Marktforschungsprojekt: „Unternehmerisches Denken und Handeln“

Executive Summary

Nach der Auswertung der Ergebnisse ist zunächst festzuhalten, dass es schwer bleibt, allgemeine Trends wie die rückläufige Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland unmittelbar an mangelndem unternehmerischen Denken und Handeln fest zu machen. Hierfür lieferte die Befragung ein zu differenziertes Bild. Jedoch ermöglichen die Ergebnisse es, den Stellenwert und die Umsetzung der Thematik gezielt auf verschiedenen Ebenen zu betrachten und daraus Rückschlüsse für konkrete Verbesserungsmöglichkeiten zu ziehen.

1. Stellenwert der Thematik

In Hinblick auf den Stellenwert unternehmerischen Denkens und Handelns in Deutschland allgemein lässt sich feststellen, dass bei den Befragten eine tendenziell positive Einschätzung vorherrscht, wurde er doch von immerhin 42% als hoch bis sehr hoch eingeschätzt und lediglich 15% der Befragten bezeichneten ihn als gering.

Nach weiteren Beobachtungen sehen über 50 % der Befragten, bei denen es sich großteils um Mitarbeiter kleiner und mittelständischer Unternehmen handelt, den Stellenwert unternehmerischen Denkens und Handelns im eigenen Unternehmen höher als in Deutschland allgemein. Besonders Angestellte von Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern gaben hier durchschnittlich eine deutlich positivere Einschätzung ab als ihre Kollegen aus größeren Unternehmen. Dies lässt folgenden Schluss zu: In Großbetrieben, die die allgemeine Wahrnehmung in Deutschland maßgeblich prägen, ist der Stellenwert unternehmerischen Denkens und Handelns tendenziell niedriger, was aus rein strukturellen und organisatorischen Gründen in gewissem Maße logisch ist. Trotzdem offenbart dies natürlich Potenzial für die verstärkte Förderung der Thematik.

Den zukünftigen Stellenwert im eigenen Unternehmen schätzte eine deutliche Mehrheit der Befragten als „zunehmend“ ein, auffälligerweise besonders diejenigen, die ihn bereits gegenwärtig als hoch bis sehr hoch beurteilten. Häufig ist also ein durchaus nachhaltiges Bewusstsein der Wichtigkeit der Thematik festzustellen.

2. Verankerung in den Unternehmen

Entsprechend der tendenziell positiven Einschätzung des Stellenwerts im eigenen Betrieb gaben fast alle Befragten an, unternehmerisches Denken und Handeln sei in ihrem Unternehmen in irgendeiner Form verankert. Besonders häufig ist dies in den Unternehmenszielen (65%) und den Leitsätzen (57%) der Fall. Auch Führungsleitlinien (41%), Beurteilungssysteme (43%) und Weiterbildungsmaßnahmen (47%) wurden häufig als Ansatzpunkte genannt, jedoch mit deutlichem Abstand zu den erst genannten.

Dies verdeutlicht, dass die Verankerung unternehmerischen Denkens und Handelns in der Vision und Mission eines Unternehmens nicht zwangsläufig auch mit der Umsetzung auf der praktischen Ebene einher geht.

Wie die Aussagen einiger Befragten zeigen gibt es jedoch gerade hier vielfältige Möglichkeiten, unternehmerisches Denken und Handeln zu fördern und für den Mitarbeiter greifbarer zu machen. So wird dieses in einigen Betrieben beispielsweise als eigene Komponente im Beurteilungssystem gezielt betrachtet und bewertet und ist Bestandteil regelmäßiger Mitarbeitergespräche. Finanzielle Anreize wie variable Vergütungsteile stellen ebenso eine weitere Möglichkeit dar wie betriebswirtschaftliche Kurse für fachfremde Mitarbeiter, die diese gezielt in die Lage versetzen, entsprechende Zusammenhänge zu verstehen und über den persönlichen Vorteil hinaus den Blick auf den Erfolg des gesamten Unternehmens zu richten.

3. Rolle der Führungskräfte

Ein weiterer Aspekt von enormer Wichtigkeit für die tatsächliche Umsetzung des in der eher abstrakten Form von Unternehmenszielen und Leitsätzen geforderten unternehmerischen Denkens und Handelns ist die Vorbildfunktion der ührungskräfte.

