Klärungshilfe. Eine Methode zur Konfliktlösung und Teamentwicklung

Klarheit ist der erste Schritt zur erfolgreichen Zusammenarbeit in Teams.
Klarheit über Aufgaben und gemeinsame Ziele, über Arbeitsabläufe, über Sinn und Zweck von Umstrukturierungsmaßnahmen, über Rollenverteilungen und Führungsverantwortlichkeiten.

Unklarheit in diesen Punkten kann sich in Verständigungsdefiziten, Motivationsschwäche, Missstimmungen und im schlimmsten Fall in Konflikten äußern. Um solchen Situationen vorzubeugen - und damit Reibungsverluste zu vermeiden - und die Arbeitsfähigkeit von Teams zu gewährleisten, ist Klärungshilfe eine bewährte Methode.

Klärungshilfe ist ein besonders effektives Mittel der mediativen Konfliktlösung. Zugleich handelt es sich dabei um eine Moderationsmethode, die zur konstruktiven und nachhaltigen Begleitung und Unterstützung von unterschiedlichsten Teamveränderungs- und Teamfindungsprozessen geeignet ist.

Erst Kommunikationsfähigkeit fördern - dann Maßnahmen planen

Ganz gleich, ob Klärungshilfe zur Konfliktlösung oder zur Teamentwicklung eingesetzt wird: Sie zielt im besten Fall auf eine Verständigung durch vorangehende Klärung.

Eingerahmt von einer Anfangs- und einer Abschlussphase gliedert sich der gesamte Klärungsprozess in drei wesentliche Phasen: In der Selbstklärungsphase konzentriert sich der versierte Klärungshelfer zunächst auf die Sammlung, Analyse und Priorisierung von Kommunikations-, Kooperations-, Führungs- und - gegebenenfalls - von potenziellen oder tatsächlich vorhandenen Konfliktthemen.

In der nachfolgenden Dialogphase, die den Kern der Klärung darstellt, ist es die Aufgabe des Klärungshelfers, ein konstruktives Gespräch der einzelnen Teammitglieder über die gesammelten Themen in Gang zu setzen und zu moderieren. Dabei besteht die Kunst der Dialogführung darin, auch bei unterschiedlichen Interessenlagen für Transparenz und Fairness zu sorgen und dadurch die Kommunikationsfähigkeit und Verständigungskompetenz im Team zu fördern.

Sind alle wesentlichen Themen besprochen und geklärt, kann das Team in einer anschließenden Lösungs- und Planungsphase gemeinsam Maßnahmen für die weitergehende Zusammenarbeit definieren, die - in der Regel - vom Klärungshelfer visualisiert und festgehalten werden.

Themenfokus und Gesprächstiefe machen den Unterschied

Während die zugrundeliegende Struktur des Klärungshilfeprozesses bei Teamentwicklung und Konfliktlösung dieselbe sein kann, zeigen sich wesentliche Unterschiede in der Auswahl der Themen und in der Intensität, die der Klärungshelfer im Dialog - gemäß Absprache mit dem Auftraggeber - zulässt.

Bei einer Konfliktklärung haben im Gegensatz zu einer Teamentwicklung alle zwischenmenschlichen und persönlichen Themen Vorrang gegenüber Gruppen- und Sachthemen. Schließlich geht es darum, in dem vom Klärungshelfer geschützten Rahmen genau das unter die Lupe zu nehmen, was sich „im nicht sichtbaren Teil des Eisbergs verbirgt“ und in Team- und Projektbesprechungen meist nicht zur Sprache kommt: Schwieriges, Unangenehmes, Vorannahmen, heimliche Vorwürfe und womöglich tief liegende Konflikte, die latent den Betriebsfrieden stören und somit die Zusammenarbeit beeinträchtigen.

Das zu verstehen, was bis anhin nicht besprechbar war, und das zu klären, was die Teammitglieder gegenwärtig voneinander trennt und einer produktiven und effizienten Zusammenarbeit im Wege steht, das ist das Hauptanliegen der Klärungshilfe im Konfliktlösungsprozess. Gelingt eine solche Klärung, lösen sich erfahrungsgemäß bereits viele Kooperationsblockaden, so dass sich die Teammitglieder wieder in der Lage sehen, in Begleitung des Klärungshelfers gemeinsame Maßnahmen für ihre Zusammenarbeit in anstehenden Projekten zu beschließen.

Bei einer Teamentwicklung liegt der Fokus auf den Gruppen- und Sachthemen. Dies liegt nahe, geht es doch in den meisten Teamentwicklungsaufträgen darum, Ziele und Rollen zu klären - auch dann, wenn eine Krise der Anlass dafür sein sollte, dass vom Auftraggeber eine Prozessbegleitung angefordert wird. Das Hauptaugenmerk des Klärungshelfers liegt hier auf den gegenwärtigen Ressourcen und darauf, wie diese im Hinblick auf die Realisierung von gemeinsam zu treffenden oder bereits festgelegten Zielen nutzbar gemacht werden können. Klärungshilfe zielt hier weniger auf das Lösen von zwischenmenschlichen Blockaden als auf die Freisetzung persönlicher und fachlicher Kompetenzen sowie deren optimalen Einsatz.

