die genannten Kennzahlen konstant zu halten, können Renditen für das in Weiterbildung investierte Kapital errechnet werden. Geht es um Führungsaufgaben, so lässt sich der Erfolg entsprechender Trainings weniger eindeutig bestimmen. Üblicherweise konzentriert man sich darauf, Beurteilungen von Trainern und Trainingsinhalten vorzunehmen. Die Tendenzen in der Evaluationspraxis gehen dahin, Zusammenhänge zur Gesamtunternehmensrechnung herzustellen, um den Erfolgsbeitrag, der durch betriebliche Weiterbildung erzielt werden kann, zu unterlegen. Ansatzpunkte dafür bieten beispielsweise Zusatzbilanzen, in denen Weiterbildungsaktivitäten zum Gesamtunternehmensergebnis nur schwer ermitteln lässt. Ferner ist auf Tendenzen in der Lernevaluation hinzuweisen, wonach den subjektiven Sichtweisen der Lernenden hohe Aufmerksamkeit zuteil wird. Implizites Lernen kann durch Ansätze der Kompetenzmessung berücksichtigt werden. Überdies sollte berücksichtigt werden, dass sich der Lernerfolg oftmals erst einige Zeit nach Beendigung einer Maßnahme zeigen kann, wenn eine entsprechende Erprobung im Funktionsfeld möglich war. Diese Form der zeitlich verzögerten Bewertung einer Weiterbildungsmaßnahme durch Back-up-Befragungen findet in der Praxis allerdings kaum Anwendung.

Insgesamt ist mit Blick auf die betriebliche Weiterbildung festzuhalten, dass sie eine wichtige Grundlage zur Aufrechterhaltung der organisationalen Wandlungsfähigkeit liefert, sich vom Grundgedanken allerdings nicht von einer reaktiven Anpassung der Arbeitskräfte an betriebliche Rahmenbedingungen befreit. Eine Ressourcensicht der Mitarbeiterpotenziale, von denen die Organisation lernt und über die sie sich weiterentwickelt, ist hier nicht eindeutig zu finden. Daher stellen Konzepte des Wissensmanagements und der Kompetenzentwicklung (-> Kompetenzmanagement) heute wichtige Ergänzungen und Weiterentwicklungen zu Ansätzen betrieblicher Weiterbildung dar.