Die enorme Streuung der Ergebnisse mit einer Standardabweichung von 31,23 bei der Frage, wie hoch sie den Anteil unternehmerischer Führungskräfte in ihren Unternehmen einschätzten, macht deutlich, dass die Wahrnehmungen der Befragten hier extrem auseinander gehen. Auch wenn hier die Subjektivität der jeweiligen Einschätzungen relativierend angeführt werden muss, macht der Mittelwert der Angaben von 51% doch deutlich, dass eine Führungsposition laut den Befragten noch lange nicht mit unternehmerischen Eigenschaften einher gehen muss.

Und gerade wie die Mitarbeiter ihre Vorgesetzten subjektiv wahrnehmen ist von großer Wichtigkeit. Haben sie den Eindruck, die Führungskraft denkt und handelt tatsächlich unternehmerisch, so kann man davon ausgehen dass dies motivierend wirkt und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie sich selbst entsprechend verhalten. Sich dessen bewusst zu sein ergibt sich daher aus den Ergebnissen als konkrete Empfehlung an Führungskräfte.

Es bleibt jedoch auch festzuhalten, dass die Möglichkeiten für Mitarbeiter und Führungskräfte, unternehmerisch zu denken und zu handeln stark davon abhängen, wie hoch die Fehlertoleranz in ihren Unternehmen ist. Da mehr als die Hälfte der Befragten diese in ihren Unternehmen als mittelmäßig bis sehr gering einschätzen und viele dies gleichzeitig in Kommentaren als Missstand bezeichneten wird deutlich, dass hierin ein großer Widerspruch zur Forderung nach mehr unternehmerischem Denken und Handeln liegt. Auch dies stellt also einen wichtigen, konkreten Ansatzpunkt für entsprechende Verbesserungen dar.

Die Tatsache, dass über 50% der Befragten den Vorstand bzw. den Vorstandsvorsitzenden / Geschäftsführer als hauptsächlichen personellen Treiber der Thematik angeben unterstreicht wiederum, wie wichtig unternehmerisches Denken und Handeln der Führungskräfte für die Umsetzung im gesamten Betrieb ist. Deren Vorbildfunktion, die in dieser Hinsicht offenbar besonders stark positiv oder negativ auf die Angestellten wirkt, muss also nochmals betont werden.

4. Rolle der Personalabteilungen

Aus den Ergebnissen der Fragen, die sich mit Charakteristika unternehmerisch denkender und handelnder Mitarbeiter bzw. Führungskräfte auseinander setzen, lassen sich einige Rückschlüsse für die Umsetzung und Förderung besonders seitens der Personalabteilungen ziehen.

Als wesentliche unternehmerische Eigenschaften von Führungskräften nannten die Befragten hier Erfolgs- und Zielorientierung (100 Nennungen), gute Führungsqualitäten (80), sowie betriebswirtschaftliches Wissen, Risikobereitschaft, richtige Einschätzung von Risiken, Nachhaltigkeit und Weitsicht (je 55). Diese könnten bei der Rekrutierung sowie beim Aufbau und der Weiterbildung von Führungskräften entsprechend als maßgebliche Kriterien verwendet werden, um unternehmerisches Denken und Handeln zu fördern.

Auch bei der Bewertung vorgegebener Eigenschaften ergibt sich ein ähnliches Bild: Verantwortungsübernahme, Mut zur Umsetzung, Eigeninitiative, Handlungsbereitschaft und das Erkennen von Möglichkeiten sind nach der Einschätzung der Befragten von besonderer Wichtigkeit.

Umgekehrt wurden Angst vor Entscheidungen (122), Mangel an Verantwortungsbewusstsein bzw. Egoismus (108), Selbstüberschätzung (44) und fehlende visionäre Denkweise (31) als hemmende Eigenschaften identifiziert. Auch deren negative Wirkungen sollten also schon beim Recruiting, aber auch bei Beurteilungen entsprechend berücksichtigt werden.

