Nichts ist erfolgreicher als die Wiederholung des Erfolges

Management Special: Herr Peters, als Trainer der A-Hockey-Nationalmannschaft haben Sie mit dem WM-Titel 2006 erstmalig eine deutsche Ballsportmannschaft zur Titelverteidigung geführt. Wie haben Sie es als Führungsperson geschafft, die Leistung Ihres Teams über einen solch langen Zeitraum kontinuierlich auf dem Niveau der Weltspitze zu halten?

Peters: Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg, heißt es. Meine Erfahrung ist eine andere: Nichts ist erfolgreicher als die Wiederholung des Erfolges. Für eine Führungsperson geht es zunächst darum, ein Team auf den Punkt hin in die Lage zu versetzen, Höchstleistung abzurufen. Eine wesentlich schwierigere Aufgabe ist es dann, die Leistung zu verstetigen, um den Erfolg zu wiederholen. Für mich stehen dabei vor allem drei Dinge im Vordergrund: Motivation, Planung und Veränderung.

Was die Motivation betrifft, so gilt: Wer als Führungsperson seine Mitarbeiter nur punktuell und nicht dauerhaft motiviert, wird niemals wiederholend Erfolg haben. Das hieß für mich als Trainer, die Spieler auch in den Zwischenphasen, in denen es vermeintlich um nichts ging, von der Sinnhaftigkeit ihres Tuns und von der Notwendigkeit des harten Trainings zu überzeugen – und ihnen so das Ziel, seinen Wert und seine Bedeutung vor Augen zu halten.

Dazu kommt die akribische Planung des Kaders, des Spielsystems und des Trainings. Nur wer einen präzisen Plan hat, ist in der Lage flexibel zu reagieren. Weit vor dem Leistungshöhepunkt muss jede Führungsperson bereits auf den entscheidenden Zeitraum vorbereitet sein. Dabei war mir wichtig, dass die Spieler das immer wussten. So konnte ich eine über ein großes Turnier hinaus reichende Spannung erhalten.

Das führt unmittelbar zum wichtigsten – und von vielen Leadern vernachlässigten – Faktor: Veränderung. Nur wer den Mut hat, ein erfolgreiches Team, aber auch sich selbst, die erfolgreichen Trainings- und Motivationsmethoden in Frage zu stellen, wird in der Lage sein, nach einem erfolgreichen Turnier wieder durchzustarten.

Management Special: Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang der Wettbewerbs- und Konkurrenzgedanke? Muss dieser immer präsent sein, um die gewünschte Leistung zu erreichen?

Peters: Jedes Team, jeder Spieler, jeder Mensch braucht Intervalle. Dauerhaft am Limit zu agieren ist unmöglich – und ungesund. Wichtig dabei ist, dass, wie man so schön sagt, nach Erfolgen die Karten neu gemischt werden. Jeder bekommt eine neue Chance. Auch hier gilt das Prinzip individueller Betrachtung. Nicht jeder Spieler braucht diesen Konkurrenzkampf auf die gleiche Weise. So gab es bei mir immer auch Spieler, denen ich schon relativ frühzeitig mitgeteilt habe, dass sie sicher dabei sind – weil ich wusste, sie brauchen Sicherheit, um Höchstleistungen abzurufen.

Management Special: Sie haben als Trainer das Team gemeinsam mit einem Stab aus Assistenz- und Techniktrainern geführt. Kann man diesen Ansatz auch auf die Managementebene von Wirtschaftsunternehmen übertragen?

Peters: Selbstverständlich. Die Vorgänge in Unternehmen sind in ihrer Komplexität denen im Spitzensport sehr ähnlich. Ein Manager ist ebenso wie ein Trainer in erster Linie Mittler, Vermittler zwischen Experten und dem Team. Er ist Vertrauensperson und Ansprechpartner – und natürlich der Entscheider. Ein guter Manager wird niemals den Anspruch haben, in allen Bereichen am meisten zu wissen. Idealerweise umgibt er sich mit Fachleuten, die in der Lage sind, ihn in die Lage zu versetzen, auf Grundlage ihres Fachwissens zu entscheiden. Eine starke Führungspersönlichkeit umgibt sich mit starken Fachleuten.

Management Special: Welche Kriterien spielen bei der Auswahl von Spielern eine Rolle? Welche Bedeutung haben neben der Qualifikation die Faktoren Charaktereigenschaft, kulturelle Unterschiede und Generationenmix?

Peters: Das beste Team ist nicht unbedingt die Summe der stärksten Einzelspieler. Vielmehr ergibt die Zusammenstellung der Spieler, die am besten zueinander passen, das aussichtsreichste Team. Leistung, körperliche Fitness, aber auch Charakterstärke sind entscheidend. Wichtig dabei ist die Vielschichtigkeit, der Mix: Nicht alle können Leader sein innerhalb eines Teams, nicht alle starke Techniker und Konditionswunder. Ohne erfahrene Spieler werden Sie nie erfolgreich sein. Allein mit erfahrenen Spielern allerdings auch nicht.

Management Special: Welche Charaktere sind demnach Ihrer Meinung nach für ein Team unverzichtbar und warum?

Peters: In zentralen Positionen, also der zentralen Achse, braucht eine Mannschaft Spieler mit Führungsmotiven. Sie braucht daneben aber auch Zulieferer mit eher „dienenden“ Charaktereigenschaften, absolute Kämpfer mit bissiger Leidenschaft und den genialen Künstler, der eine besondere Wahrnehmung für den „tödlichen“ Pass oder das unmögliche Tor hat. Wenn sie den Künstler oder Exoten nicht dabei haben, werden sie immer Zweiter aber nie Erster.

