Arbeitssucht

engl.: workaholism

Arbeitssucht beschreibt ein Arbeitsverhalten, auf das allgemeine Indikatoren nicht-stoffgebundener Süchte zutreffen (engl.: Workaholism).

Ein Workaholic lässt sich gemäß einer empirisch und theoretisch basierten (Schumacher 1986), vorläufigen Arbeitsdefinition primär durch folgende Merkmale kennzeichnen:

  • Das gesamte Denken und Handeln bezieht sich auf die Arbeit.
  • Die Person ist unfähig, Umfang und Dauer des Arbeitsverhaltens zu bestimmen.
  • Bei gewolltem oder erzwungenem Nicht-Arbeiten treten Entzugserscheinungen bis hin zu vegetativen Symptomen auf (Abstinenzunfähigkeit).
  • Es zeigt sich eine Erhöhung der Toleranz gegenüber der Arbeitsquantität, das heißt zur Erreichung angestrebter Gefühlslagen oder Bewusstseinszustände muss immer mehr gearbeitet werden.
  • Es treten psychosoziale und/oder psychoreaktive Störungen auf.
  • Darüber hinaus sind bei Workaholics häufig zwanghaft-perfektionistische Grundeinstellungen, extrem hohe Anforderungen und die Unfähigkeit, zwischen wichtigen und weniger wichtigen Arbeiten unterscheiden zu können, und die Unfähigkeit zur Delegation von Arbeiten vorzufinden.

Bei Arbeitssucht handelt es sich dann um eine psychische Störung, wenn die Gesundheit, das private Umfeld oder die Organisation durch das Arbeitsverhalten des Workaholics geschädigt wird. Die Grenzen sind hier allerdings fließend, da Arbeit und Leistung in unserer Gesellschaft extrem positiv bewertet werden.

Eine zentrale Erkenntnis der noch jungen Arbeitssuchtforschung ist, dass es vier Formen von Arbeitssucht gibt:

  1. Entscheidungsunsichere Arbeitssüchtige: Arbeiten immer mehr, weil es ihnen schwer fällt, Entscheidungen zu treffen und umzusetzen. Die Mehrarbeit soll die Entscheidungsunfähigkeit kompensieren.
  2. Überfordert-unflexible Arbeitssüchtige: Unterdrücken und kontrollieren durch Vielarbeit ihre Angst vor der Arbeit.
  3. Verbissene Arbeitssüchtige: Wollen ihre Überzeugungen und Absichten um jeden Preis durchsetzen und lehnen Delegation von Verantwortung oder Arbeiten an Andere ab.
  4. Überfordert-zwanghafte Arbeitssüchtige: Werden von einem ausgeprägten Perfektionismus getrieben. Dies führt dazu, dass sie nie mit der Arbeit fertig werden, weil immer noch etwas besser gemacht werden könnte.

Gründe für die Entstehung von Arbeitssucht können im ausgeprägten Drang nach Leistung, Erfolg und Karriere oder im Bemühen, durch engagiertes Arbeiten die eigene Arbeitsplatzsicherheit zu vergrößern, liegen. Als weitere Motive für Arbeitssucht werden Verdrängungen unangenehmer Gefühle, Situationen, Probleme oder Personen oder die Angst vor Passivität und vor den eigenen, als Bedrohung erlebten Ruhebedürfnissen (-> Motiv) diskutiert. Häufig werden Arbeitssüchtigen Selbstkonzeptdefizite zugeschrieben. Empirische Belege dafür sind allerdings kaum vorhanden. Es wird vermutet, dass Gefühle der Unterlegenheit und mangelnder Wertschätzung kompensiert werden sollen.

Arbeitssucht tritt wesentlich häufiger in Führungspositionen auf. Arbeiter mit festen Arbeitszeiten sind selten davon betroffen. Bei Arbeitssüchtigen, welche das letzte der vier Stadien (Einleitung, kritische Phase, chronische Phase und Endphase) erreicht haben kommt es zu einem deutlichen Leistungsknick. Diese gehen häufig schon Mitte 50 in Rente oder sterben früh (-> Karoshi-Syndrom).

Das Personalmanagement kann durch Aufklärung (häufig muss erst ein Bewusstsein für das Phänomen Arbeitssucht geschaffen werden) und spezifische Programme (Work-Life-Balance-Programme, Zeitmanagement, Coaching) dazu beitragen, die negativen Auswirkungen von arbeitssüchtigem Verhalten zu vermindern. Zu berücksichtigen ist aber, dass individuelle Maßnahmen ohne die Flankierung von strukturellen und kulturellen Veränderungen häufig zu kurz greifen.