Bezüglich der Einstellung der Personalabteilungen zur Thematik wurde festgestellt, dass mit 85% der Befragten ein sehr großer Anteil der Personalfachkräfte bei der Neueinstellung von Führungskräften hohen bis sehr hohen Wert auf unternehmerisches Denken und Handeln zu legt. Dies lässt darauf schließen, dass hier die Bereitschaft zur konkreten Umsetzung durchaus vorhanden und ausgeprägt ist. Folglich müssen die entsprechenden Eigenschaften bei potenziellen Mitarbeitern bereits im Bewerbungsprozess eingeschätzt und überprüft werden.

Die Tatsache, dass 77 % der Befragten dies an der Persönlichkeit des Bewerbers oder Fragen im persönlichen Interview festmachen und Bewerbungsunterlagen und Aufgaben im Assessment Center vergleichsweise selten als Ansatzpunkte genannt wurden, zeigt, wie stark der Aspekt „Persönlichkeit“ hierbei im Mittelpunkt steht und dass es offenbar schwierig ist, unternehmerische Eigenschaften mittels standardisierter Verfahren, Aufgaben und Kriterien zu messen und einzuschätzen.

5. Förderungsmaßnahmen und deren Nutzen

Entsprechend der Einstellung der Personalfachkräfte ist die Förderung unternehmerischen Denkens und Handelns insgesamt betrachtet bereits gut verankert, geben doch 75 % der Befragten an, in ihrem Unternehmen finde solche Förderung grundsätzlich statt.

Bei der Beurteilung der Wirksamkeit entsprechender Maßnahmen fällt auf, dass diese insgesamt klar positiv ausfällt, was also grundsätzlich für deren Berechtigung und Sinn spricht. Workshops (Einsatz in 29% der befragten Unternehmen), Förderungsprogramme (22%) und Kreativtechniken (19%) wurden hier als jeweils ähnlich wirksam eingeschätzt, nur Incentives (16%) werden als etwas uneffektiver angesehen. Man kann also davon ausgehen, dass die Vorzüge des Einsatzes einer bestimmten Maßnahme jeweils unternehmensspezifisch beurteilt werden müssen.

Hier sind natürlich auch weitere genannte Maßnahmen wie Trainings / Seminare, „Management by Objectives“, die gezielte Übertragung von Verantwortung und aufgabenübergreifende Projekte als Anregungen zu sehen, da sie je nach Unternehmen teilweise sogar als besonders wirksam eingeschätzt wurden.

Das vergleichsweiße hohe Maß an Zeitaufwand von durchschnittlich 10 Manntagen pro Jahr und Mitarbeiter, das laut der Befragten für diese Maßnahmen betrieben wird ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Förderung unternehmerischen Denkens und Handelns in vielen Unternehmen durchaus ernsthaft betrieben wird.

Aus der hohen Zustimmung für Fördermaßnahmen ergibt sich zwangsläufig die Frage nach dem konkreten Nutzen der entsprechenden Investitionen. Dass grundsätzlich überhaupt ein Nutzen geschaffen wird sehen fast alle (96%) Befragten als gegeben an. Als schwierig empfinden es viele jedoch, diesen genau zu definieren bzw. zu messen.

Diejenigen Befragten, die in ihren Unternehmen konkrete Verbesserungen aufgrund der Investitionen in die Förderung unternehmerischen Denkens und Handelns ausmachen können, nannten am häufigsten die Identifikation mit dem Unternehmen (52%) als Ansatzpunkt. Mit jeweils ähnlicher Häufigkeit (43-45%) wurde auch die Wirkung auf Arbeitseffizienz, Arbeitsklima, Innovationen und Umsatz positiv eingeschätzt.

Es bleibt jedoch festzuhalten, dass der direkte Nutzen, den die Förderung unternehmerischen Denkens und Handelns generiert, nach Meinung der Mehrheit der Befragten schwer greifbar bleibt. Trotz der allgemein positiven Einstellung gegenüber Fördermaßnahmen liefert dies also eine mögliche Erklärung dafür, der Wille zur Umsetzung der Thematik in vielen Unternehmen zwar vorhanden ist, entsprechende Bemühungen jedoch noch zu wenig konkret sind.