Management Special: Wie groß ist der Einfluss der Führungsperson, aus verschiedenen Charakteren ein funktionierendes Team zu formen?

Peters: Man kann diesen Einfluss gar nicht überbewerten. Und es geht, wie fast immer, wieder um Kommunikation. Darum, innerhalb eines Teams transparent und trotzdem individuell zu kommunizieren. Es geht darum, Feedback einzuholen, von Co-Trainern, Spielern und anderen Beratern, aber gleichzeitig deutlich zu machen, dass letztlich ich es bin, der entscheidet. Es bedarf einer klaren Identität, einer verlässlichen Zielsetzung, bei gleichzeitig flexibler Planung. Und es bedarf nicht zuletzt hoher Emotionalität bei gleichzeitig im Bedarfsfall strikter Disziplin.

Management Special: Wie motivieren Sie Ihr Team, am Teambuildingprozess aktiv teilzunehmen? Wie wichtig ist dabei das Engagement der Spieler? Sehen Sie hier Parallelen zu Wirtschaftsunternehmen?

Peters: Regelmäßige Feedbackgespräche gehören dazu, ebenso wie Teambuildingmaßnahmen und Zielvereinbarungen, die mit jedem Spieler abgeschlossen und von diesem dann auch unterschrieben wurden. Diese Methoden sind ohne Weiteres auf Wirtschaftsunternehmen übertragbar. Dabei gilt vor allem eines: Kommunikation sollte niemals nur zielorientiert stattfinden. Wer nur dann Interesse an Mitarbeitern zeigt, wenn er ihre Leistung abrufen will, wird niemals eine dauerhaft vertrauensvolle Beziehung schaffen. Dauerhaftes Interesse hingegen wird mit dauerhafter Leistung belohnt werden.

Management Special: Sie haben als Trainer viel Wert darauf gelegt, dass Ihre Spieler sich auch in ausreichendem Maße mit anderen Dingen als dem Hockey beschäftigen, ihr Privatleben und die berufliche Karriere nicht vernachlässigen. Warum war Ihnen dies so wichtig?

Peters: Viele Eigenschaften bei Menschen, die im Leistungssport oder auch in der freien Wirtschaft die Basis für Erfolg sind, betreffen die Persönlichkeit. Nur wer mit beiden Beinen im Leben steht, wird auch im Beruf seinen Mann stehen. Geistige Flexibilität, die Beschäftigung mit Themen jenseits des Sports führt, das habe ich oft erfahren, zu geistiger Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit auf dem Platz. Werte wie Solidarität oder Disziplin werden vom Leben auf das Spielfeld und wieder zurück übertragen. Auch für im Leistungssport alltägliche Drucksituationen ist es wichtig, dass es jenseits des Sports Bereiche gibt, die emotional stabilisieren oder auch als Ventil dienen können.

Management Special: Viele Unternehmen setzen zur Leistungssteigerung ihrer Mitarbeiter vor allem auf Anreize, die monetär bzw. auf die Karriere ausgerichtet sind. Unterschätzen diese Unternehmen die Bedeutung nicht-monetärer Anreize, wie beispielsweise Fortbildungen, flexible Arbeitszeiten oder die Arbeitsatmosphäre?

Peters: Ich glaube, die Bedeutung einer guten Beziehungsebene in einem Team der Wirtschaft wird zulasten von Sachanreizen noch immer unterschätzt. Es geht auch hier darum, die Mitglieder dieser Teams an der Verantwortung für das Ergebnis mehr zu beteiligen, um noch mehr Identifikation zu schaffen.

Management Special: Wie muss demnach ein Anreizsystem gestaltet sein, um eine größtmögliche Resonanz bei der Zielgruppe zu erreichen?

Peters: Vor allem individuell und transparent. Wer die Bedürfnisse der einzelnen Teammitglieder zulasten der Gruppe vernachlässigt, wird rasch Probleme bekommen. Der Aufwand individueller Anreizsysteme ist beträchtlich, ihr Ertrag jedoch nicht minder.

Management Special: Was unterscheidet Ihrer Meinung nach am deutlichsten eine Führungskraft eines Unternehmens von einer Führungskraft eines Sportkaders?

Peters: So viele Unterschiede gibt es da nicht. Im Gegensatz zu den Unternehmenszielen, die ja auch lang- und mittelfristig ausgerichtet sein sollen, muss der Trainer einer Sportmannschaft sich und seine Methoden meist – auch – kurzfristig messen lassen. Dies ist jedoch auch ein Vorteil, gibt es doch Gelegenheit, die Ziele und Pläne anhand dieser Erkenntnisse zu modifizieren. Außerdem ist der Grad an Unberechenbarkeit jedenfalls bei Ballsportarten ungleich höher, als – hoffentlich – im Wettbewerb zwischen Unternehmen. Was die Führung betrifft allerdings, so sind nach meiner festen Überzeugung die Grundprinzipien von Kommunikation, Motivation, Analyse und Entscheidungsfindung eins zu eins übertragbar.

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Management Special: Wer wird Fußballweltmeister und warum?

Peters: Ich glaube, dass Bundestrainer Löw eine sehr gute Mischung von Spielertypen in einer klugen Hierarchie zusammengestellt hat. Es gibt jetzt viele leidenschaftliche junge Spieler! Die Mannschaft hat klar die Möglichkeit sich innerhalb des Turniers durch eine positive Gruppendynamik von Spielrunde zu Spielrunde zu steigern. Also traue ich ihr alles zu.