Gamification in HRM – Use Cases

Ist Gamification das nächste ‘grosse Ding’ im Human Resources Management oder lediglich ein weiteres wohlklingendes Buzzword? Kann der spielerische Ansatz einen echten Mehrwert liefern, oder handelt es sich dabei um überflüssigen Schnickschnack? Liefert Gamification gar ganz neue Möglichkeiten der Interaktion mit den Mitarbeitern? Das sind nur einige wenige Fragen, die es in unserer Serie “Gamification im HRM” zu klären gilt.

Im ersten Teil unserer Serie ‘Gamification im HRM’ haben wir bereits die grundlegende Funktionsweise des Gamification-Ansatzes erläutert. Mit diesem Artikel gehen wir in die Praxis und schauen uns konkrete Use-cases an. Wo kann die Idee der Gamification im HRM ansetzen?

Schon in jungen Jahren kam ich mit Gamification im Human Resources Management in Kontakt – lange bevor ich jemals etwas von HR, Recruiting und Employer Branding gehört hatte. Als Kind nämlich stiess ich in den Weiten des Internets einmal auf den ‘Dachser Global Player’. Ein simples wie geniales Minispiel à la Tetris oder Pong, welches gleichzeitig einen zugegebenermassen hohen Sucht-Faktor aufweist und dabei das Themenfeld Employer Branding spielerisch angeht. Und das funktioniert so: Im Spiel geht es darum, per Mausklick viele einzelne Pakete über verschiedene Transportwege an ein festgelegtes Ziel zu befördern. Dabei werden für jedes zielgenau abgelieferte Paket Punkte vergeben. Gelangt ein Paket an den falschen Zielort, hagelt es Minuspunkte.

Spielspass & Employer Branding at its best.

Damals erschien mir das Ganze als willkommener Zeitvertreib, heute erkenne ich die eigentliche Marketingmassnahme. Im Grunde handelt es sich dabei nämlich um einen genialen Schachzug zur Stärkung der Arbeitgebermarke. Der Spieler lernt das Berufsfeld ‘Logistik’ spielerisch kennen und erfährt dabei selbst schon einige Facetten des Transportwesens wie Pünktlichkeit und Genauigkeit. Darüber hinaus schlägt sich das ‘Dachser’-Branding nicht nur im Namen nieder, sondern auch an vielen anderen Stellen im Spiel. Wie im Screenshot oben zu erkennen, wurde das Markenlogo vielerorts prominent platziert.

You’re in the Army now.

Auf einem ganz anderen Level, aber im Grunde nach demselben Prinzip, setzt die US-Armee Gamification ein. Mit dem Spiel ‘America’s Army’ wirbt das US-Heer seit 2002 offensiv um neue Rekruten. Auf einem ganz anderen Level deshalb, weil die Umsetzung im Vergleich zum Dachser Mini-Game wesentlich komplexer ausfällt. Grafik, Spielmechanik etc. können durchaus mit Branchengrössen wie ‘Call of Duty’ und ‘Battlefield’ mithalten. Der Realismusgrad wird stellenweise sogar überschritten, einige Features des Spiels werden jedoch von Kritikern als geschönte Darstellung des Kriegsgeschehens empfunden. Über konkrete Erfolgszahlen schweigt sich die Army aus. Bei einem veranschlagten Budget von über 30 Millionen Dollar für den aktuellen Teil der Spieleserie scheinen die Recruiter über den Erfolg aber zumindest nicht unerfreut.

Schlagkräftige Argumente für den Gamification-Ansatz kann auch der französische Postdienstleister Formaposte mit seinem Spiel ‘Facteur Academy’ liefern. Mit einem für Stellensuchende konzipierten Online-Spiel, das den Berufsalltag eines Postlers darstellen soll, konnte die Kündigungsrate innerhalb der Probezeit um 17%-Punkte auf 8% gesenkt werden! Vorher hatte das Unternehmen mit einer sehr hohen Absprungrate von 25% innerhalb der Probezeit zu kämpfen. Diese soll vor allem durch Motivations- und Verhaltensprobleme begründet gewesen sein. Mit Hilfe des Spiels konnten wohl unmotivierte Kandidaten abgeschreckt und geeignete angezogen werden.

Gesundheitsmanagement und Gamification.

Doch Gamification kann auch fernab von Recruiting und Employer Branding das HR stärken. Ein bekanntes Beispiel für Gamification im Gesundheitsmanagement liefert die Versicherung Blue Shield aus den USA. Vor einigen Jahren schon implementierte das Unternehmen den sogenannten ‘shape up shield’-Wettbewerb im Unternehmen. Der Name ist hierbei Programm – der social-media-gesteuerte Contest sollte zur Stärkung der körperlichen Verfassung der eigenen Mitarbeiter beitragen. Tatsächlich konnten 80% über einen spielerischen Ansatz zum Fitness-Kurs bewegt und dabei beeindruckende Ergebnisse erzielt werden. Im Zeitraum der ‘shape up’-Challenge soll die Raucherquote um 50% gefallen sein. Fälle von Bluthochdruck gingen sogar um über zwei Drittel zurück.

Besonders motivierend soll dabei der integrierte Social-Media-Aspekt im Spiel gewesen sein. So war es möglich, sich mit anderen Mitarbeitern intern auf Leaderboards zu messen und seine Erfolge mit Gruppen zu teilen. Dass die Umsetzung eines solchen Wettbewerbs auch hierzulande genauso viel Anklang findet, darf angesichts der Datenschutzbedenken im DACH-Raum und stärkerer Bedeutung des Arbeitnehmerschutzes und Persönlichkeitsrechtes zumindest bezweifelt werden.

Spielen ist nicht billig, aber preiswert.

Weiteres Manko aller vorgestellten Use-Cases: Kosten! Spieleentwicklung verschlingt, vor allem bei individuell auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittenen Lösungen, eine grosse Menge an Ressourcen. Aufwändige Spieleproduktionen oder ausufernde Challenges „gehen schnell ins Geld“ und verlangen auch nach Zusatzkosten (Verwaltung, Administration und Massnahmen zur Verbreitung und Steigerung der Akzeptanz im Unternehmen). Glücklicherweise stehen mittlerweile einige SaaS-(Software-as-a-Service)-Anbieter bereit, \die Zugangsbeschränkungen für Gamification in puncto Kosten zu senken. Doch dazu mehr in einem weiteren Teil der jacando.blog-Serie ‘Gamification im HRM’.