Klärungshilfe erlaubt daher in der Teamentwicklung eine viel freiere Kombination mit anderen Methoden, mit Rollenspielen, Partner- und Gruppen-Übungen, erforderlichenfalls auch Outdoor-Elementen, sofern sie der angestrebten Ziel- und Rollenklärung dienlich sind. Hier sind der Kreativität des Klärungshelfers kaum Grenzen gesetzt, um auf spielerische Art im wahrsten Sinne des Wortes - bzw. im Sinne des Auftrags - zum Ziel zu kommen.

Zielsetzung des Auftrags sauber klären

Welchen Charakter die Klärungshilfe in der konkreten Umsetzung annimmt, hängt von der Zielsetzung des Auftraggebers ab. Dem Auftragsklärungsgespräch kommt daher für die Gestaltung des Prozesses und dafür, welchen Fokus und wie viel Tiefgang der Klärungshelfer im Klärungsprozess zulässt, eine entscheidende Bedeutung zu.

Was ist das Ziel? Geht es um Sachthemen oder um Konflikte? Was soll nachher anders sein als vor der Maßnahme? Was darf auf keinen Fall passieren und worüber darf auf keinen Fall gesprochen werden? Die Antworten des Auftraggebers auf diese Fragen stellen für den Klärungshelfer wichtige Entscheidungskriterien dar, um die Klärung im Sinne einer Krisenintervention oder einer Teamentwicklung voneinander abzugrenzen.

Strukturelle Veränderungen innerhalb einer Organisation und Personalwechsel sind typische Anlässe für eine Teamentwicklung, während Unstimmigkeiten zwischen einzelnen Personen im Team oder über Hierarchiegrenzen hinweg eher darauf hindeuten, dass eine Konfliktklärung angesagt ist. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass erst während einer Teamentwicklungsmaßnahme zwischenmenschlicher Klärungsbedarf für alle Beteiligten offensichtlich wird. Die Klärungshilfe hat in diesem Fall gegenüber anderen Teamentwicklungsmaßnahmen den methodischen Vorteil, dass sie eine Prozessstruktur bereitstellt, die einen fließenden Übergang zwischen Teamentwicklung und Konfliktklärung erlaubt. Dies erfordert allerdings eine klare Absprache mit dem Auftraggeber darüber, wie zwischenmenschliche, persönliche, Gruppen- und Sachthemen gewichtet sein sollen und wie viel Tiefgang in der Dialogphase tolerabel erscheint.

Für den Einsatz der Klärungshilfe in Konfliktsituationen und das Besprechen konflikthafter Situationen im Rahmen einer Teamentwicklung ist die Bereitschaft des Auftraggebers erforderlich, sich und die Mitglieder seines Teams bei Bedarf auch persönlichen Defiziten oder schwierigen Gefühlen zu stellen. Deren Grenzen im Vorfeld der Maßnahme abzuklären und auszuloten obliegt wiederum der Verantwortung des Klärungshelfers.

Nachhaltigkeit sichern

Da es sich sowohl bei der Konfliktlösung als auch bei der Teamentwicklung um Prozesse handelt, die auf eine nachhaltige Wirkung angelegt sind, ist ein Nachsorgegespräch im Abstand von ca. 6 Wochen ein fester Bestandteil des Klärungshilfeprozesses. Dabei geht es hauptsächlich darum, den Prozess in seiner Weiterentwicklung konstruktiv zu unterstützen und den Auftraggeber bei auftretenden Fragen zu beraten.

Ob als Konfliktlösungs- oder Teamentwicklungsmaßnahme - Klärungshilfe kommt in den unterschiedlichsten Branchen der Wirtschaft und in vielen verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zur Anwendung. Sie wird branchenübergreifend und interkulturell eingesetzt bei Konflikten in Krankenhäusern und in der Pharmaindustrie ebenso wie in der Automobil- und Finanzwirtschaft, in Schulen und Verwaltungen - in Teams mit drei und in Abteilungen mit bis zu hundert Personen. Überall dort, wo Menschen miteinander schaffen und sich gegenseitig zu schaffen machen, ist Klärungshilfe eine bewährte Methode, um die Kommunikation, Kooperation sowie die Team- und Konfliktfähigkeit zu fördern.

Weiterführende Literatur: Thomann, Christoph, Klärungshilfe 2 (2008): Konflikte im Beruf, Methoden und Modelle klärender Gespräche, Reinbek, Rowohlt.